Mit 17,41 Metern hat Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz) am Samstag in Metz für Aufsehen gesorgt. Dem 28-Jährigen gelang mit dieser Weite nicht nur das zweitbeste Ergebnis seiner Karriere, sondern auch der Sprung an die Spitze der Weltjahresbestenliste. Im Interview spricht er über neues Selbstvertrauen, seine Saisonvorbereitung und seine Ziele für den Winter und Sommer.
Max Heß, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Sieg beim Meeting "Metz Moselle Athlélor" und der fantastischen Weite von 17,41 Metern – Weltjahresbestleistung! Wie haben Sie den Wettkampf und insbesondere diesen weiten Sprung erlebt?
Max Heß:
Es hatte sich in Chemnitz schon angedeutet, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Auch die beiden Versuche mit 16,91 und 16,98 Metern haben gezeigt, dass da einiges geht. Darum habe ich mir im letzten Versuch gesagt, dass ich noch einmal einen Fuß zurückgehe und etwas mehr Gas gebe. Das hat dann ganz gut funktioniert. Technisch war der Sprung noch nicht 100 Prozent ausgereift, so wie es laut Leitbild sein soll. Aber die Weite hat trotzdem für sich gesprochen. (lacht)
Sie sprechen es bereits an – es war der letzte Versuch, in dem Sie 17,41 Meter gesprungen sind. Ist das eine Ihrer Stärken, hintenraus noch mal anzugreifen?
Max Heß:
Das kommt immer ein bisschen drauf an. Bei diesem Wettkampf hatte ich mir tatsächlich das Ziel gesetzt, im letzten Versuch noch einmal den Italiener herauszufordern. Die Weite von Andy Dìaz Hernandez stand bis dahin bei 17,09 Metern und ich habe mir gesagt, dass ich die drin habe und überspringen werde. Das war mein Antrieb und hat auch gut funktioniert.
Die 17,41 Meter sind nicht nur aktuelle Weltjahresbestleistung, sondern waren auch die zweitbeste Weite in Ihrer bisherigen Karriere – Ihr bestes Ergebnis liegt mit 17,52 Metern acht Jahre zurück. Bereits im Sommer konnten Sie Ihre acht Jahre alte Bestweite im Freien auf 17,38 Meter steigern. Ist das jetzt ein neues Niveau, auf dem Sie springen? Woher kommt diese Konstanz für Weiten jenseits der 17 Meter?
Max Heß:
Hier spielt viel mit rein, dass ich die letzten zwei Jahre verletzungsfrei geblieben bin. Dadurch konnte ich kontinuierlich ein hohes Trainingsniveau halten und ein hohes Wettkampfniveau aufbauen. Hinzu kommt, dass ich dadurch auch ganz andere körperliche Voraussetzungen habe: Ich kann schmerzfrei springen, kann die Technik so umsetzen, wie ich es will, und letztlich einfach gute Leistungen bringen.
Welche Rolle spielt das Thema Regeneration, wenn es um Ihre Gesundheit und das Minimieren und Vorbeugen von Verletzungen geht?
Max Heß:
Wir haben ein Trainingskonzept erarbeitet, bei dem wir lieber mal eine Einheit kürzen oder gar ganz streichen, als auf Teufel komm raus weitere Sprünge zu machen, obwohl der Körper erste Signale gibt. Dann fokussieren wir uns lieber auf die nächste Einheit, die dann umso besser wird. Das haben wir ganz gut etabliert und es auch über den Sommer hinweg gut durchgezogen, so dass wir die Wettkämpf nach und nach aufbauen konnten und die Leistung sich entwickeln konnte. Dass ich jetzt in der Halle direkt daran anknüpfen kann, ist umso schöner.
Wie sah denn nach dem langen und intensiven Sommer konkret Ihre Saisonvorbereitung für die Hallensaison aus? Sie haben bereits angesprochen, dass Sie das Wintertraining verletzungsfrei absolvieren konnten.
Max Heß:
Begonnen hatte ich mit dem DLV-Lehrgang in Südafrika, danach habe ich fleißig in Chemnitz trainiert, und Anfang des Jahres war ich noch einmal mit dem Sprungkader auf La Palma, wo wir ein sehr intensives Trainingslager abgehalten haben. Das lief alles ohne Beschwerden – wenngleich ein Training, das nicht weh tut, auch nicht das richtige Training ist. Manchmal muss man da schon auch mal über die Grenzen gehen. Aber alles in dem Rahmen, dass es nicht tragisch wäre.
Sie waren einer der wenigen DLV-Athleten, die beim Meeting "Metz Moselle Athlélor" an den Start gegangen sind. War Ihr Trainer auch mit vor Ort, oder wer hat Sie dort betreut und gecoacht?
Max Heß:
Nein, das habe ich selbst gemacht. Ich bin es aus den letzten Jahren schon gewohnt. Ich kann mich ganz gut selbst einschätzen und weiß, wo die Probleme liegen – ob es der Anlauf oder der Absprung ist. Da habe ich ein sehr gutes Selbstgefühl aufgebaut und bin in so einem Meeting nicht zwingend auf einen Coach angewiesen.
Sehr beeindruckend. Ungeachtet dessen: War das Meeting von vornherein in Ihrer Saisonplanung vorgesehen oder eher eine spontane Entscheidung, nachdem es bereits in Chemnitz gut für Sie lief?
Max Heß:
Das Meeting war von vornherein eingeplant, da es sich vom Zeitpunkt her gut ergeben hat – zwei Wochen nach Chemnitz und zwei Wochen vor den Deutschen Hallenmeisterschaften in Dortmund. Ursprünglich hatten wir mit einer sehr abgespeckten Hallensaison geplant, das heißt Chemnitz, Hallen-DM und die beiden internationalen Meisterschaften.
Das bedeutet, dass Sie sowohl mit der Hallen-EM im niederländischen Apeldoorn als auch mit der Hallen-WM im chinesischen Nanjing planen?
Max Heß:
Ja, so sieht es aus.
Spätestens seit Samstag sind Sie nun in der Rolle des Gejagten. Setzt Sie das unter Druck?
Max Heß:
Aktuell ist es eine Momentaufnahme, und die anderen werden spätestens nächste Woche auch in die Saison einsteigen. Das setzt mich nicht unter Druck, da ich die anderen auch seit einigen Jahre kenne und weiß, was sie draufhaben und ebenfalls in den Bereich – wenn nicht sogar noch weiter – springen können. Dennoch freue ich mich, dass ich mich mit so einer Weite in diesem Kreis etablieren konnte. Ich habe auch bei Social Media gemerkt, dass man da auf einmal eine Rückmeldung bekommt und ein bisschen Aufsehen erregt und den ein oder anderen ins Grübeln gebracht hat.
Das schenkt sicherlich Selbstbewusstsein. Hat Ihnen auch der Sommer mit Freiluft-Bestleistung, Platz fünf bei der EM in Rom sowie dem siebten Platz bei den Olympischen Spielen in Paris mehr Selbstvertrauen gegeben und noch einmal einen Push gegeben, mit dem Sie jetzt ganz anders in den Winter gegangen sind?
Max Heß:
Auf jeden Fall. Vor drei oder fünf Jahren gab es schon Zeitpunkte, an denen ich gedacht habe, dass ich an die Leistungen aus Amsterdam oder Belgrad nie mehr herankommen werde. Dass ich nun wieder an diese Ergebnisse nah herankomme, gibt natürlich Selbstvertrauen und ist auch ein bisschen der Lohn für die Arbeit der letzten Jahre.
Haben Sie sich für die Halle oder auch schon den Sommer bereits konkrete Ziele gesetzt – sei es eine bestimmte Weite oder Platzierung bei den internationalen Höhepunkten?
Max Heß:
In der Halle ist jetzt meine Bestleistung ins Visier geraten. Das Gleiche gilt dann auch für den Sommer – wobei ich mit einem viertel Auge auch auf den deutschen Rekord schiele. Aber das wird sich zeigen. Platzierungen möchte ich gar nicht aussprechen, da ich die Teilnehmerfelder noch nicht kenne. Aber wenn die Olympiafinalisten dabei sind, wird es auch eine schwierige EM, da dort dann die drei besten Springer der Welt antreten. Eine konkrete Prognose kann ich nicht abgeben, denke aber, dass ich ganz gut vorne mitspringen kann.
Aktuell haben Sie unter dem Hallendach eine weitere Bestmarke stehen als bei Freiluft-Wettkämpfen. Haben Sie eine Vorliebe, ob Sie lieber drinnen oder draußen springen? Oder was den Belag angeht?
Max Heß:
Ich bin relativ anpassungsfähig. Ich bin keiner, der einen bestimmten Boden bevorzugt. Meine Bestleistung bin ich damals in Belgrad auf einem künstlich aufgebauten Schwingboden gesprungen, jetzt in Metz war es ein normaler Hallenboden, wie in jeder anderen Leichtathletikhalle auch. Deswegen habe ich keine Priorisierung. Aktuell liegt mir die Halle ein wenig mehr, was die PB wiederspiegelt. Aber ich hoffe, dass ich das im Sommer umdrehen kann und bei guten Bedingungen im legalen Bereich in Richtung Hallen-PB oder weiter springen kann.
Zunächst stehen die Deutschen Hallenmeisterschaften in Dortmund an. Wie sieht für die kommenden zwei Wochen Ihr Fahrplan ausr?
Max Heß:
Einen konkreten Plan gibt es noch nicht, aber die kommende Woche wird wahrscheinlich ein bisschen ruhiger. Vor den Deutschen werden wir dann den Wettkampf vorbereiten. An der Intensität im Training ändern wir nichts mehr. Anders als im Sommer, wo die Deutschen sehr früh in der Saison waren und ich eher aus dem Training heraus gesprungen bin, befinde ich mich aktuell schon im Wettkampfmodus und entsprechend gehen wir die Deutschen auch voll an.
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