Bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig haben im zurückliegenden Sommer acht Athletinnen und Athleten ihren ersten nationalen Einzeltitel bei den Erwachsenen gewonnen. Für einige kam das überraschend, andere blicken trotzdem nicht nur zufrieden auf die Saison zurück. Wir stellen sie alle vor, heute Kugelstoßer Eric Maihöfer (VfL Sindelfingen).
Eric Maihöfer
VfL Sindelfingen
Bestleistung:
Kugelstoßen: 19,78 m (2024)
Erfolge:
Silber U23-EM 2023
Fünfter U23-EM 2021
Deutscher Meister 2024
Schon in seinem ersten Jahr mit der Männerkugel kratzte Eric Maihöfer 2021 an der 20-Meter-Marke. Als damals 19-Jähriger stieß er das 7,26-Kilo-Gerät auf 19,75 Meter und deutete sein großes Potential an. Diese Leistung war allerdings ein Ausrutscher nach oben. Es dauerte bis zum zurückliegenden Sommer, in dem der inzwischen 23-Jährige das Niveau erreichte, um konstant Weiten im Bereich um 19,50 Meter und endlich wieder eine neue Bestleistung zu erzielen.
Dies gelang mit 19,78 Meter genau beim Saisonhöhepunkt, den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig, und wurde mit dem ersten nationalen Titel in der Männerklasse belohnt. Der Athlet des VfL Sindelfingen bewies damit, dass er sich auch mentale Stabilität im Ring erarbeitet hat. Er ist nach Silas Ristl (LAC Essingen) in der Halle der zweite Drehstoßer aus der Trainingsgruppe von Artur Hoppe in Stuttgart, der sich in diesem Jahr erstmals den nationalen Titel geholt hat. Das nächste Ziel des angehenden Bundespolizisten ist die 20-Meter-Marke.
Anfänge im Mehrkampf
In seiner Heimat in Großdeinbach in Baden-Württemberg schaute Eric Maihöfer im Grundschulalter seiner älteren Schwester Lisa beim Leichtathletik-Training zu. Eines Tages nahm er noch in Jeans und Straßenschuhen selbst die ersten Hürden in Angriff und ging dann regelmäßig zur Kinderleichtathletik der LG Staufen bei Trainerin Sylvia Seidel. Später übernahm Vater Edgar, selbst Zehnkämpfer, die Betreuung. Im Mehrkampf feierte auch Sohn Eric seine ersten Erfolge.
Beim fünften Platz bei der Mehrkampf-DM in Lage 2015 im Neunkampf zählten die Wurfdisziplinen zu den Stärken des damaligen M14-Athleten, der aber zum Beispiel auch im Stabhochsprung ein Jahr später 3,90 Meter überwand und damit zu den besten Athleten seiner Altersklasse zählte. Schon damals trainierte der Nachwuchsathlet häufiger am Olympiastützpunkt im nahegelegenen Stuttgart. „Mein Vater hat sich dort Unterstützung für sein Training geholt, um möglichst gut über alle Disziplinen Bescheid zu wissen.“ In seinem Verein hatte der U16-Athlet ambitionierte Mitstreiter, mit denen er mit der Neunkampf-Mannschaft bei der Mehrkampf-DM 2016 die Silbermedaille gewann.
Vom Mehrkampf zum Kugelstoßen
Mit dem Aufstieg in die U18, wo auch die 400 Meter und 1.500 Meter im Zehnkampf gelaufen werden, verlor der Mehrkampf dann an Attraktivität. „Das war nicht so mein Ding“, erzählt Eric Maihöfer, für den als Spezialdisziplinen Kugelstoßen, Stabhochsprung oder Dreisprung in Frage kamen. „Ich habe beim Training in Stuttgart schon Tobias Dahm oder Simon Bayer beim Kugelstoßtraining gesehen. Sie hatten immer Spaß. Das war ein Grund, warum ich mich für diese Disziplin entschieden habe.“
Auch ein Argument fürs Kugelstoßen war, dass Ausdauer eine untergeordnete Rolle spielt. Und so kam es dazu, dass sich der damals 16-Jährige der Gruppe von Artur Hoppe anschloss. Das zahlte sich schnell aus. In seinem zweiten U18-Jahr belegte er bei der Jugend-DM mit der Fünf-Kilo-Kugel und einer Weite von 16,90 Metern den fünften Platz.
Zwei nationale Titel in der U20, aber kein Einsatz im Nationaltrikot
Vielversprechend verlief auch der Start in die Altersklasse U20. Schon in der Halle flog die Sechs-Kilo-Kugel auf 18,27 Meter und ließ für die Freiluftsaison auf den ersten Einsatz im Nationaltrikot hoffen. Die Norm (18,50 m) für die U20-EM in Borås (Schweden) erschien in Reichweite. Diese Perspektive wurde allerdings zur Belastung und mit den Ergebnissen ging es rückwärts. Schon die 18-Meter-Marke wurde im Verlauf der folgenden Sommersaison zu einer Barriere.
„Ich bin mit den Erwartungen nicht zurechtgekommen. Deshalb habe ich angefangen, mit einem Sportpsychologen zusammenzuarbeiten“, erzählt der DLV-Athlet. „Um die Stimmen im Kopf auszuschalten, habe ich begonnen, mir im Wettkampf vorzustellen, im Training zu sein. Das hat geholfen, mein eigenes Ding zu machen.“ Der Knoten platzte bei der Jugend-DM, als die U20-EM schon Geschichte war. Mit der Steigerung gleich auf 20,02 Meter holte sich Eric Maihöfer den Titel und distanzierte die DLV-Starter der U20-EM deutlich.
Im folgenden Jahr gelangen konstant Weiten um die 20 Meter inklusive der Steigerung der Bestleistung auf 20,42 Meter, ein weiterer Titel bei der Jugend-DM und auch schon 18,39 Meter mit der schwereren Männerkugel. Einen internationalen Start verhinderte die Corona-Pandemie, da die U20-WM um ein Jahr verschoben wurde. Mit dem Abitur am Gmünder Technischen Gymnasium brachte der Sommer dafür auf anderer Ebene einen wichtigen Abschluss.
Kleiner Umweg bis zur Bundespolizei
Neben dem Training nahm Eric Maihöfer nach seinem Schulabschluss zuerst ein Studium in technisch orientierter BWL in Stuttgart auf, stellte aber nach zwei Semestern fest, dass dies nicht richtig passte. „Ich war bereit, Leistungssportler zu werden, aber der Weg war mir noch nicht so klar. Gerade als an der Uni wieder mehr Präsenzveranstaltungen stattgefunden haben, war es schwierig, das Studium mit dem Training zu verbinden.“ Trainer Artur Hoppe war es dann, der seinen Athleten auf die Idee brachte, die Bundespolizei als Ausbildung in Erwägung zu ziehen.
„Ich konnte mir sowieso schon immer gut vorstellen, Polizist zu werden. Die Bundespolizei hat die Möglichkeit angeboten, die Ausbildung mit dem Leistungssport zu verbinden. Ich habe mich beworben und wurde angenommen.“ Kein Hindernis für diese Entscheidung war, dass die vier- bis sechsmonatigen Ausbildungsabschnitte im entfernten Kienbaum stattfinden. „Ich kannte das Sportzentrum dort schon und es bietet beste Bedingungen.“ Inzwischen hat der dritte Ausbildungsabschnitt begonnen, im Januar steht ein Praktikum am Stuttgarter Hauptbahnhof an. Der Abschluss ist für Februar 2026 geplant. „Für mich ist das optimal, so bin ich auch beruflich abgesichert.“
U23-Jahre enden mit EM-Silber
Sportlich begann die U23-Zeit mit dem schon angesprochenen Ausrutscher nach oben auf 19,75 Meter und endlich dem ersten Start im Nationaltrikot bei der U23-EM 2021, der dank des zweitbesten Wettkampfs der Karriere mit einer 19-Meter-Weite Rang fünf (19,27 m) einbrachte.
Im Jahr 2022 verhinderte eine Verletzung am Handgelenk 19-Meter-Ergebnisse. 2023 ging es wieder bergauf und beim zweiten Start bei einer U23-EM gelang ein Podestplatz: 19,44 Meter bedeuteten Silber hinter Trainingskollege Tizian Lauria (VfL Sindelfingen; 19,80 m). „Alles hat noch nicht zusammengepasst, aber ich habe mich mit der Medaille belohnt.“
Dass Trainer Artur Hoppe eine starke Trainingsgruppe aufgebaut hat, ist ein Erfolgsfaktor. „Ich bin schon früh zu Artur gewechselt und so konnte ich meine Leistung kontinuierlich entwickeln“, sagt Eric Maihöfer. „Im Trainingsalltag fordern wir uns gegenseitig und profitieren voneinander. Stuttgart ist zu einem kleinen Kugelstoß-Mekka geworden.“
Leichte Umstellungen im Training führen zu mehr Konstanz
Die Arbeit trägt Früchte. Im zurückliegenden Sommer erzielte der Athlet des VfL Sindelfingen sieben seiner zehn größten bisherigen Weiten. Diesen Aufwärtstrend erklärt er mit einem veränderten Krafttraining. „In der Maximalkraft sind wir mit den Gewichten etwas runter gegangen, damit ich in den Technikeinheiten im Training weniger ermüdet bin sondern genauso fit und schnell wie im Wettkampf.“ Resultat waren vier Wettkämpfe mit Weiten jenseits der 19,50 Meter und die neue Bestleistung beim DM-Titel.
Der kontinuierliche Aufstieg soll im kommenden Jahr weitergehen. Im Moment läuft das Training in Kienbaum parallel zum Ausbildungsabschnitt bei der Bundespolizei. Die Einheiten begleitet der frühere Diskus-Weltrekordler Jürgen Schult. „Wir arbeiten gerade an der Fitness mit Kraftkreisen, vernachlässigen aber auch das Stoßen nicht. Wir stoßen mit leichteren und schwereren Kugeln. Häufiger als bisher messen wir auch die Weiten und wollen eine aufsteigende Tendenz erreichen“, erzählt der Deutsche Meister.
Die 20-Meter-Marke ist das nächste Ziel und diese möglichst konstant zu übertreffen. „Dann habe ich schon Chancen, zu größeren Meetings zu fahren und Punkte für das Rankingsystem zu sammeln.“ Die internationale Konkurrenz soll ein weiteres Stück näher rücken. Und vielleicht kommt bald auch mal wieder ein Ausrutscher nach oben.
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Das sagt Bundestrainer Wilko Schaa: |
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Eric hat früh in der U23 eine gute Weite erzielt. Dieser Stoß war ein Volltreffer. Technisch hat dabei vieles zusammengepasst. Das ist ihm seitdem nicht wieder so gut gelungen. In diesem Jahr konnte er dennoch seine Bestleistung steigern. Noch wichtiger ist der verbesserte Durchschnitt seiner Wettkampfergebnisse. Die Zubringerwerte in den Bereichen Sprint, Sprung und Kraft versprechen schon deutlich größere Weiten. Eric ist ein guter Athlet, kann das im Ring aber noch nicht optimal umsetzen.
Die Geschwindigkeit im Wettkampf ist ausbaufähig und auch die Technik. Es fehlt die Verzögerung. Die Bewegungen passieren gleichzeitig statt nacheinander, zum Beispiel von Hüfte und Stoßschulter. Das ist schwierig umzustellen. Eric und Artur arbeiten aber daran. Ein Ansatz ist, mehr mit leichteren Kugeln zu trainieren. Auch das Krafttraining ist mittlerweile mehr auf Dynamik ausgelegt statt auf Masse. Physisch hat Eric schon mindestens eine hohe 20er-Weite drauf. Es gilt, alles zusammenzubringen, um dieses Potential zu nutzen.