| ISTAF Indoor Berlin

12.000 Fans singen und tanzen, Armand Duplantis attackiert den Weltrekord

© Gladys Chai von der Laage
Die Stabhochspringer mit Armand Duplantis an der Spitze brachten die Fans zum Tanzen. Yemisi Ogunleye schenkte ihnen die nächsten 19-Meter-Stöße. Und auf der Sprintbahn glänzten Marlene Meier und Heiko Gussmann mit neuen Bestzeiten: Mehr als 12.000 Zuschauer feierten am Freitag beim ISTAF Indoor in der Uber Arena Berlin die Leichtathletik und die Leichtathlet:innen. Diese dankten es ihnen mit starken Leistungen und viel Lob für die außergewöhnliche Stimmung beim größten Hallen-Meeting der Welt.
Silke Bernhart

Es war alles ausgerichtet auf das ganz große Spektakel. Als die weiteren Athletinnen und Athleten längst ihre Wettbewerbe beim ISTAF Indoor Berlin beendet hatten, waren 12.000 Augenpaare in der Uber Arena auf Armand Duplantis (Schweden) gerichtet. Der Stabhochsprung-Weltrekordler hatte sich kurz zuvor mit 6,02 Metern den Tagessieg gesichert und nahm dann Anlauf auf 6,10 Meter. Zwei Versuche brauchte er, dann war der Meetingrekord perfekt. Anschließend ließ er die Latte auf 6,27 Meter legen. Weltrekord.

Um es vorweg zu nehmen: Ein gültiger Versuch gelang ihm nicht. Der Stimmung tat das aber keinen Abbruch: Die Fans folgten gebannt jeder seiner Bewegungen, vertrieben sich die Wartepausen mit Gesang und Tanz und feierten den schwedischen Ausnahme-Könner auch bei seinen zwei abgebrochenen Sprüngen über die Weltrekord-Höhe. "So etwas wie hier habe ich in der Halle noch nie erlebt. Die Energie hat mir sehr geholfen, du kannst sie wirklich spüren. Es war ein sehr guter Saisoneinstieg", sagte Armand Duplantis anschließend am Mikrofon des Hallensprechers.

Emmanouil Karalis nahm derweil schon Glückwünsche entgegen und schrieb fleißig Autogramme. Der Grieche hatte mit Tsirtaki-Klängen die Halle zum Schunkeln gebracht. Und zum Jubeln: Mit 5,94 Metern stellte der Olympia-Dritte einen neuen Hallen-Landesrekord auf und scheiterte anschließend nur knapp an 6,02 Metern. Platz drei ging mit Saison-Bestleistung von 5,70 Metern an Oleg Zernikel (ASV Landau), über dieselbe Höhe schwang sich auch Bo Kanda Lita Baehre (Düsseldorf Athletics). Torben Blech (TSV Bayer 04 Leverkusen) baute ein Haus über 5,55 Meter, deutete dann aber Rückenschmerzen an. In der Folge scheiterte der Sieger des ISTAF Indoor Düsseldorf (5,80 m) dieses Mal an 5,70 Metern.

Yemisi Ogunleye unangefochten

Von Topleistung zu Topleistung marschiert weiter Yemisi Ogunleye (MTG Mannheim). Die Kugelstoß-Olympiasiegerin absolvierte in Berlin bereits ihren fünften Wettkampf der Saison. Und das vierte Mal in Folge flog die Kugel über die 19-Meter-Marke. Mit 19,42 Metern war sie unangefochten die Nummer eins, dahinter konnten sich Katharina Maisch (LV 90 Erzgebirge; 18,40 m) und Alina Kenzel (VfB Stuttgart; 18,33 m) über neue Saisonbestleistungen freuen. Platz drei und vier hinter der Portugiesin Jessica Inchude (18,48 m).

„Ich hatte schon Gänsehaut-Gefühl, als ich in die Halle gekommen bin. Beim ersten Stoß war ich noch zittrig auf den Beinen, weil es so eine enorme Stimmung war. 12.000 Leute klatschen dich an, das ist einzigartig“, stellte Yemisi Ogunleye nach ihrer Premiere beim ISTAF Indoor Berlin fest – erstmals war das Kugelstoßen Teil der Veranstaltung. "Schön dass der Wurf hier immer seine Plattform bekommt, nachdem in den vergangenen Jahren immer Diskuswurf dabei war. Dafür bin ich sehr dankbar."

„Die Stimmung war einfach einmalig“, freute sich auch Meeting-Direktor Martin Seeber. „Ich möchte mich ganz herzlich bedanken bei den genialen Fans und den herausragenden Athletinnen und Athleten. Gemeinsam haben sie Berlin ein einzigartiges Leichtathletik-Erlebnis geschenkt.“

Marlene Meier wie entfesselt

Zu den herausragenden Athletinnen zählte auch Marlene Meier. In Düsseldorf war bei ihr am Sonntag der Knoten geplatzt. In Berlin packte die Hürdensprinterin aus Leverkusen noch eine Schippe drauf: Fünf Tage nach ihrem ersten Rennen unter acht Sekunden stürmte die 22-Jährige über 60 Meter Hürden in glänzenden 7,92 Sekunden über die Ziellinie. „Ich bin toll aus dem Block gekommen, was sonst eigentlich nicht meine Stärke ist, da habe ich heute auch direkt gemerkt, dass das was werden kann“, berichtete sie anschließend.

Berlin liegt ihr: Schon im vergangenen Jahr hatte sie in der Uber Arena in 8,09 Sekunden eine neue Bestzeit gefeiert, zwölf Monate später ist sie in neuen Dimensionen angekommen: Nur vier Europäerinnen waren bisher in dieser Hallensaison schneller. „Ich habe keine Ahnung, was Berlin mit mir macht, aber in Berlin, da läuft es einfach!“

Ebenfalls Grund zum Strahlen hatte Rosina Schneider (TV Sulz), wenngleich es nach ihrem Coup von Düsseldorf (7,96 sec) dieses Mal nur zum zweiten Platz reichte. In 8,01 Sekunden zeigte die 20-Jährige das nächste schnelle Rennen. Und weckte gemeinsam mit Marlene Meier Vorfreude auf ein hochklassiges Hürden-Duell bei der Hallen-DM am kommenden Wochenende (21. bis 23. Februar) in Dortmund. Dass sie dort ebenfalls um die Medaillen kämpfen kann, zeigte Lia Flotow (1. LAV Rostock) mit einer Steigerung auf 8,16 Sekunden.

Heiko Gussmann verblüfft die Konkurrenz

Wer gedacht hatte, dass der Saison-Auftakt von Heiko Gussmann (Sprintteam Wetzlar) von 6,58 Sekunden über 60 Meter eine Eintagsfliege war, der wurde spätestens am Freitag in Berlin eines Besseren belehrt: Der 20-Jährige ist stabil auf einem neuen Niveau angekommen, sprintete erst im Vorlauf und dann auch im Finale zu einer neuen Bestzeit von 6,57 Sekunden – und holte sich den Meeting-Sieg! „Das liegt wahrscheinlich an der tollen Atmosphäre hier drin“, sagte er und brachte damit das begeisterungsfähige Publikum zum Jubeln.

Heiko Gussmann ließ im Finale hauchdünn den zeitgleichen Südafrikaner Akani Simbine hinter sich. Der Olympia-Vierte über 100 Meter feierte beim ISTAF Indoor seine Hallen-Premiere. Zugleich war der Sieg von Gussmann eine Kampfansage für die Hallen-DM, denn zwei seiner großen Konkurrenten, Kevin Kranz (Sprintteam Wetzlar) und Lucas Ansah-Peprah (Hamburger SV; beide 6,61 sec), ließ er deutlich hinter sich.

Wimpernschlag-Duell von Haase und Mayer

Der Sprint der Frauen war geprägt von einem Duell zweier Olympia-Bronzemedaillen-Gewinnerinnen: Rebekka Haase kam besser ins Rennen, Lisa Mayer setzte an zur Aufholjagd. Am Ende überquerten sie Seite an Seite die Ziellinie. Bei für beide gestoppten 7,26 Sekunden war Rebekka Haase um wenigste Tausendstel vorn. Im Vorlauf hatte Tatjana Pinto (OWL Athletics) ihre Saison-Bestzeit auf 7,27 Sekunden gesteigert, verzichtete dann aber aufgrund muskulärer Probleme auf das Finale.

Nicht ganz so rasant wie zuletzt in Düsseldorf gingen die 60 Meter Hürden der Männer über die Bühne. Manuel Mordi (Hamburger SV), am Sonntag auf 7,56 Sekunden verbessert, kämpfte in einem engen Rennen lange um den Sieg mit, am Ende gab’s in 7,67 Sekunden Platz drei hinter Hallen-Europameister Jason Joseph (Schweiz; 7,63 sec) und Rio-Olympiasieger Omar McLeod (Jamaika; 7,65 sec).

Mikaelle Assani Zweite – und Beste

Der Weitsprung der Frauen brachte auch ohne die erkrankte Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) jede Menge weite Sprünge hervor – unter anderem, weil wie schon in Düsseldorf aus der 40 Zentimeter breiten „Take-Off-Zone“ (wir berichteten) abgesprungen wurde. Von 42 Sprüngen waren lediglich sechs ungültig.

Mikaelle Assani (SCL Heel Baden-Baden) kam nach anfänglichen Schwierigkeiten immer besser in den Wettkampf, das Highlight kam zum Schluss: 6,80 Meter in Runde sechs, vermessen vom exakten Absprung-Punkt in der Take-Off-Zone. Weiter kam in diesem Modus allein die Bulgarin Plamena Mitkova, für die sogar 6,85 Meter notiert wurden – gleichbedeutend mit dem ISTAF-Sieg. Im Vergleich der zusätzlich vermessenen Weiten auf der Höhe des klassischen Absprung-Bretts hatte Mikaelle Assani sogar mit 6,71 zu 6,70 Metern die Nase vorn.

Wichtiger war für die Vierte der letztjährigen Hallen-WM jedoch der Wettkampf-Verlauf: ”Ich habe gezeigt, dass ich konstant springe und bin auch froh, dass ich die Weiten von Karlsruhe [6,79 m] stabilisieren konnte“, erklärte Mikaelle Assani. Stellte aber auch fest: „Meine Stärke ist es, die Sprünge auf den Punkt zu bringen, und mit der Take-Off-Zone fühlt es sich für mich noch etwas so an, als wäre die jahrelange Arbeit dahingehend umsonst, das finde ich schade!“

Die kompletten Resultate finden Sie in unserer Ergebnisrubrik…

ISTAF Indoor Berlin

 

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024