Mit einem erfolgreichen Test vor dem Saisonhöhepunkt, der U20-WM in Lima (Peru), hat Siebenkämpferin Pia Meßing bei der U20-DM in Koblenz zwei Medaillen in Einzeldisziplinen gewonnen. Im Interview spricht die Gladbeckerin über die Liebe zum Mehrkampf, ihre bisherige Saison und verrät, welche Glücksbringer sie immer dabei hat.
Pia Meßing, herzlichen Glückwunsch zu gleich zwei DM-Medaillen – Silber über 100 Meter Hürden und Bronze im Speerwerfen. Wie ist es für dich, als Siebenkämpferin die Spezialistinnen nicht nur zu ärgern, sondern es bis auf das Treppchen zu schaffen?
Pia Meßing:
Ich liebe das. Jedes Mal fahre ich zu einer Einzel-DM und denke mir, dass ich hier weiter vorne mit dabei sein möchte. Das nehme ich mir jedes Jahr vor. Das Gefühl ist echt cool und ich mag es echt gern.
Wieso hast du dich neben dem Start mit deiner Vereinsstaffel dafür entschieden, über die Hürden und im Speerwurf anzutreten?
Pia Meßing:
Ich hätte auch gern Weitsprung gemacht. Aber das hätte sich mit dem Hürden-Vorlauf überschnitten. Darum musste ich mich entscheiden und da habe ich mir gesagt, dass ich mit Hürde das schwierigere nehme. Weil ich zur Vorbereitung auf die U20-WM in Lima noch mal drei gute Rennen liefern wollte.
Sind die Hürden auch deine Lieblingsdisziplin oder machst du als Mehrkämpferin alle sieben Disziplinen gern?
Pia Meßing:
Ja, definitiv Hürde. Ich liebe diese Disziplin und es macht auch Spaß, damit jedes Mal in den Siebenkampf einzusteigen. Aber ich mag trotzdem auch Speer und Weitsprung total gerne. Hürden bleibt aber die absolute Lieblingsdisziplin.
Es gab unter anderem mit der Niederländerin Nadine Visser auch schon Athletinnen, die erfolgreich vom Mehrkampf zur Hürde gewechselt sind – wäre das für dich auch eine Option?
Pia Meßing:
Nein, ich glaube nicht. (lacht) Dafür brenne ich viel zu sehr für den Mehrkampf. Und wenn da nichts dazwischen kommt, will ich den Mehrkampf auch weiter verfolgen. Ausschließen kann man es aber nie. Der Fokus liegt aber klar auf dem Mehrkampf.
Die Saison dauert bereits länger an – wie zufrieden bist du bisher mit dem Verlauf deiner Sommersaison?
Pia Meßing:
Tatsächlich bin ich noch nicht so mega zufrieden. Weil ich bisher noch nie so die Werte auf die Bahn bekommen habe, wie ich sie wollte. Klar habe ich den Speer schon über die 50 Meter geworfen – und das auch relativ früh. Damit war ich sehr zufrieden. Aber ansonsten liefen die Disziplinen noch nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Jetzt gerade nimmt das alles Form an und ich freue mich auf den absoluten Höhepunkt dann in Lima.
Dieser findet mit den U20-Weltmeisterschaften vom 27. bis zum 31. August in Peru statt. Wie geht es bei dir bis dahin noch weiter?
Pia Meßing:
Ich mache jetzt erst einmal eine Woche Urlaub und gönne mir die volle Pause. Einmal komplett weg von der Leichtathletik, um runterschalten zu können. Danach fahren wir noch einmal ins Trainingslager nach Kienbaum und bereiten mich sonst bestmöglich zu Hause in Gladbeck vor. Ich bin da sehr zuversichtlich.
Welche Ziele hast du dir für die U20-WM gesetzt?
Pia Meßing:
Ich möchte auf jeden Fall eine richtig gute Punktzahl machen, mit der ich zufrieden bin. Was die Platzierung angeht, das kann man nie so genau sagen. Aber da ich als Dritte gemeldet bin, schaut man schon auch auf die Medaillen. In erster Linie geht es mir aber darum, einen guten Wettkampf zu machen, und den Rest wird man sehen.
Zuvor sind in Paris die Olympischen Spiele. Wirst du die Wettkämpfe und insbesondere den Siebenkampf verfolgen, ist das noch einmal zusätzlich Ansporn in Richtung U20-WM?
Pia Meßing:
Ja, auf jeden Fall. Da sind dann so viele Leute dabei, die man kennt und da freue ich mich drauf. Ich denke, das gibt einem dann noch mal extra Motivation, das selber nachmachen zu können.
Hast du spezielle Vorbilder im Sport, zu denen du aufschaust?
Pia Meßing:
Ja! Ich muss sagen, dass mich Anna Hall total flasht. Jedes Mal, wenn ich sie sehe, begeistert mich ihre Ausstrahlung und ihr Fokus. Das ist so eine richtige Athletin und ein Vorbild.
Bist du auch wegen Anna Hall selbst Siebenkämpferin geworden oder warum hast du dich ausgerechnet für diese Disziplin entschieden?
Pia Meßing:
Bei meinem alten Verein damals habe ich alles gemacht und dann hatte mich mein Landestrainer und jetziger Heimtrainer Oliver Sell gesichtet. Dann kam das eine zum anderen und ich bin beim Siebenkampf geblieben. Auch weil die Zubringer immer wieder für den Siebenkampf gesprochen haben. Und am Ende muss ich auch sagen, dass ich für den Siebenkampf brenne. Ich könnte mich auch nicht entscheiden, was ich ohne ihn machen würde.
Deine Stärken liegen vor allem im Hürdensprint und im Speerwurf. Wo siehst du hingegen bei dir noch am meisten Verbesserungsbedarf ?
Pia Meßing:
Ich denke, dass es ein normaler Prozess ist, dass sich das Kugelstoßen verbessert, wenn man älter wird – allein durch die Kraftwerte, die man da nach und nach bekommt. Ansonsten denke ich, dass ich den Hochsprung verbessern kann. An sich gibt es aber überall noch Steigerungspotenzial, und genau da freue ich mich auch, wenn das dann klappt.
Für den Mehrkampf bedarf es eines sehr vielfältigen Trainings – wie sieht bei dir eine klassische Trainingswoche aus?
Pia Meßing:
Ich trainiere sechs Mal die Woche für jeweils gut zweieinhalb Stunden. Meistens sind da immer zwei Technikeinheiten und ein- bis zweimal in der Woche Läufe dabei. Allgemein trainiere ich sehr vielfältig. Denn ich muss alles gut trainieren und mich weiterentwickeln.
Wie steht es um die Motivation, speziell im Wettkampf. Wie gehst du damit um, wenn mal eine Disziplin nicht so gut läuft?
Pia Meßing:
Da sind mein Trainer und meine Familie von sehr hoher Bedeutung, wenn sie dabei sind. Am Ende muss man das aber dann einfach abhaken können und weiterkämpfen. Und ich weiß ja, dass weitere gute Disziplinen kommen, wenn mal etwas nicht so gut funktioniert. Der zweite Tag mit Speerwerfen und Weitsprung ist der Tag, an dem ich noch mal punkte. Darauf verlasse ich mich auch. An der Motivation scheitert es bei mir nicht, auch wenn man mal kurzzeitig den Kopf in den Sand steckt.
Mehrkämpfer haben insgesamt nur wenige Wettkämpfe im Jahr, wobei zwischen Meetings und Meisterschaften unterschieden wird. Niklas Kaul gehört eher zu den Athleten, die eine Meisterschaft bevorzugen. Wie ist das bei dir, wo startest du lieber?
Pia Meßing:
Ich schließe mich da Niklas Kaul an. (lacht) Die beiden Meisterschaften, die ich in Jerusalem erleben durfte, haben mir richtig gut gefallen. Wenn man sich zum Beispiel nach dem Speerwerfen am zweiten Tag noch mal ins Bett legen und eine Warm-Kalt-Dusche machen konnte oder sich mit dem Trainer in Ruhe auf die 800 Meter vorbereiten konnte. Aber ich mag auch Meeting-Wettkämpfe. Letztlich muss man beides können.
Wie erlebst du das Gemeinschaftsgefühl unter den Mehrkämpfern – auch im Vergleich zu den Starts in den Einzeldisziplinen, wie jetzt am Wochenende in Koblenz? Gibt es diese viel beschriebene Mehrkampffamilie tatsächlich?
Pia Meßing:
Ja, total. Der Unterschied ist wirklich enorm. Beim Mehrkampf haben wir uns alle total lieb, wenn ich das so sagen darf, und haben uns gegenseitig ins Herz geschlossen. Bei Einzeldisziplinen merkt man hingegen die Anspannung und da spricht auch niemand im Callroom miteinander. Das hast du beim Mehrkampf nicht. Da pushen sich alle gegenseitig und reden einander gut zu. Beim Mehrkampf ist da ein echtes Familiengefühl.
Nicht nur die Mehrkampffamilie hat für dich eine große Bedeutung, sondern auch deine eigene Familie. Was hat es mit deinen Glücksbringern auf sich?
Pia Meßing:
Ich trage immer ein Armband mit Anhängern, wo meine ganze Familie dran ist. Dann trage ich Ringe von meiner Mama, meiner Patentante und meiner besten Freundin. Und eine Kette, bei der auf den Anhängern die Geburtstage von meiner Oma und meinem Opa eingraviert sind. Das sind schon alles Glücksbringer für mich und gehören immer mit dazu. Ich glaube auch dran, dass die mir helfen.