| Interview

Moritz Bartko: "Zehnkampf bedeutet weiterzumachen, wenn etwas nicht gut läuft"

© Iris Hensel
Mit nur neun Disziplinen zum Titel im Zehnkampf! Dieses besondere Kunststück gelang Moritz Bartko (SC Potsdam, 6.882 pt) am Wochenende in der männlichen U20 bei den Deutschen Mehrkampf-Meisterschaften in Hannover. Im Interview der Woche erzählt er, wie sein Umfeld ihn nach der Hürden-Disqualifikation wieder aufbauen konnte und welche Rolle der Leistungssport in seiner Familie spielt.
Birte Grote

Moritz Bartko, herzlichen Glückwunsch zu diesem verrückten Titel! Wie geht es dir nach dieser emotionalen Achterbahnfahrt?

Moritz Bartko:
Vielen Dank. Der Tag hat wirklich schrecklich für mich begonnen mit der Disqualifikation über die Hürden. Aber mein ganzes Team, das heute hier war, insbesondere meine Eltern und mein Trainer, hat mich so gut aufgefangen, dass ich den Tag überstehen konnte. Jetzt bin ich natürlich richtig glücklich. 

Was haben sie dir gesagt, um dich wieder aufzubauen?

Moritz Bartko:
Sie haben mir gesagt, dass jetzt erst der Zehnkampf beginnt. Dass man auch dann kämpfen und weitermachen muss, wenn etwas nicht gut läuft. 

Was ist genau über die Hürden passiert? 

Moritz Bartko:
Ich glaube, ich bin an der fünften Hürde mit dem Knie hängen geblieben und habe dann einen Schlenker rüber gemacht, um mich zu retten. Ich bin fast gestürzt. Dabei habe ich die Hürde von der Nachbarbahn abgeräumt. Dadurch wurde ein anderer Läufer behindert. 

Du hast danach trotzdem noch weitere starke Leistungen abgeliefert: die Bestleistung im Stabhochsprung mit 4,80 Metern und die Disziplinsiege im Speerwurf und über 1.500 Meter. Wie hast du es geschafft, dich zu konzentrieren und die Gedanken an die null Punkte zu verdrängen? 

Moritz Bartko:
Das kam dann, nachdem der Diskuswurf gut lief. Ab da war ich wieder mit dem Kopf beim Zehnkampf und nicht mehr nur bei den Hürden. Das hat mir die Energie gebracht, mich wieder voll reinzuhängen und weiterzumachen. 

Wann hast du gemerkt, dass es sogar doch noch in Richtung Sieg gehen könnte? 

Moritz Bartko:
Das war nach dem Speerwerfen. Mein Trainer Maco Gerloff hat mir die Tabelle gezeigt und gesagt, dass da noch etwas möglich ist. 

Hat der Titelgewinn dafür gesorgt, dass der Ärger über die verlorene starke Bestleistung verflogen ist? 

Moritz Bartko:
Es ist immer noch unglücklich. Aber wir sind im Sport und da kann so etwas immer passieren. Jetzt ist es vergessen. Insgesamt war es ja ein starker Wettkampf. Für den ersten Tag habe ich immer noch keine Worte. 

Du hast Anfang Juni beim Qualifikationswettkampf für die U20-Weltmeisterschaften in Bernhausen auch schon einen starken Zehnkampf abgeliefert, für das Ticket nach Lima hat es aber noch nicht gereicht. Bist du trotzdem zufrieden, dass dein Saisonhöhepunkt nun die DM in Hannover ist? 

Moritz Bartko:
Ja, auf jeden Fall. Mein Trainer und ich haben von Anfang an gesagt, dass die DM im Fokus steht. Dass es in Bernhausen so gut läuft, damit hatte niemand gerechnet. Das war für mich keine Enttäuschung, Dritter zu werden, sondern ein Erfolg! Und ich habe ja auch noch ein Jahr in der U20. 

Dein Vater ist der zweimalige Olympiasieger im Bahnradfahren, Robert Bartko. Wie kommt es denn, dass du zur Leichtathletik gekommen bist und nicht auch Rennrad fährst? 

Moritz Bartko:
Auf der Bahn habe ich das tatsächlich noch nie ausprobiert. Ich fahre nur gerne in meiner Freizeit draußen Rad, natürlich auch mit meinem Papa zusammen. Aber das ist eher ein guter Ausgleich für mich. Meine Mutter hat auch Leichtathletik gemacht und durch sie bin ich zur Leichtathletik gekommen. 

War für dich dann auch immer klar, dass es für dich auch mal in Richtung Leistungssport gehen soll, wenn es schon in der Familie liegt? 

Moritz Bartko:
Am Anfang habe ich das natürlich schon nur aus Spaß gemacht. Ich gehe aber auf die Sportschule in Potsdam und ab der neunten oder zehnten Klasse hat sich dann herauskristallisiert, dass es in Richtung Leistungssport gehen soll. Meine Eltern unterstützen mich dabei. Deswegen geht ein großer Dank an sie. Egal, wo meine Wettkämpfe sind, ob die Deutschen Meisterschaften in Hannover oder Koblenz sind, es ist immer mindestens ein Elternteil dabei. Das ist nicht selbstverständlich. 

Hat sich auf der Sportschule dann auch herausgestellt, dass du Zehnkämpfer wirst? 

Moritz Bartko:
In der achten oder neunten Klasse spezialisiert man sich bei uns. Da hatte ich aber das Gefühl, dass ich nirgendwo so richtig hingehöre. Ich habe dann bei Toralf Neumann das Mehrkampf-Training angefangen und mich dort wohlgefühlt. Jetzt bin ich im Mehrkampf-Team Potsdam unter anderem mit Tyrel Prenz in einer Trainingsgruppe. Er war ja auch nach einer Saison mit Höhen und Tiefen im Staffelpool für die 4x400 Meter in Paris mit dabei. Das ist schon Wahnsinn. Das motiviert uns alle. 

Im Mehrkampf wird ja häufig kategorisiert in „Werfer-Typen“ oder „Springer-Typen“. Dich kann man aber eigentlich als Allrounder nirgendwo so richtig einsortieren, oder? 

Moritz Bartko:
Früher hatte ich auf jeden Fall Schwächen in den Wurfdisziplinen. Das haben wir aber in den vergangenen Jahren gut aufarbeiten können. 

Was ist denn für dich das Beste am Mehrkampf? Hast du eine Lieblingsdisziplin? 

Moritz Bartko:
Ich glaube, das ist unabhängig von den Disziplinen das Gefühl, den Mehrkampf durchzuziehen und dann zusammen zu beenden. Das ist die gemeinsame Freude mit den anderen, nachdem man die Ziellinie bei den 1.500 Metern überquert hat. Ich glaube, das können auch nur die nachvollziehen, die schon einmal einen Zehnkampf gemacht haben. 

Mehr: 
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