Bevor am Montag in Berlin mit der EM der Saisonhöhepunkt der Leichtathleten startet, blicken wir noch einmal zurück auf 2009. Neun Athleten im aktuellen deutschen Team waren nämlich schon vor neun Jahren bei der WM im Olympiastadion dabei. Alle neun haben ihre ganz eigene Geschichte.
Robert Hering steht in der Mixed Zone des Berliner Olympiastadions und beantwortet geduldig alle Fragen von Dutzenden Journalisten. Wenige Meter entfernt plaudert auch ein gewisser Usain Bolt vor einer vergleichbaren Anzahl an Medienvertretern über dasselbe Rennen. Denn wenige Minuten zuvor waren am 19. August 2009 der deutsche Sprint-Hoffnungsträger (damals 19 und für den TuS Jena am Start) und der Sprint-Weltrekordler (damals 22 Jahre alt) im 200-Meter-Halbfinale der WM aufeinandergetroffen.
Klar setzte sich der Jamaikaner durch und lief am Tag danach mit 19,19 Sekunden den immer noch gültigen Weltrekord. Aber auch Robert Hering (mittlerweile für den TV Wattenscheid 01 am Start) hatte die Fans auf der blauen Bahn im Olympiastadion verzückt. Im Halbfinale – der dritten Runde, seit einigen Jahren ist die dritte schon das Finale – lieferte der gebürtige Thüringer starke 20,52 Sekunden ab. Als Fünfter fehlten ihm vor neun Jahren nur sieben Hundertstel zum Finaleinzug.
Robert Hering kennt die Höhen und Tiefen des Sports
„Hätte mir jemand vor ein paar Monaten gesagt, dass ich erst Deutscher Meister werden würde und dann bei der WM im Halbfinale stehen würde, dann hätte ich das niemals geglaubt“, sagte Robert Hering 2009 in der Mixed Zone. Nun wird er sich wieder den Journalisten im Olympiastadion stellen. Denn wie acht weitere deutsche Athleten, die schon 2009 dabei waren, zählt er zum deutschen Team für die <link>EM in Berlin. Alle neun sind einen langen Weg gegangen, haben ganz unterschiedliche Erfolge gefeiert und wie Robert Hering viele Höhen und Tiefen erlebt. Doch alle zeigen eins: Wer in der Leichtathletik über lange Zeit erfolgreich sein will, muss die nötige Beharrlichkeit und Ausdauer mitbringen.
Klar, an den einen deutschen Athleten, der 2009 schon dabei war, werden sich alle Sportfans erinnern: Robert Harting (SCC Berlin). Trotz WM-Silber 2007 in Osaka (Japan) war der Gold-Coup von Berlin im finalen sechsten Diskuswurf auf 69,43 Meter die Initialzündung für eine der größten Karrieren der deutschen Leichtathletik überhaupt. „Die Party dauert bis morgen Abend“, gab der damals 24-Jährige den Feier-Fahrplan nach seinem ersten von drei WM-Titeln aus. Er sollte übrigens recht behalten ...
Alexander John: Lieber Geschichts- statt „Gesichts-Buch“
Am 8. August wird „Der Harting“ noch einmal im Olympiastadion – seinem „Wohnzimmer“ – im Diskusring stehen und trotz aller Verletzungssorgen im Vorfeld seine Medaillenchance suchen. Über den dreimaligen „Sportler des Jahres“ ist eigentlich schon alles gesagt und geschrieben worden. Seine eindrucksvolle Geschichte war zuletzt in der Doku „Sechsviertel“ in der ARD zu sehen. Ein Kinofilm über den „Herrn des Rings“ folgt.
Es gibt andere, die deutlich unter dem Radar fliegen, und trotzdem nach 2009 wieder in Berlin dabei sind. So wie Alexander John (damals LAZ Leipzig; nun SC DHfK Leipzig): der „Leisetreter im Hürdenwald“. Ein gutes Buch ist dem 32-Jährigen wichtiger als die Omnipräsenz auf Social Media-Kanälen. Oder Aleixo-Platini Menga (TSV Bayer 04 Leverkusen). Nach zum Teil heftigen Verletzungen hat sich der 30-Jährige immer wieder zurückgekämpft. „Und vom Trainingsalter bin ich noch gar nicht so alt“, sagte der 10,09-Sekunden-Sprinter zuletzt mit einem breiten Lächeln.
David Storl: 19,19 Meter mit 19
Mit Christina Schwanitz (damals Neckarsulmer SU) und David Storl (damals LAC Erdgas Chemnitz) waren 2009 zwei junge deutsche Kugelstoßer in Berlin dabei, die später als Welt- und Europameister ihre Disziplin prägen sollten. Bei der WM vor neun Jahre mussten beide die Kehrseite der Medaille kennenlernen. Für den 19-jährigen David Storl (mittlerweile SC DHfK Leipzig) war damals mit 19,19 Metern in der Qualifikation Schluss. Christina Schwanitz (mittlerweile LV 90 Erzgebirge) verpasste mit 17,84 Metern den Endkampf. Niederlagen mit Lerneffekt.
Abseits der Medaillenränge hatten 2009 zwei andere deutsche Athleten in Berlin eindrucksvoll ihre Klasse gezeigt. Ein Beweis, dass nicht ständig die Medaillen im Fokus der Öffentlichkeit stehen sollten, sondern die individuelle Leistung. So wie bei Nadine Müller (damals Hallesche LAF). Die Diskuswerferin überraschte als Sechste mit 62,04 Metern Konkurrenz und Experten gleichermaßen. Bei der EM will die 32-Jährige vom SV Halle ihre aufsteigende Form zeigen und ein Wörtchen bei der Medaillenvergabe mitreden.
Antje Möldner-Schmidt und Nadine Müller: Glanzleistungen abseits der Medaillen
Zwei Rennen, zwei deutsche Rekorde: Für Antje Möldner-Schmidt (damals SC Potsdam) war die WM 2009 der ganz große Durchbruch. Ihre im WM-Finale als Achte erzielten 9:18,54 Minuten waren für knapp acht Jahre deutscher Rekord. Erst Hindernislauf-Titelverteidigerin Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier) war 2017 besser. Im Jahr 2018 war übrigens bisher nur eine Europäerin schneller als Antje Möldner-Schmidt bei ihrem Rekordlauf 2009.
Ach ja: Sowohl Nadine Müller als auch Antje Möldner-Schmidt (mittlerweile LC Cottbus) sollten in den Jahren nach der WM Berlin internationale Medaillen gewinnen. Den größten Sieg ihres Lebens erzielte die Hindernisläuferin jedoch nicht auf der Laufbahn, sondern im erfolgreichen Kampf gegen den heimtückischen Krebs. Mit 34 Jahren erfüllt sich die Mutter der zweieinhalbjährigen Lilli Marie bei der EM einen weiteren sportlichen Traum.
Kathrin Klaas: Sieben WM-Starts und gute Erinnerungen
So erfahren wie Kathrin Klaas ist kein anderer Athlet im deutschen Team. Die Hammerwerferin (damals wie heute: LG Eintracht Frankfurt) blickt auf stolze sieben WM-Starts seit 2005 zurück. Die Älteren erinnern sich: Zwei Jahre später revolutionierte ein Gerät namens iPhone die globale Kommunikation. Für Kathrin Klaas hieß es: Aller guten Dinge sind drei. Denn die WM 2009 in Berlin war mit Rang vier (74,23 m) ihre beste der Karriere. Nur 56 Zentimeter fehlten der 34-Jährigen beim Weltrekord-Sieg mit anschließender Jubel-Verletzung von Anita Wlodarczyk (Polen; 77,96 m) und Silber für Betty Heidler (77,12 m) zu Bronze.
Kathrin Klaas hat zusammen mit Betty Heidler den deutschen Frauen-Hammerwurf über anderthalb Jahrzehnte geprägt. Das Berliner Olympiastadion könnte für sie wie für einige andere Athleten die ideale Bühne zum Ende einer großen, internationalen Karriere werden. Und für andere der Startschuss dazu.
<link btn>EM 2018 Berlin