Mit einer Zeit von 54,86 Sekunden über die 400 Meter Hürden-Distanz meldete sich Elena Kelety in der Saison 2024 eindrucksvoll zurück. Dabei musste sie in ihrer Karriere bislang weitaus mehr Hürden überwinden als nur die auf der Kunststoffbahn.
„Es ist ein ganz schönes Traumjahr“, resümiert Elena Kelety (Frankfurt Athletics) die vergangenen Monate. Dabei ist der Start in die Sommersaison für die 25-Jährige nicht nach Plan verlaufen. Nach einem vielversprechenden Saisoneinstieg im schweizerischen St. Gallen mit 56,19 Sekunden über ihre Hausstrecke, die 400 Meter Hürden, forderten muskuläre Probleme eine fünfwöchige Wettkampfauszeit, in der das Training nicht planmäßig verlaufen konnte.
Es war nicht das erste Mal, dass die gebürtige Frankfurterin von Verletzungssorgen ausgebremst wurde. Mit 13 Jahren bricht sie sich dem Arm beim Stabhochsprung-Wettkampf und hat in der Folge noch Jahre später mit den Auswirkungen dieses Bruches zu kämpfen.
2015 folgt der erste internationale Einsatz bei der U18-Weltmeisterschaft, damals noch als Siebenkämpferin. Weitere Operationen des Arms sind erforderlich und das wichtige Wurftraining für den Siebenkampf mehr als ein Jahr nicht möglich. Doch diese Rückschläge lenken ihre Karriere später in eine neue Richtung. Für Elena Kelety ist Aufhören keine Option und so probiert sie sich „aus Spaß“ über die 400 Meter-Strecke. Die Silbermedaille bei den U20-Europameisterschaften in Grosseto (Italien) 2017 mit der 4x400-Meter-Staffel ist das Ergebnis.
Vom Siebenkampf zur Langhürde
Elena Kelety, die mit vier Jahren mit der Leichtathletik begonnen hat, absolvierte eine vielseitige sportliche Ausbildung und entdeckte zunächst die Liebe zum Mehrkampf. Durch die abwechslungsreiche Grundlage des Mehrkampfs und einer guten Hürdenausbildung erfolgt erstmals im Jahr 2019 unter ihrem damaligen Trainer Andreas Genz der Ausflug zu den 400 Meter Hürden. Dieser wird mit Platz drei bei den Deutschen U23-Meisterschaften belohnt und besiegelt den Disziplinwechsel.
„Ich habe viel Spaß am Mehrkampf gehabt, aber alles passiert aus einem guten Grund“, reflektiert die 25-Jährige heute den verletzungsbedingten Wechsel vom Siebenkampf zur Langhürde. Neben dem Sport treibt Elena Kelety auch ihre akademischen Ziele voran. Nach einem Bachelorabschluss in Biochemie in Köln folgte ein Auslandsstudium in den USA, an der University of South Carolina. Dort studierte sie Biomedical Science.
Die Zeit in den USA beschreibt die Langhürden-Spezialistin als fordernd: „Ich würde meine Entscheidung nicht rückgängig machen, ich habe menschlich viel über mich gelernt. Das System kann funktionieren, hat aber für mich aufgrund unterschiedlicher Faktoren nicht geklappt.“ Im Sommer 2023 ist eine Fuß-Operation notwendig, zurück in Deutschland folgen die ersten Laufversuche.
Trainerwechsel, Fortschritte, Rückschläge, Paukenschag
In Deutschland vollzieht sie Ende 2023 den Trainerwechsel zu Robert Schieferer. Mit 400-Meter-Sprinterin Sabrina Heil sowie Finn Kohlenbach und Sven Müller (alle Frankfurt Athletics) zählen weitere starke Athleten zur Trainingsgruppe. An die Saison 2024 stellte sie zunächst keine hohen Erwartungen. Eine wichtige Stütze in dieser Zeit: Trainer Robert Schieferer. „Mein Trainer hat stetig an mich geglaubt, auch in Phasen, an denen ich selbst nicht an mich geglaubt habe.“
Die muskulären Probleme, die sie nach dem Saisonauftakt ereilten, zwangen zum Verzicht auf die Deutschen Meisterschaften in Braunschweig. Doch durch die Verletzungen der zurückliegenden Jahre ist Elena Kelety gewachsen und weiß mit diesen Situationen umzugehen. „Die Leidenschaft für den Sport war immer da und ich habe mir gesagt, dass ich nicht nach einer Verletzung aufhören will“, sagt sie. Diese Einstellung und die Unterstützung aus ihrem Umfeld tragen die Hürdenläuferin durch die fordernde Zeit.
Nach dem Wiedereinstieg läuft es rund: Dreimal verbessert sie ihren Hausrekord. „Es war unglaublich, weil ich überhaupt nicht damit gerechnet habe. Ich konnte die Rennen genießen und hatte viel Freude dabei“, blickt Elena Kelety zurück auf eine Saison, die sie mit der ersten 54er-Zeit (54,86 sec) bei der Stadioneröffnung in Dresden abschließt.
Mentale Stärke
Die Kombination aus neuem Trainer, neuem Trainingsansatz und der mentalen Arbeit wird der Schlüssel zum Erfolg. „Individuell – ganzheitlich – lösungsorientiert“, lautet die Philosophie von Trainer Robert Schieferer. Daneben sind hohe Intensitäten in hoher Qualität im Training von Bedeutung.
Die vergangenen Jahre haben Elena Kelety die Geduld gelehrt, dem Körper sowohl in Verletzungs- als auch in Trainingsphasen die notwendige Ruhe zu geben. Diese körperliche und mentale Entwicklung zahlt sich aus. „Ich habe mich unabhängig gemacht von den Ergebnissen, die ich erziele“, meint sie. Nach vielen Rückschlägen habe ihr das Jahr 2024 viel zurückgegeben.
Bei den Wettkämpfen ist Elena Kelety durch ihre Sportsonnenbrille unverkennbar. Diese hat allerdings rein funktionale Gründe. Nachdem sie während eines Wettkampfs eine Kontaktlinse verloren hatte, schützt die Brille nun davor. „Mittlerweile wird über die Brille auch der Wettkampfmodus eingeleitet“, schmunzelt Elena Kelety.
Ziel: Direktqualifikation für WM
Für die Saison 2025 ist der Wechsel vom Königsteiner LV zu Frankfurt Athletics vollzogen. „Ich möchte mich weiter professionalisieren und Frankfurt Athletics gibt mir die Möglichkeit dazu“, sagt Elena Kelety, die neben dem Sport Ernährungstherapie im Fernstudium studiert und in einem Start-up-Unternehmen als Werkstudentin arbeitet.
Eine Hallensaison wird die 25-Jährige nicht bestreiten. Der Fokus liegt auf der langen Sommersaison, in der die Direktqualifikation für die Weltmeisterschaften in Tokio (Japan; 13. bis 21. September) das Ziel ist. Um die Norm von 54,65 Sekunden zu erfüllen, wäre eine weitere Verbesserung ihres Hausrekordes notwendig. Ein Weg, für den Elena Kelety trotz oder gar durch die Hindernisse der vergangenen Jahre die notwendige Kraft gesammelt hat.