| DM 2024

9,99 Sekunden! Owen Ansah schreibt deutsche Sportgeschichte

© Theo Kiefner
Auf diesen Augenblick haben die deutschen Leichtathletik-Fans Jahrzehnte gewartet. In Braunschweig war es so weit: Owen Ansah stürmte in 9,99 Sekunden zur ersten 100-Meter-Zeit eines deutschen Sprinters unter der magischen Zehn-Sekunden-Marke. Den Deutschen Rekord veredelte der Hambuger mit der direkten Olympia-Norm für Paris.
Martin Neumann

DM 2024 Braunschweig

Um 16:29 Uhr erlebten die Zuschauer am Samstagnachmittag bei den Deutschen Meisterschafen in Braunschweig nichts Geringeres als deutsche Sportgeschichte: Owen Ansah (Hamburger SV) sprintete im 100-Meter-Finale mit 9,99 Sekunden zum Sieg und blieb als erster Deutscher in der Leichtathletik-Geschichte unter der magischen Zehn-Sekunden-Marke. Die Zeit ist nicht nur Deutscher Rekord (vorbehaltlich Ratifizierung), sondern gleichzeitig auch die direkte Norm für die Olympischen Spiele in wenigen Wochen in Paris.

Die acht Jahre alte deutsche Bestmarke von Julian Reus steigerte der Deutsche Meister um zwei Hundertstelsekunden. „Es freut mich, dass der erste Deutsche unter zehn Sekunden geblieben ist. Es wurde Zeit. Wir haben eine Generation an Sprintern, von denen mehrere das Potenzial dazu haben. Owen hat es heute gemacht. Glückwunsch an ihn und sein Team“, gratulierte der entthronte Sprint-Rekordler Julian Reus seinem Nachfolger.

Als die geschichtsträchtige Zeit im Stadion verkündet wurde, stürmte Owen Ansah noch einmal jubelnd über die Bahn, schlug sich auf die Brust und wurde von den Final-Konkurrenten beglückwünscht. Zu den ersten Gratulanten zählte Ricarcda Lobe (MTG Mannheim), die wenige Minuten zuvor die 100 Meter Hürden in neuer Bestzeit von 12,89 Sekunden gewonnen hatte. Beide trainieren in Mannheim gemeinsam bei Sebastian Bayer. „Ich glaube, dass 9,99 noch nicht das Ende ist. Ich hoffe, dass es ein kleiner Trend ist. Dass es zwei, drei Jungs es schaffen, unter zehn Sekunden zu laufen“, sagte der Hallen-Europarekordler im Weitsprung.

29 Grad und leichter Rückenwind

„Es musste irgendwann mal passieren. Heute ist es passiert und ich bin mega-happy, dass ich der Erste bin. Aber angekommen ist es noch nicht. Ich muss mich erst einmal hinsetzen und die Zeit Schwarz auf Weiß sehen“, jubelte Owen Ansah nach seinem Rekord, den er bei optimalen Sprint-Bedingungen von 29 Grad und leichtem Rückenwind (+0,5 m/sec) erzielte. „Ich habe mich top gefühlt, außerdem liebe ich blaue Bahnen wie hier“, so der schnellste Deutsche der Geschichte weiter.

Als weiteren Grund für den Rekord nannte Owen Ansah die starke nationale Konkurrenz. Denn im Finale erwischte Joshua Hartmann (ASV Köln) auf Bahn sechs eigentlich den besseren Start. Auf Bahn drei musste sich Owen Ansah (Reaktionszeit: 0,147 sec) erst an ihm vorbeikämpfen. Das gelang dem Hamburger, mit weit nach vorn gebeugtem Oberkörper sicherte er sich die 9,99 Sekunden.

Joshua Hartmann ist Owen Ansah auf den Fersen

Hinter Owen Ansah stellte Joshua Hartmann mit 10,06 Sekunden seine Bestzeit ein. Titelverteidiger Yannick Wolf (LG Stadtwerke München) schnappte sich mit 10,16 Sekunden Bronze. In den Katakomben erlebte Sprint-Star Gina Lückenkemper (SCC Berlin) das Rekord-Rennen. „Ich habe eine Gänsehaut nach der anderen bekommen“, so die Doppel-Europameisterin von 2022, die kurz nach Owen Ansah mit 11,04 Sekunden ebenfalls zum Titel sprintete.

Für Owen Ansah sind deutscher Rekord und Olympia-Norm die vorläufigen Höhenpunkte nach einer langen Leidenszeit. Der 23-Jährige wurde vergangenes Jahr von einem Ödem am Schambein ausgebremst. Sechs Monate konnte er nicht trainieren. „Das war schon eine harte Zeit, aber die gehört dazu“, erinnerte sich Owen Ansah an die schwierigen Monate. Mehr als ein Jahr konnte er keine Wettkämpfe bestreiten. Nun steht er ganz oben in den Rekordlisten. Mit den drei magischen Ziffern: 9,99.

Die Entwicklung des Deutschen 100-Meter-Rekords

10,2* | Heinz Fütterer, 31.10.1954
10,0* | Armin Hary, 21.06.1960
10,24 | Harald Eggers, 13.10.1968
10,22 | Klaus-Dieter Kurrat, 06.08.1976
10,14 | Eugen Ray, 26.06.1977
10,12 | Eugen Ray, 13.08.1977
10,06 | Frank Emmelmann, 22.09.1985
10,05 | Julian Reus, 26.07.2014
10,03 | Julian Reus, 24.06.2016
10,01 | Julian Reus, 29.07.2016
9,99 | Owen Ansah, 29.06.2024

*) Handzeiten

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