Bodenständig, freundlich, engagiert. Die zweifache Olympiasiegerin Annegret Richter ist trotz ihrer glanzvollen Sprint-Karriere ihrem Wesen immer treu geblieben. An ihrem 65. Geburtstag (13. Oktober) blickt sie zufrieden auf ihr Sport- und Privatleben.
„Ich bin rundum zufrieden. Auch plagt mich kein Zipperlein, denn ich habe während meiner aktiven Zeit im Training alle Übungen immer sauber und richtig ausgeführt. Ich bin ich unwahrscheinlich dankbar, dass alles so gekommen ist,“ sagt Annegret Richter im Rückblick. Das Leben der zweifachen Olympiasiegerin wird in der Öffentlichkeit meist auf ihre sportlichen Erfolge reduziert, doch die sind für die frühere schnellste Frau der Welt nicht das Wesentliche.
Einen deutlich höheren Stellenwert hat für die 65-Jährige ihre Familie. So ist sie mit ihrem Ehemann Manfred, mit dem sie seit 1971 verheiratet ist, stolz auf ihre Tochter Daniela. Die 33-Jährige hat vor zwei Jahren in Heidelberg ihre Promotionsprüfung mit der Note „Magna cum Laude" bestanden. Die junge Forscherin, die in den 90er Jahren zu den besten Nachwuchssprinterinnen in Deutschland zählte, ist in Heidelberg am Nationalen Forschungszentrum für Tumorerkrankungen (NCT) beschäftigt.
Sehr viel Freude bereitet dem Ehepaar Richter auch der zwei Jahre jüngere Sohn Marcus, der vor neun Jahren einen schweren Motorradunfall überlebte, anschließend eine Ausbildung zum Physiotherapeuten abschloss und nun Medizin studiert.
Engagement als Botschafterin
Fast ein Vierteljahrhundert hat Annegret Richter als Verkaufsrepräsentantin für die Firma Adidas gearbeitet. Seit fünf Jahren befindet sie sich im Ruhestand. Doch Langeweile kommt bei ihr nicht auf.
Seit gut einem Jahr engagiert sich die ehemalige Top-Sprinterin als Botschafterin für den Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen. In dieser Funktion übernimmt sie bei Meisterschaften Siegerehrungen und plaudert bei verschiedenen Verbandsveranstaltungen und Talkrunden aus ihrem erfolgreichen Sportlerleben. „Mir bereitet diese Tätigkeit sehr viel Freude, weil der Bedarf recht hoch ist und viele mich noch kennen,“ unterstreicht Annegret Richter.
Das Botschafter-System geht auf die Initiative von Torwart-Legende Hans Tilkowski zurück, der durch sein vorbildliches soziales Engagement ebenso wie die frühere Weltklasse-Athletin ein großes Vorbild für viele Sportler ist. Die Sprintkönigin aus den 70er-Jahren ist seit knapp zwei Jahrzehnten mit dem 39-fachen Nationalkeeper befreundet.
Regelmäßiger Besuch im Fitnessstudio
Annegret Richter, die regelmäßig ein Fitnessstudio besucht, engagiert sich neben ihrer Botschafter-Tätigkeit noch als Schöffin und lernt bei dieser interessanten Aufgabe alle Facetten des Lebens kennen.
Die Jubilarin zählt mit jeweils zwei Gold- und Silbermedaillen zu den erfolgreichsten Olympia-Teilnehmerinnen des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Am 25. Juli 1976 schrieb die Dortmunderin Sportgeschichte, als sie bei den Olympischen Spielen in Montreal (Kanada) die 100 Meter in 11,08 Sekunden herunterfegte und damit Gold vor dem früheren DDR-Star Renate Stecher (11,13 sec) und ihrer Teamkollegin Inge Helten (11,17 sec) gewann.
Fast unter elf Sekunden
Bereits im Halbfinale sorgte sie für weltweite Schlagzeilen, als sie den 100-Meter-Weltrekord auf 11,01 Sekunden drückte. Auf den letzten 20 Metern drosselte sie in diesem Rennen das Tempo, um im Hinblick auf den Endlauf ihre Karten nicht aufzudecken. „Mit voller Pulle", so ihr damaliger Trainer Wolfgang Thiele, „wäre sie glatt unter elf Sekunden geblieben.“
Ihr zweites Olympiagold errang Annegret Richter bei den Olympischen Spielen 1972 in München mit der 4x100-Meter-Staffel. Neben zahlreichen Medaillen und Trophäen hat die 31-malige Deutsche Meisterin während ihrer glanzvollen Karriere zahlreiche Freunde gewonnen. So gehören zu ihrem engsten Bekanntenkreis unter anderen 800-Meter-Olympiasiegerin Hildegard Falk und die dreifache Olympiasiegerin Renate Stecher.