| Interview der Woche

Arne Gabius: „Der Rekord ist 2015 möglich“

Schneller war noch kein deutscher Marathonläufer bei seinem Debüt. Der Tübinger Arne Gabius hat am Sonntag beim Frankfurt Marathon in 2:09:32 Stunden direkt die 2:10-Schallmauer unterboten und sich auf Platz vier der Ewigen Deutschen Bestenliste geschoben. Im Interview spricht der der 33-Jährige über die harte Vorbereitung, sein Erfolgsgeheimnis und Rio 2016.
Christian Ermert

Arne Gabius, Ihre Ankündigung, gleich den ersten Marathon zwischen 2:10 und 2:12 Stunden zu finishen, wurde in der Szene als mutig wahrgenommen. Jetzt sind Sie noch schneller gewesen…

Arne Gabius:

… das war der Plan. Ich wollte die erste Hälfte in 65 Minuten laufen und dann schneller werden. Das ist gelungen. Es war toll. Die Tempomacher, zu denen auch André Pollmächer gehörte, haben mich auf die richtige Geschwindigkeit gebracht. Es hat sich super angefühlt. Bei Kilometer 32 habe ich das Heft in die Hand genommen und wollte etwas riskieren. In der Festhalle wusste ich: Ich bin deutlich unter 2:10 – da konnte ich es genießen und mit den Leuten feiern. Das war einfach unglaublich.

Vor dem Start soll es aber ein Problem mit der Zeitumstellung gegeben haben.

Arne Gabius:

Das mit der Umstellung der Uhren von Sommer- auf Winterzeit hat nicht optimal funktioniert. Ich habe 50 Minuten verschlafen, mich dadurch aber nicht aus der Ruhe bringen lassen und ein bisschen später gefrühstückt. Dabei war es wichtig, genug zu essen. Ich bin vollgefuttert an den Start gegangen und habe mich dann von Kilometer zu Kilometer besser gefühlt. Das ist wie in der Formel 1, da fahren die Autos am Ende ja auch am schnellsten, wenn die Tanks fast leer sind. Unterwegs habe ich nur Wasser getrunken und bei Kilometer 35 einen Schluck Cola.

Bedeutet das jetzt, dass es nur noch den Marathonläufer Arne Gabius geben wird oder werden Sie weiterhin auf der Bahn antreten?

Arne Gabius:

Es gab, gibt und wird den Langstreckenläufer Arne Gabius geben. Ich habe etwas gegen den Unterschied, der zwischen Bahn- und Straßenläufern gemacht wird. Wer laufen kann und viel trainiert, kommt auf allen Strecken von 3.000 Meter bis Marathon zurecht. Das zeigt ja auch die europäische Bestenliste 2014: Über 3.000 Meter liege ich auf Rang zwei hinter Mo Farah. Im Marathon bin ich jetzt Dritter. Und wer ist da vorn? Klar, Mo Farah mit 2:08:21 Stunden.

Zum deutschen Rekord, der seit 1988 in 2:08:47 Stunden von dem Dresdner Jörg Peter gehalten wird, fehlen Ihnen nur noch 45 Sekunden.

Arne Gabius:

Vor dem Rennen in Frankfurt hat mich Renato Canova, mit dem ich den Marathon vorbereitet habe, in einer E-Mail gewarnt, nicht mal an den Rekord zu denken. Auch dann nicht, wenn die Zwischenzeiten darauf hindeuten sollten, dass die Marke in Reichweite ist. Daran habe ich mich gehalten. Er hat aber auch gesagt, dass der Rekord in Zukunft für mich möglich ist, wenn ich im ersten Rennen unter 2:10 Stunden bleibe und den negativen Split schaffe.

Das ist Ihnen ja beides gelungen, auf eine erste Hälfte in 1:05:08 Stunden haben Sie in Frankfurt 1:04:24 für die zweiten 21,1 Kilometer folgen lassen. Können wir das jetzt als Zusage sehen, dass Sie 2015 den Rekord knacken?

Arne Gabius:

So kurz nach einem Marathon bin ich nicht geschäftsfähig genug, um irgendwelche Zusagen zu machen. Aber am Ende war in der Mail die Rede davon, dass der Rekord 2015 möglich ist.

Vielleicht sehen wir Sie dann in Frankfurt wieder?

Arne Gabius:

Das ist eine Option, ich werde jedenfalls bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Peking nicht im Marathon antreten. Dort plane ich mit einem Start über 5.000 oder 10.000 Meter. Dann könnte ich die Vorbereitung auf den Herbst analog zu diesem Jahr angehen. Und der Olympia-Marathon 2016 in Rio de Janeiro ist ja ein sehr reizvolles Ziel.

Was war Ihr Erfolgsgeheimnis, mit dem Sie das schnellste Marathondebüt eines deutschen Läufers realisiert haben?

Arne Gabius:

Dass die Vorbereitung einfach gepasst hat. Begonnen hat es mit dem Halbmarathon in New York im Frühjahr. Die 1:02:09 Stunden haben mir Selbstbewusstsein gegeben und das Training dafür war schon ein guter Einstieg in die Marathonvorbereitung. Im Januar bin ich zum ersten Mal in einer Woche 200 Kilometer gelaufen, das hat mich zwar wahrscheinlich um eine erfolgreiche Hallensaison gebracht, aber aus heutiger Sicht war das richtig. Nach der Bahnsaison wusste ich dann, dass ich die Vorbereitung auf den Marathon mit Wochen beginnen musste, in denen ich richtig viel laufe, ohne groß auf das Tempo zu achten. So kamen dann in drei Wochen 728 Kilometer zusammen. Später stand die Qualität im Vordergrund. Da gab es Tage wie den, an dem ich 54 Kilometer gelaufen bin. Morgens 24 Kilometer mit einem Durchschnittstempo von 3:30 Minuten pro Kilometer und abends dann viermal fünf Kilometer im Marathon-Renntempo, was ja bei mir um die 3:05 Minuten pro Kilometer ist. Dazu kam noch Ein- und Auslaufen. Und das Ganze ohne viel zu essen.

Klingt sehr hart.

Arne Gabius:

Das war es auch. Beim letzten Fünf-Kilometer-Abschnitt bin ich schon nach 500 Metern auf der Felge gelaufen. Aber ich wusste: Genau so muss sich das anfühlen, wenn du erfolgreich sein willst.

Und dann kam die 10-Kilometer-Bestzeit von Berlin: 28:08 Minuten.

Arne Gabius:

Das hat mir Sicherheit gegeben. Ich glaube auch, dass wir deutschen Läufer in der Vorbereitung auf unsere Marathonstarts die zahlreichen schnellen Unterdistanzwettkämpfe, die wir vor der Haustür haben, verstärkt nutzen sollten. Wer den Marathon schnell laufen will, muss auch in der Vorbereitung schnell laufen.

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