| Interview der Woche

Domenika Mayer: "Es ist alles immer möglich"

© Norbert Wilhelmi
Neuer Streckenrekord, deutscher Meistertitel und die persönliche Bestzeit um nur drei Sekunden verpasst – der Hannover-Marathon lief für Domenika Mayer (LG Telis Finanz Regensburg; 2:23:50 h) am Sonntag wie am Schnürchen. Im Interview der Woche verrät sie, warum sie sich nach erfolgreicher Olympia-Qualifikation noch für einen Frühjahrsmarathon entschieden hat und mit welcher Einstellung sie in den Olympia-Marathon von Paris gehen will.
Birte Grote

Domenika Mayer, herzlichen Glückwunsch zu dieser starken Leistung! Wie ist es Ihnen auf der Strecke ergangen?

Domenika Mayer:
Am Anfang war das Rennen wirklich gut. Ich bin super reingekommen. Ich merke meist nach zwei Kilometern, ob es gut wird. Im Vorfeld hatte ich ein wenig Husten, aber davon wollte ich mich nicht beeinträchtigen lassen. Im Rennverlauf hat sich der Schleim im Hals nach dem Trinken bemerkbar gemacht, aber die Lunge war frei. Beim Halbmarathon wurde es hart, weil der Wind an den Kräften gezehrt hat. Da habe ich gemerkt, dass es mit einer Zeit unter 2:23:30 Stunden schwierig wird. Das habe ich dann abgehakt, aber das war für mich und meine Pacemaker in Ordnung. Danach konnten wir gut weiterrollen. Ich wurde von einer Konkurrentin lange begleitet, die dafür gesorgt hat, dass ich mich nicht ausruhen konnte.

Sie hatten nach ihrem letzten Marathon im Herbst in Berlin Verletzungsprobleme, die Sie eine Weile ausgebremst hatten. Ging es heute ohne Schmerzen?

Domenika Mayer:
Nicht ganz, hinten raus wurde es richtig hart, weil ich Krämpfe bekommen habe. Das ist mir das erste Mal passiert. Aber ich bin froh, dass ich weder meine Plantarsehne von Berlin noch meine Hüfte oder den Oberschenkel gemerkt habe. Wenn man so eine Verletzung hatte, bleibt die immer eine Schwachstelle, auf die man den Fokus legen sollte.

Sie hatten sich im Vorfeld darauf gefreut, heute Ihren ersten Marathon ganz ohne Norm-Druck zu laufen. Hat sich das im Rennen bemerkbar gemacht?

Domenika Mayer:
Ja genau, ich hatte keinen Druck, aber natürlich hat man trotzdem persönliche Ziele. Und diese Ziele sind dann im Rennen auch präsent. Mein Mann hat bei Kilometer 39 gesagt: "Unter 2:24 bleibst du aber schon." Da hab ich gedacht: "Oh, jetzt muss ich dranbleiben."

Sie sind für die Olympischen Spiele in Paris bereits fest nominiert. Warum ist die Entscheidung gefallen, noch einen Frühjahrsmarathon mitzunehmen?

Domenika Mayer:
Dass ich bei Olympia starte, heißt ja nicht, dass ich im nächsten Jahr wieder automatisch die Kadermitgliedschaft habe. Daran hängt ja auch mein Status in der Sportfördergruppe der Polizei. Deswegen fanden wir es sehr riskant, im Dezember oder im November erst die Kadernorm zu anzugehen. Wir wollten hier lieber auf Nummer sicher gehen. Dazu kommt, dass man auch mal zeigen möchte, was man drauf hat, wenn man so viel trainiert.

Der Kampf um die deutschen Marathon-Tickets für Paris war sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen so spannend wie vielleicht noch nie. Wie haben Sie das mitverfolgt? Haben Sie sich die Livestreams angeguckt, wenn Ihre direkten Konkurrentinnen versucht haben, Ihre Zeit zu unterbieten?

Domenika Mayer:
Ja, wir sind bei jedem Marathon mit Herz dabei. Bei Miri [Miriam Dattke] war ich auch zum Anfeuern in Frankfurt vor Ort. Marathon ist wie eine Familie. Denn jeder kennt die Situation, dass man lange trainiert, aber nur wenige Versuche hat, und es dann vielleicht nicht läuft. Da leidet man richtig mit. Deswegen habe ich bei allen mitgefiebert.

Schlagen dann zwei Herzen in einer Brust?

Domenika Mayer:
Ja, genau. Bei mir kam ja auch noch dazu, dass ich die Zeit in Berlin vorgelegt habe, dann aber verletzt war und nicht mehr starten konnte. Ich wusste, dass ich es nicht mehr in meiner Hand habe, ob ich nach Paris fahre oder nicht. Mir blieb gar nichts anderes übrig als zuzuschauen.

Denken Sie im Alltag und im Training schon viel an die Olympischen Spiele?

Domenika Mayer:
Ich freu mich jetzt schon riesig. Bisher waren alle Marathon-Vorbereitungen auf Zeiten ausgelegt. Paris wird ganz anders. Der Fokus liegt jetzt auch darauf, auf den Körper zu hören. Nach dem Stress, dass die Normen für den Kader und die Halbmarathon-EM abgehakt werden mussten, freue ich mich auf den Trubel. Und ich freue mich schon darauf, das Hügelige zu trainieren. Auch weil ich weiß, dass es richtig hart werden wird, wenn man es nicht trainiert.

Haben Sie sich eine bestimmte Zeit oder eine Platzierung in Paris als Ziel gesetzt?

Domenika Mayer:
Nein, ich will mir einfach immer nur bewusst machen: Es ist alles, alles immer möglich. Heute hat man es wieder gesehen. Bis Kilometer 35 ist noch jemand dabei, da denkt man sich: Die ist wahrscheinlich stärker als ich. Aber am Ende ist der Marathon erst aus, wenn man über der Ziellinie ist. Man darf sich nie rausziehen. Man muss sich immer denken: Ich kann das, ich bin jemand und ich darf auch mitlaufen und selbstbewusst sein. Diese Einstellung möchte ich mit den Wettkampf in Paris nehmen: Das Wissen, dass jeder jeden schlagen kann. Marathon ist immer eine Tagesform-Sache.

Sie haben eben schon die Qualifikation für den Halbmarathon bei den Europameisterschaften in Rom angesprochen …

Domenika Mayer:
Die Qualifikation war etwas holprig, ich habe ein Hitze-Rennen in Lissabon erwischt, da hat es nicht geklappt, und ich musste es eine Woche später noch einmal in Warschau probieren. Ich war jetzt natürlich etwas müde von den beiden Belastungen. Aber heute habe ich nichts mehr davon gemerkt. Jetzt wird es wieder etwas ruhiger und der Fokus liegt auf dem Training.

Was steht außer der EM noch auf dem Weg zu Olympia noch auf dem Programm?

Domenika Mayer:
Vielleicht geht’s zu den Deutschen 10.000-Meter-Meisterschaften. Konkret ist aber noch nichts geplant, außer dass ich mich im Mai in St. Moritz vorbereiten werde. Es wird aber sicherlich aufregend, weil noch genug Termine wie Einkleidung vor den Olympischen Spielen dazu kommen.

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