Para-Kugelstoßer Niko Kappel ist in der Nacht zu Montag deutscher Zeit nach sieben Jahren wieder Weltmeister geworden. Zuvor hatten bereits Léon Schäfer (Weitsprung) und Merle Menje (Rennrollstuhl) Gold gewonnen.
Weitspringer Leon Schäfer mit einem Titel-Hattrick, Rennrollstuhlfahrerin Merle Menje und Kugelstoßer Niko Kappel haben bei der Para-Weltmeisterschaft im japanischen Kobe die ersten Gold-Medaillen für den Deutschen Behindertensportverband (DBS) geholt. Der Leverkusener Schäfer gewann im Prothesen-Weitsprung einen echten Krimi. Im letzten Versuch hatte der Niederländer Joel de Jong seine vorherige Bestmarke von 7,03 Meter um einen Zentimeter verbessert. Schäfer konterte im allerletzten Sprung mit 7,22 Metern.
Derweil hat Menje ihr erstes WM-Gold eingefahren. Nach ihrer Silber-Fahrt am Samstag über 5.000 Meter gewann die 19-Jährige am Sonntag das Rennen über 800 Meter. Niko Kappel reichten in der Nacht zum Montag 14,23 Meter im vierten Versuch für die Goldmedaille. Damit setzte er sich nach 2017 zum ersten Mal wieder bei einer Weltmeisterschaft durch. Zweiter wurde Bobirjon Omonov aus Usbekistan vor dem Chinesen Jun Huang.
Von "glücklich" bis "surreal"
"Ich brauche den Druck und finde es geil, dass da jemand ist, der mich ärgern will", sagte Schäfer nach seinem Sieg im strömenden Regen. Und ergänzte mit Blick auf die im August beginnenden Paralympics: "Heute bin ich glücklich, aber ich habe dieses Jahr noch viel vor." Paralympics-Gold fehlt dem gebürtigen Niedersachsen, der bis zu einer Knochenkrebs-Erkrankung von einer Karriere als Fußball-Profi träumen durfte, noch.
"Das fühlt sich gerade surreal an", sagte die in Mainz geborene und für Singen startende Menje: "Ich wusste, dass ich gut drauf bin, aber damit habe ich nicht gerechnet." Sie habe auch nicht geplant, das Rennen von vorneweg zu gestalten: "Eigentlich bin ich gar nicht die gute Starterin. Aber es ging niemand vor. Also hab ich gedacht: Geh vor und schau, was geht." Menje hatte bei der EM vor drei Jahren mit zwei Gold- und zwei Silbermedaillen überrascht und war vom IPC als "German Wunderkind" bezeichnet worden.
Niko Kappel: "Endlich wieder Gold!"
Kappel war mit Selbstvertrauen nach Japan gereist, nachdem er Anfang Mai seinen eigenen Weltrekord geknackt und mit 15,07 Metern eine neue Bestweite aufgestellt hatte. Auch ließ er sich von einer Erkältung und Zahnschmerzen in der Vorbereitung auf den ersten Höhepunkt der Saison nicht aus der Ruhe bringen. "Endlich wieder", sagte Kappel. "Mit meiner Leistung bin ich nicht zufrieden. Durch den Weltrekord vor wenigen Tagen weiß ich, dass ich mehr draufhabe. Bei Meisterschafen zählt aber sowieso nur der Titel."
Sein Vereinskollege vom VfB Stuttgart, Yannis Fischer, gab im Regen von Kobe alles, um seinen überraschenden Titel aus dem Vorjahr zu verteidigen, und steigerte sich am Ende auch noch auf 10,42 Meter im letzten Versuch. Das reichte allerdings nicht, um es erneut aufs Podest zu schaffen. „Bei so einem Highlight nicht seine beste Form zeigen zu können, ist sehr schade. Auf der anderen Seite ging es mir im Januar mit dem Rücken noch so schlecht, da hätte ich gar nicht daran gedacht, überhaupt wieder stoßen zu können“, sagte der 22-Jährige, der unter Peter Salzer trainiert und erst im März wieder ins Training einsteigen konnte. Er hofft nun, seine Rückenprobleme bis zu den Paralympics endgültig in den Griff zu bekommen.
Platz vier gab es auch für Rückkehrerin Lindy Ave, die nach Babypause 13,23 Sekunden für die 100 Meter benötigte, danach aber sagte, dass ihr Hauptaugenmerk in Kobe auf den 400 Metern liegt. Ali Lacin wurde im Weitsprung-Wettkampf hinter Schäfer Sechster, denselben Platz belegte Jule Roß in 13,11 Sekunden über 100 Meter. Charleen Kosche landete im Speerwurf mit 14,34 Metern auf Rang sieben und Isabelle Foerder über 200 Meter in 35,08 Sekunden auf dem achten Platz. Max Marzillier hatte am Vormittag als Neunter das Finale über 100 Meter in 11,64 Sekunden um zwei Hundertstel verpasst. Weitspringer Andreas Walser aus Augsburg landete mit einer Saisonbestleistung von 6,64 Metern auf dem sechsten Platz.
Mit Material der Deutschen Presse-Agentur (dpa)