Bei der Hallen-DM haben fünf Athleten erstmals in ihrer Karriere einen nationalen Titel bei den Aktiven gewonnen. Für einen war es gleichzeitig das erste Rennen im Trikot eines deutschen Vereins überhaupt, die anderen haben dieses Ziel dagegen nach Umwegen erreicht. Wir erzählen die Geschichten der neuen Meister, heute die von Mittelstrecklerin Katharina Trost.
<link https: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail katharina-trost>Katharina Trost
LG Stadtwerke München
Bestleistungen:
800 Meter: 2:02,65 min (2018)
1.500 Meter: 4:10,71 min
Erfolge:
Fünfte U20-EM 2013
Deutsche Hallenmeisterin 2019
Es war die knappste Entscheidung des DM-Wochenendes in Leipzig und die knappste in der Karriere von Katharina Trost. Um nur eine Tausendstel wurde die Münchnerin im 800-Meter-Finale vor ihre Trainingspartnerin und Titelverteidigerin Christina Hering auf die Goldposition gesetzt. „Ich wusste gar nicht, dass es auf der Mittelstrecke Tausendstel-Entscheidungen gibt. Für Christina war es natürlich schade“, erzählt die Siegerin. „Auf der anderen Seite habe ich mich natürlich riesig über meinen ersten deutschen Meistertitel gefreut.“
Dieser Titel kommt in einer Hallensaison, die für die 23-Jährige gar keinen großen Stellenwert hatte. Denn sie hat parallel den ersten Teil des ersten Staatsexamens in ihrem Lehramtsstudium geschrieben. Die gute Form hatte sich aber schon im Training angedeutet. „Ich war im Winter nicht krank, das war ein Pluspunkt.“ Richtung Sommer soll der Sport wieder mehr in den Mittelpunkt rücken. Die Zulassungsarbeit steht als nächstes an.
Schnelle Mama und frühe Erfolge
Zeit im Leichtathletik-Stadion hat Katharina Trost seit ihrer frühesten Kindheit verbracht, denn die Sportart ist eine Familienangelegenheit. Mutter Eva wurde unter ihrem Mädchennamen Coqui 1986 Achte der ersten U20-WM über 800 Meter in Athen (Griechenland). Nachdem die Strecken zwischenzeitlich bis zum Marathon immer länger wurden, ist die inzwischen 51-Jährige zurück auf der Mittelstrecke. Im vergangenen Sommer steigerte sie den Senioren-Weltrekord der W50 über 800 Meter auf 2:12,49 Minuten und ist außerdem Abteilungsleiterin beim ASV Piding. „Ich habe großen Respekt vor ihren Leistungen“, sagt Katharina über ihre Mutter. Vater Werner ist Leichtathletik-Trainer und betreute auch seine Frau und seine Tochter.
Katharina begann in ihrer Heimat an der Grenze zu Österreich bei Salzburg bei der LG Festina Rupertiwinkel im Alter von sechs Jahren mit dem Training, erst einmal in allen Disziplinen. Schnell stellte sich aber ihr Talent für das Laufen heraus. „Als ich etwa 13, 14 Jahre alt war, hat mein Vater begonnen, mich zu trainieren“, erinnert sich die Deutsche Hallenmeisterin, die schon in ihrer Jugend zur nationalen Spitze zählte. Im Jahr 2013 gelang sogar die Qualifikation für die U20-EM in Rieti (Italien) und dort nach Bestzeit im Vorlauf (2:03,59 min) Rang fünf im Finale (2:04,34 min).
„Ich habe damals nicht allzu viel trainiert und unter meinen Schulfreunden war mein Sport nicht das größte Thema“, erzählt die Mittelstrecklerin. „Natürlich war es toll, bei einer internationalen Meisterschaft dabei zu sein, aber ich habe mir damals nicht riesig einen Kopf darum gemacht. Laufen war eben ein Hobby.“
Abstecher in die USA wertvoll, sportlich aber ein Umweg
Nach ihrem Abitur wusste die damals 18-Jährige nicht so recht, in welche Richtung es beruflich gehen sollte. Sie wollte die Welt entdecken, den Sport aber auch nicht aufgeben. Über eine Agentur bekam die Nachwuchsathletin einen Studienplatz im Fach Sportmanagement im US-Bundesstaat Iowa.
„Dazu habe ich mich für meine Verhältnisse spontan entschieden. Sonst bin ich eher ein Typ, der lange über solche grundlegenden Veränderungen nachdenkt“, berichtet Katharina Trost. „Die Zeit in den USA war eine tolle Erfahrung, die mich menschlich geprägt hat. Ich habe bis heute Kontakt zu den Leuten, die ich dort kennengelernt habe, und wir besuchen uns. Sportlich hat es mich dagegen leider komplett zurückgeworfen.“
Nachdem sie 2014 schon eine durchwachsene US-Saison in den Beinen hatte, wollte sich die damalige U20-Athletin in Deutschland noch für die U20-WM qualifizieren, musste das Quali-Rennen aber nach wenigen Metern abbrechen. „Mein Fuß tat so weh, ich hatte einen Ermüdungsbruch.“ Danach war sie auch mit dem Trainingskonzept in den USA nicht mehr zufrieden und blieb weiter deutlich hinter ihren Bestzeiten zurück, so dass 2015 der Entschluss fiel, zurück nach Deutschland zu gehen.
Neuanfang bei der LG Stadtwerke München
Nach ihrer Rückkehr begann Katharina Trost ihr Lehramtsstudium in München, fuhr zuerst zum Training aber noch regelmäßig in ihre Heimat. Im Herbst 2016 schloss sie sich der Trainingsgruppe von Andreas Knauer und Daniel Stoll bei der LG Stadtwerke München an, zu der auch Christina Hering oder Mareen Kalis zählen. Zum Trainerteam gehört seit dem vergangenen Winter auch Jonas Zimmermann.
„Die Gruppe ist klasse. Ich fühle mich total wohl und profitiere vom guten Umfeld“, erzählt Katharina Trost. Das Training ist seitdem mehr auf Schnelligkeit ausgerichtet, verbessern konnte sich die 23-Jährige auch in Sachen Athletik und Koordination. Die Fortschritte spiegelten sich auch in den Wettkampfleistungen wieder. Im vergangenen Sommer fiel in Dessau (2:02,65 min) endlich die fünf Jahre alte 800-Meter-Bestzeit, und vor allem über 1.500 Meter ging es aufwärts, bis auf eine Zeit von 4:10,71 Minuten.
Universiade als Ziel, WM im Hinterkopf
Im DLV-Trainingslager in der Höhe in Flagstaff (USA) legt Katharina Trost gerade die Grundlage für die Sommersaison. Die kontinuierlichen Steigerungen sollen weitergehen, möglichst mit neuen Bestzeiten. Die Universiade in Neapel (Italien; 3. bis 14. Juli) ist das angepeilte Ziel. Der Allgemeine Deutsche Hochschulsportverband (adh) hat die Norm über 800 Meter auf 2:01,50 Minuten und die über 1.500 Meter auf 4:10,00 Minuten festgelegt. Beide Strecken sollen auf dem Wettkampf-Programm stehen.
Noch etwas schnelle Zeiten fordert der DLV als Normen (800 m: 2:00,60 min; 1.500 m: 4:06,5 min) für die WM in Doha (Katar; 27. September bis 6. Oktober). Festbeißen möchte sich die Deutsche Hallenmeisterin an diesen Vorgaben aber nicht. „Ich bin in den vergangenen Jahren ständig Normen hinterhergelaufen, das möchte ich nicht wieder so machen.“
Video-Interview: <link video:19796>Christina Hering & Katharina Trost: "Haben uns enges Rennen geliefert" <link video:19426> <link video:19426>
Video: <link video:19748>Tausendstel-Entscheidung: Trost schlägt Hering
Das sagt Bundestrainer Sebastian Weiß: |
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Katharina hat sich in den vergangenen Jahren toll entwickelt. Die Hallensaison war ein weiterer Schritt, der sich abgezeichnet hatte. Neben den 800 Metern hat sie auch die 1.500 Meter im Fokus, über die ich sie sogar noch etwas stärker sehe. Es gilt, weiterhin kontinuierlich zu trainieren und Studium und Sport erfolgreich zu kombinieren. Im Sommer traue ich Katharina eine Zeit um die zwei Minuten über die 800 Meter zu, über 1.500 Meter ist aus meiner Sicht eine 4:06 oder sogar noch mehr drin. Katharina läuft sehr elegant. Sie trifft sich gut. Wer bei ihren Rennen in der Endphase zuschaut, könnte sich fragen: Quält sie sich überhaupt? Das tut sie, aber man sieht es ihr nicht an.