In knapp einem Monat kämpfen Deutschlands beste Leichtathletinnen und Leichtathleten in Kassel um deutsche Meistertitel. Am Samstag präsentierte sich dort der U18-Nachwuchs auf der Jagd nach Startplätzen für das EYOF in Slowenien. Neben engen Fights in den Wurfdisziplinen konnte vor allem Johanna Martin auf der Stadionrunde glänzen.
Bei sommerlichen Bedingungen boten die Hessischen Landesmeisterschaften der Aktiven und U18 am Samstag auch die Bühne für zahlreiche Nachwuchs-Talente. Denn im Rahmen der Landesmeisterschaften fand in Kassel die U18-Gala statt, bei der die besten deutschen U18-Athletinnen und -Athleten um Tickets zum Europäischen Olympischen Jugendfestival (EYOF) in Maribor (Slowenien) kämpften, das vom 23. bis 29. Juli ausgetragen wird. Pro Einzeldisziplin kann der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) maximal einen Athleten beziehungsweise eine Athletin zur Nominierung vorschlagen, die durch den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) erfolgt.
Für ein Highlight sorgte 400-Meter-Sprinterin Johanna Martin (1. LAV Rostock): Angereist mit einer Bestzeit von 54,36 Sekunden, brannte sie 53,10 Sekunden auf die Bahn. Auf die zweitplatzierte Luna Fischer (VfL Eintracht Hannover; 55,20 sec) hatte sie mehr als zwei Sekunden Vorsprung.
Schneller war in diesem Jahrtausend erst eine deutsche U18-Athletin: die Cottbuserin Marie Scheppan im Jahr 2018. Mit ihrer Leistungsexplosion führt die U18-EM-Siebte nun auch die europäische U18-Bestenliste des aktuellen Jahres an. "Die 400-Meter-Zeit von Johanna war ein absoluter Höhepunkt", bestätigte die Chef-Bundestrainerin Nachwuchs Elke Bartschat.
Hohes Niveau in den Wurfdisziplinen
Gleich vier Hammerwerferinnen hatten im Vorfeld der U18-Gala Ansprüche auf einen EYOF-Startplatz angemeldet und die bei 62 Metern angesetzte Norm teils deutlich übertroffen. Allen voran Nova Kienast (SV Preußen Berlin), die Ende Mai mit 70,91 Metern eine neue deutsche U18-Bestleistung erzielt hatte. In Kassel war es jedoch die U18-EM-Finalistin des Vorjahres, Johanna Marrwitz (LG Stadtwerke München), die gleich im ersten Versuch die Konkurrenz mit einem Wurf auf 69,61 Meter schockte. Nova Kienast blieb mit 68,31 Metern Rang zwei. Disziplinkollege Timo Port (VT Zweibrücken) behauptete sich mit 71,35 Metern gegen den zweiten Normerfüller Max Baier (TV Fränkisch-Crumbach).
Die 1,5-Kilo-Diskusscheibe schleuderte mit William Wolzenburg ein Athlet am weitesten, der vergangenes Jahr bereits an der U18-EM teilgenommen hat. Mit 62,26 Metern und einer Steigerung um rund zwei Meter empfahl sich der Wattenscheider ebenfalls für einen Start in Maribor. Zweiter wurde Kelson de Carvalho (LG Steinlach-Zollern; 57,92 m), bevor die beiden zwei Stunden später im Kugelstoßen die Plätze tauschten: Hier schlug das Arbeitsgerät des Baden-Württembergers erst nach 20,10 Metern ein, Platz zwei in Europa. William Wolzenburg blieb mit ebenfalls starken 19,45 Metern Rang zwei.
Diskuswerferin Frieda Echterhoff (TV Wattenscheid 01) hat im Vorjahr beim EYOF beste Erfahrungen gesammelt: In Banská Bystrica (Slowakei) holte sie sich die Goldmedaille. In Maribor könnte die 17-Jährige ihren Titel verteidigen – mit dem Sieg beim Qualifikationswettkampf und einem Wurf auf 48,64 Meter ist der erste Schritt jedenfalls schon einmal gemacht. Ronja Melzner (LG Stadtwerke München; 52,48 m) legte ziemlich genau sieben Meter zwischen sich und die anderen Speerwerferinnen. Bei den Jungs übertraf Oskar Jänicke (Hallesche Leichtathletik-Freunde; 70,39 m) als Einziger die 70 Meter.
Emma Kaul in den Fußstapfen ihrer Eltern
Schnellster Sprinter über 100 Meter war in 10,67 Sekunden erwartungsgemäß Jakob Kemminer (TSV Ochenbruch), der in dieser Saison schon schnelle 10,49 Sekunden gerannt ist. Mit etwas zu viel Rückenwind entschied er auch die 200 Meter (21,15 sec) für sich. Bei den Nachwuchs-Athletinnen war Hanna Räpple (Gothaer Leichtathletik Centrum) in 11,84 Sekunden unangefochten. Die EYOF-Normerfüllerin schraubte ihren Hausrekord noch einmal um eine Hundertsel nach unten.
Über 100 Meter Hürden blieben mit Siegerin Samita Schatz (Pulheimer SC; 13,61 sec) und Lea Mehringer (LG Oberland; 13,84 sec) gleich zwei Athletinnen deutlich unter 14 Sekunden. Mit dem 400-Meter-Sieg in 48,07 Sekunden konnte sich auch Lucien Berger (SC Magdeburg) deutlich steigern. Auf den Spuren ihrer Eltern wandelte Emma Kaul (USC Mainz). Die junge Mehrkämpferin ging in Kassel erstmals über 400 Meter Hürden an den Start und unterbot in 61,23 Sekunden auf Anhieb den EYOF-Richtwert (61,50 sec). Ihre Eltern, Michael und Stefanie Kaul, waren in ihrer aktiven Zeit beide über die Langhürden unterwegs.
Gute Ergebnisse bei guten Bedingungen
Eine neue Bestzeit über 2.000 Meter Hindernis gelang Lera Miller (6:39,70 min) – die erst 16-Jährige startet für den VfL Löningen, dem lange auch die heutige EM-Zweite über die Hindernisse Lea Meyer angehörte. Im Hochsprung floppte Ella Obeta, die bereits EYOF-Erfahrungen aus dem Vorjahr mitbringt, mit 1,76 Meter sechs Zentimeter höher als jede andere Athletin. Im Stabhochsprung dominierte Joy Kessler von der LG Neckar-Enz mit 4,05 Metern die Konkurrenz.
"Es war eine sehr schöne Veranstaltung und die Bedingungen waren sehr gut, auch wenn die Sonne stellenweise etwas zu sehr gebrannt hat", bilanzierte Elke Bartschat, die neben Johanna Martin auch das Resultat von Emma Kaul und die deutliche Steigerung von Lucien Berger hervorhob. "Das war eine tolle Zeit von Emma, die im ersten Rennen über 400 Meter Hürden direkt die EYOF-Norm erfüllt hat." Ein Wermutstropfen: einige knapp verfehlte Normen, wie etwa von Weitspringerin Caroline Freitag (SV Halle; 5,96 m) um vier Zentimeter.
Insgesamt zeigte sich die Chef-Bundestrainerin Nachwuchs zufrieden mit den erbrachten Leistungen. Eineinhalb Monate vor dem EYOF sind die DLV-Talente in mehreren Disziplinen weit vorne in den kontinentalen U18-Bestenlisten platziert. Die Diskuswerfer und Hammerwerferinnen stellen sogar jeweils die Top Zwei in Europa, wenngleich nur ein Athlet pro Nation und Disziplin startberechtigt ist.
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