| Trainer im Porträt

Weite Sprünge "made in Göttingen": Frank Reinhardt und seine "Sprungfamilie"

An den Namen Neele Eckhardt-Noack, Kira Wittmann und Merle Homeier führt in der deutschen Sprungszene kaum ein Weg vorbei. Auf nationaler und internationaler Ebene haben sie sich in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht. Hinter diesen Erfolgen steht Trainer Frank Reinhardt. Wie er das Trio als Trainer formt und warum die Gruppe nicht mehr das Siegel „made in Göttingen“ trägt, haben wir herausgefunden.
Anna Fröhlich

Als aktiver Dreispringer und Student der Germanistik, Publizistik und Kommunikationswissenschaft ist Frank Reinhardt seinerzeit ins südniedersächsische Göttingen gezogen. Verletzungsbedingt musste er die eigene Dreisprungkarriere jedoch schon früh aufgeben – zu seiner Bestweite verrät er mit einem Lachen im Gesicht nur so viel: „Ich habe immer noch eine bessere als Neele.“

So schlug er stattdessen die Trainerlaufbahn ein und betreut mittlerweile mit den Dreispringerinnen Neele Eckhardt-Noack und Kira Wittmann sowie Weitspringerin Merle Homeier drei Athletinnen, die in ihren Disziplinen zur deutschen Spitze zählen. Seine erste Trainingsgruppe übernahm Frank Reinhardt mit dem Umzug nach Göttingen. Diese Arbeit wurde zwei Jahre später mit der Teilnahme zweier seiner Athletinnen an den U20-Weltmeisterschaften belohnt. „Das hat mich angefixt“, erinnert er sich. Er begann ein Sportstudium in Göttingen. Damit war die Grundlage für den beruflichen Werdegang und die Trainer-Tätigkeit gelegt. 

Das Zusammenspiel aus konditionellen Fähigkeiten in Sprint, Schnelligkeit und Sprungkraft und den technischen Bewegungen ist es, was für Frank Reinhardt die Faszination Sprung ausmacht. Das Leistungsoptimum und die Technik durch immer wieder neue Übungen beeinflussen, aus Fehlern lernen, Korrekturen anwenden – das „Basteln“ in Training- und Wettkampfsituationen, so dass sich am Ende das Puzzle zusammensetzt. Gründe, warum Frank Reinhardt bis zu seiner heutigen Funktion als Bundesstützpunkttrainer nicht vom Springen ablässt.

Weite Sprünge made in Göttingen?

Im Laufe seiner Trainerkarriere hat Frank Reinhardt viele Gruppen betreut – jede sei anders gewesen, sagt er, und habe ihn doch auf unterschiedliche Art und Weise als Trainer geprägt. Die Geschichte seiner aktuellen Gruppe beginnt, als die damals noch 16-jährige Neele Eckhardt-Noack zur Trainingsgruppe von Frank Reinhardt in Hannover stößt. 14 Jahre später besteht das Gespann aus Trainer und Athletin immer noch.

Höhepunkte der Zusammenarbeit: Bronze bei der Hallen-EM 2021 in Torun (Polen), Rang vier bei der Heim-EM in München und mit 14,53 Metern Platz drei in der ewigen deutschen Bestenliste. „Es passt einfach“, sagt Frank Reinhardt.

Das Duo wächst, als 2019 auch Dreispringerin Kira Wittmann und Weitspringerin Merle Homeier zur Gruppe dazustoßen. Bis heute starten alle drei für die LG Göttingen. In ihrem Verein fühlen sie sich gut aufgehoben, die LG Göttingen bietet optimale Unterstützung. Nachdem Neele Eckhardt-Noack während ihres Jurastudiums auch vor Ort trainiert hatte, befindet sich die Trainingsstätte des Trios aber mittlerweile wieder am Bundesstützpunkt Hannover.

Eine kleine Sprungfamilie

Zusammen bilden Merle Homeier und Kira Wittmann mit Neele Eckhardt-Noack eine leistungsstarke Gruppe. Kira Wittmann, mit knapp 23 Jahren die Jüngste des Trios, setzte in der zurückliegenden Hallensaison mit ihrem ersten 14-Meter-Sprung und dem siebten Platz bei der Hallen-EM in Istanbul (Türkei) ein Achtungszeichen.

Merle Homeier, die vor zwei Jahren U23-Vize-Europameisterin wurde, hat bereits vergangenes Jahr mit der WM-Teilnahme in Eugene (USA) und Rang neun bei der EM in München erste Erfolge gesammelt. „Kira und Merle haben besonders zu Beginn zu Neele aufgeschaut und von ihrer Erfahrung profitieren können“, so Frank Reinhardt, „das hat sich über die Jahre zu einem wirklich tollen Team entwickelt“.

Drei Athletinnen in zwei unterschiedlichen Sprungdisziplinen bedeuten auch viele individuelle Bedürfnisse, auf die Trainer Frank Reinhardt eingehen muss. So werden die Technikeinheiten teils einzeln durchgeführt. Immer wenn es möglich ist, absolvieren die Drei die Trainingsprogramme allerdings gemeinsam. „Wir pushen uns gegenseitig im Training und motivieren uns alle“, sagt Kira Wittmann über die Zusammenarbeit in der Gruppe.

Ruhe und Verständnis als Schlüssel zum Erfolg

Eine Konkurrenzsituation erkennt Frank Reinhardt nur im positiven Sinne, da sich die Athletinnen gegenseitig zu Bestleistungen anspornen. Die gemeinsame Zeit beim Training, in Trainingslagern und auf Wettkämpfen, das schweißt zusammen. „Wir sind einfach wie so eine kleine Familie“, betont Merle Homeier. Eine Familie, die auch nach dem Kreuzbandriss von Neele Eckhardt-Noack zusammenhält, deren Genesung weiter sukzessive voranschreitet.

Neben seinen fachlichen Kenntnissen ist es besonders Frank Reinhardts verständnisvolle und ruhige Art, die das Trio an ihrem Trainer schätzt. Der Coach geht stets auf die individuellen Bedürfnisse seiner Schützlinge ein und ist ihnen damit nicht nur in Wettkampfsituationen eine wertvolle Stütze. „Ohne ihn würde ich jetzt nicht da stehen, wo ich bin“, beschreibt Kira Wittmann den Anteil ihres Trainers an dem Erfolg der vergangenen Jahre.

Zwischen Weitsprunggrube und Laufbahn genießt Frank Reinhardt die Zeit mit seiner Frau und seinem Hund. Blickt er auf seine Zeit als Trainer zurück, so gehören dazu „hunderte Fehler gerade in den Anfängen“, aber auch Momente, die bleiben. „Eine Zukunft, in der ich nur zuhause im Garten sitze, kann ich mir nicht vorstellen“, sagt der 66-Jährige. Ganz sicher hoffen auch seine Athletinnen, dass Frank Reinhardt der Leichtathletik und dem Springen noch lange erhalten bleibt.

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