Mit 45,95 Sekunden hat sich Jean Paul Bredau (SC Potsdam) bei der Hallen-DM mit neuem Meisterschaftsrekord nicht nur den Titel über 400 Meter geholt, sondern auch gezeigt, dass seine Spitzenzeit unter 45 Sekunden aus dem Spätsommer 2023 keine Eintagsfliege war. Im Interview spricht er über eine mutige Entscheidung, sein Trainingsumfeld und die Ziele im Olympia-Sommer.
Jean Paul Bredau, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem ersten DM-Titel in der Männerklasse. Sie haben nicht nur Gold gewonnen, sondern auch den 43 Jahre alten Meisterschaftsrekord verbessert. Und das quasi im Alleingang.Wie haben Sie das Rennen selbst wahrgenommen?
Jean Paul Bredau:
Dankeschön. An sich lief es so, wie wir uns das vorgenommen haben. Vorne musst du in der Halle mit Druck anlaufen, denn wer als Erster reingeht, holt zu 90 Prozent eine Medaille. Dementsprechend hieß es, das Rennen schnell anzugehen und dann durchzustehen. Und dann weißt du, dass die anderen hinter dir kommen. Dementsprechend läufst du einfach. Zusätzlich treibt dich auch die Atmosphäre in der Arena an. Am Ende hat es funktioniert.
Bereits im Sommer hatten Sie ein Achtungszeichen gesetzt, als Sie als erster deutscher 400-Meter-Spezialist nach zwei Jahrzehnten unter 45 Sekunden geblieben sind. Nun gehört Ihnen der Meisterschaftsrekord unter dem Hallendach. Wie ist das für Sie, die 400 Meter mit solch Spitzenzeiten wieder zu beleben und zu zeigen, wozu auch deutsche Langsprinter in der Lage sind?
Jean Paul Bredau:
Das ist schon echt geil. Ich werde von vielen älteren Trainern angesprochen, die sich freuen, dass mit Manuel (Sanders) und mir wieder jemand so schnell rennt. Das macht einfach Bock.
Blickt man auf vergangene Großevents zurück, waren Sie bereits in der 4x400-Meter-Staffel erfolgreich unterwegs. Wie ist es jetzt, allein im Rampenlicht zu stehen?
Jean Paul Bredau:
An sich ist das ganz geil. Aber am Ende macht es immer noch am meisten Spaß, wenn man sich die Freude über einen Erfolg mit den Staffelkollegen teilen kann.
Was fasziniert Sie grundsätzlich an den 400 Metern – die Stadionrunde gilt nicht unbedingt als die beliebteste Disziplin in der Leichtathletik. Vielmehr eilt ihr der Ruf voraus, eine der härtsten Strecken überhaupt zu sein...
Jean Paul Bredau:
An sich kann jeder 400 Meter laufen, der für die kürzeren Strecken zu langsam ist. Es macht einfach Bock, sich im Training jeden Tag zu quälen.
Nicht jeder läuft sie dann aber auch so schnell wie Sie. Was machen Sie anders oder besser, dass Sie der Konkurrenz wie zuletzt in Leipzig so enteilen können?
Jean Paul Bredau:
Gute Frage (lacht). Wahrscheinlich ist es der gute Grundspeed und dass ich besser mit Laktat umgehen und am Ende länger stehen kann. Aber ich denke, dass einfach viele Faktoren zusammenfließen. Was genau da aber zusammenspielt, kann ich gar nicht sagen. Sonst würden mehrere so schnell rennen.
Apropos Zusammenspiel: Wie funktioniert das innerhalb Ihrer Trainingsgruppe? Sie haben erst im vergangenen Jahr einen Trainerwechsel gemacht und sind seither Teil der leistungsstarken Gruppe unter Leitung von Sven Buggel am Olympiastützpunkt Berlin.
Jean Paul Bredau:
Wir haben unter anderem mit Skadi Schier, Alica Schmidt, Luna Thiel und Lukas Krappe extrem viele 400 Meter-Läufer und pushen uns jeden Tag aufs Neue. Das ist einfach eine geile Trainingsgruppe, auch weil wir alle sehr professionell sind.
Sie selbst haben für den Leistungssport extrem viel gewagt und auch viel aufgegeben – unter anderem Ihr Bachelorstudium. Stattdessen haben Sie alles auf eine Karte gesetzt und sich voll und ganz dem Sport verschrieben. Wie ist es jetzt für Sie, mit Ihren Leistungen die Bestätigung dafür zu bekommen, dass diese Entscheidung genau die richtige war?
Jean Paul Bredau:
Es war eine harte Entscheidung. Viele haben mir auch davon abgeraten, mich gegen eine berufliche Absicherung zu entscheiden. Aber am Ende wusste ich, dass das noch nicht alles war und ich noch einmal alles reinstecken will. Ich wollte wissen, wie es ist, wenn ich 100 Prozent in den Sport reinstecke. Dieser Mut hat sich jetzt ausgezahlt.
Heißt 100 Prozent in den Sport zu investieren auch, dass Sie sämtliche Rahmenbedingungen darauf ausgerichtet haben und etwa Ihre Ernährung oder das Thema Regeneration nun ebenfalls professioneller angehen?
Jean Paul Bredau:
Regeneration und Ernährung waren bei mir eigentlich schon immer top. Aber drumherum hat sich einiges geändert. Zum Beispiel bin ich jetzt in der Sportfördergruppe der Bundeswehr und habe somit eine gewisse Absicherung – dementsprechend auch mehr Ruhe neben dem Sport.
Das weckt Hoffnung, dass Ihre positive Entwicklung auch in Zukunft stetig weitergeht und Sie Ihr Leistungspotenzial noch nicht ausgeschöpft haben. Nach dem Leistungsschub im Spätsommer 2023 und der Spitzenzeit in Leipzig – was ist künftig von Ihnen zu erwarten?
Jean Paul Bredau:
Klar hofft man, dass diese Explosion so weitergeht. Aber man muss auch klein denken. Ich denke schon, dass ich nächste Saison wieder gut performen werde. Bei der EM hoffe ich, dass ich im Einzelfinale stehe und wir in der 4x400-Meter-Staffel ein geiles Rennen laufen. Die EM ist ein wichtiger Schritt in Richtung Olympische Spiele. Dort will ich dann im Einzel so weit wie möglich kommen und die Staffel wieder ins Finale bringen.
Was würde es Ihnen nach der Teilnahme 2021 als Staffelläufer bedeuten, in Paris auch im Einzel an den Start zu gehen? Nachdem Sie die Olympia-Norm bereits unterboten haben, stehen die Chancen nicht schlecht...
Jean Paul Bredau:
Bedeuten würde mir das sehr viel. 2021 war leider wegen Corona etwas schade. Ich habe mir gesagt, dass ich unbedingt im Einzel einmal bei den Olympischen Spielen laufen will. Diesen Traum habe ich mir bereits halb erfüllt und muss nur noch die B-Norm laufen. Und dann genieße ich es einfach.
Was würden Sie als Ihre persönliche Stärke sehen, auf welchen Streckenabschnitt können Sie sich am ehesten verlassen?
Jean Paul Bredau:
Ich kann gut und schnell zucken und auch vorne schnell angehen. Aber ich kann auch meine Pace lange halten und hinten noch mal einen guten Endspurt rennen. Das ist bei mir einfach ein gutes Mittelding aus Schnelligkeit und Ausdauer.
Klingt nach dem perfekten Gesamtpaket. Gibt es dennoch Stellschrauben, an denen Sie noch arbeiten oder die Sie bis zum Sommer noch verbessern wollen?
Jean Paul Bredau:
Ich denke, dass man nie 100 Prozent richtig trainieren kann. Es wird immer etwas geben, worauf man hingewiesen wird, dass man es noch verbessern kann oder was man noch anders machen kann. Aber im Großen und Ganzen würde ich sagen, dass wir einfach so weitermachen. Man sagt ja, dass man im olympischen Jahr nicht viel verändern soll.
Wie sieht es auf mentaler Ebene bei Ihnen aus? Vor allem über 400 Meter bedarf es auch einer großen mentalen Kraft, um sich immer wieder aufs Neue den Strapazen auszusetzen. Ist auch das Bestandteil des Trainings?
Jean Paul Bredau:
Das Mentale spielt eine sehr große Rolle. 400 Meter ist einfach Kopfsache. Hier bin ich aber sehr stark und kann mich auch selbst pushen. Mit einem Mentaltrainer arbeite ich daher nicht zusammen.
Neben all der Professionalisierung, die Sie in den vergangenen Monaten vorgenommen haben und die Sie täglich umgibt, haben Sie mit Ihrer Trainingspartnerin Luna Thiel auch im Privaten eine 400 Meter-Läuferin an Ihrer Seite. Dreht sich da auch bei Ihnen zu Hause alles um den Sport?
Jean Paul Bredau:
Klar ist das auch zu Hause ein großes Gesprächsthema. Aber wir haben auch andere Themen (lacht).