Kleine Elite-Teilnehmerfelder versprechen viel Spannung im Titelkampf: Im Erfurter Nordpark werden am kommenden Samstag die Deutschen Meisterschaften im Straßengehen ausgetragen. Für das Gros der besten deutschen Geherinnen und Geher sind die Titelkämpfe der Auftakt in die WM-Saison. Die Nachwuchstalente der U20 können den Weg zur Team-EM im tschechischen Podebrady und zur U20-EM nach Jerusalem einschlagen.
Der Erfurter Nordpark wurde im Zuge der Bundesgartenschau 2021 umgestaltet. Schon 2020 war dies für Jonathan Hilbert (LG Ohra Energie) und Otto Junghannß, den jüngeren Bruder von Karl Junghannß (LC Top Team Thüringen), eine gute Gelegenheit, den innerstädtischen Park näher zu erkunden. „Wir haben dann den Wunsch geäußert, hier eine Deutsche Meisterschaft auszutragen“, berichtet Jonathan Hilbert.
Konkreter wurden die DM-Pläne im vergangenen Jahr, als der Olympia-Zweite mit seinem Trainer Petro Zaslavskyy, Trainingspartner Karl Junghannß und dem Kommissionsvorsitzenden für das Wettkampfwesen im Thüringer Leichtathletik-Verband (TLV) Thomas Gentzel auf dem Gelände unterwegs war. „Wir haben uns unterschiedliche Varianten angeschaut. Ich denke, wir haben eine relativ gute Strecke zusammengestellt.“
Ein paar Insidertipps für die nationale Konkurrenz konnte er zuletzt im Trainingslager in Südafrika geben. Schnell soll die Strecke sein, sodass nationale Bestzeiten wie internationale Normen möglich sind. Für Jonathan Hilbert und Karl Junghannß startet die WM-Mission vor heimischer Kulisse. „Ich freue mich schon sehr darauf. Ich werde im ersten Wettkampf alles daran setzen, die WM-Norm [2:29:40 h] zu schaffen. Ich will in Erfurt den Sack zumachen“, verdeutlicht Jonathan Hilbert seine Ambitionen über 35 Kilometer.
Heimspiel für Karl Junghannß
Nach seinem hoffnungsvollen Saisonstart über 20 Kilometer in Dudince nimmt Karl Junghannß bei seinem „Heimspiel“ nun die 35 Kilometer in Angriff. „Einerseits ist es schon schön, zuhause zu starten und keine Anreise zu haben. Vielleicht ist das gar nicht so schlecht für das Mentale, wenn man das gewohnte Umfeld um sich hat. Anderseits fahre ich auch lieber mal an andere Orte“, zeigt sich der 27-Jährige ein wenig hin- und hergerissen.
Komplettiert wird das erlesene Feld über 35 Kilometer durch Nathaniel Seiler (TV Bühlertal) und Carl Dohmann (SCL Heel Baden-Baden). „Es ist wirklich ein kleines Feld auf hohem Niveau. Ich rechne mit einem sehr engen Rennen, was sich spät entscheiden wird. Das Leistungsniveau liegt sehr eng beieinander“, sagt Carl Dohmann, der ebenso einen ersten Schritt zur WM nach Budapest (Ungarn; 19. bis 27. August) gehen will. „Wir sind fünf Leute, die die Chance auf das WM-Ticket haben. Nur die besten Drei sind dabei. Daran will ich mich im ersten Saisonrennen nicht allzu sehr verbeißen. Mir hat geholfen, mich auf mich selbst zu konzentrieren. Mit dieser Erfahrung lief es auch 2022 schon gut, als ich aus der Vorbereitung gelassener in den Wettkampf gegangen bin“, berichtet der Vorjahreszweite.
Christopher Linke setzt auf die 20 Kilometer
Für Christopher Linke (SC Potsdam) wird es dagegen über 35 Kilometer keine Titelverteidigung geben: Der Vize-Europameister startet „nur“ über 20 Kilometer. „Das passt einfach besser in den Saisonaufbau, da ich am 21. Mai in Podebrady gerne die 35 Kilometer gehen möchte. Mir fehlt einfach die internationale Rennerfahrung auf dieser Strecke, daher habe ich mich für diesen Weg entscheiden“, begründet der 34-Jährige seine Streckenwahl.
Zuletzt triumphierte Trainingspartner Nils Brembach über die 20 Kilometer, der nach seinen zwei DM-Erfolgen in Frankfurt nun das nationale Triple anpeilt sowie Kurs auf die WM-Norm (1:20:10 h) nehmen möchte. Das Potsdamer Trio komplettiert Johannes Frenzl. Aussichtsreich startet auch der EM-Neunte und Vorjahreszweite Leo Köpp (LG Nord Berlin).
Noch unentschlossen über die Streckenlänge zeigt sich Bianca Maria Dittrich (Droste-Running-Team). Nach ihrer neuen nationalen Bestzeit (3:00:57 h) über 35 Kilometer in Dudince fing sie sich einen Infekt ein, so dass die gebürtige Erfurterin erst am Freitag eine Entscheidung treffen wird. „Wenn ich mich fit genug fühle und die Kraft wieder da ist, werden es die 35 Kilometer. Ich hoffe, an diesem Tag meine zwei Leistungen aus Frankreich und Dudince zu bestätigen und mich für den Europacup in Podebrady zu qualifizieren“, blickt die 29-Jährige voraus. Die DM-Zweite des Vorjahres und EM-Teilnehmerin Katrin Schusters (Polizei SV Berlin) ist über 35 Kilometer gemeldet.
Saskia Feige über 20 Kilometer favorisiert
Top-Favoritin über 20 Kilometer ist Saskia Feige (SC DHfK Leipzig). Bei ihrem Bronze-Coup bei der EM in München verfehlte die 25-Jährige die WM-Norm für Budapest [1:29:20 h] nur um fünf Sekunden. „In München war die Zeit erstmal zweitrangig. Ich war in dem Moment einfach nur happy mit meiner neuen Bestzeit“, sagt sie rückblickend. Nach einer langen Wettkampfpause fällt ihr eine Prognose für die DM schwer. „Vom Starterfeld spekuliere ich schon auf eine gute Zeit. Vielleicht kann ich auch ein Stück mit den Männern über 35 Kilometer mitgehen. Ansonsten versuche ich mich auf mich zu konzentriere und ganz bei mir zu sein.“ Die weiteren Starterinnen sind Emilia Lehmeyer (LG Nord Berlin) und Johanna Wax (SpVgg Niederaichbach).
Die Nachwuchstalente streben ebenfalls nach Spitzenleistungen. Allen voran die Jugend U20, die sich mit schnellen Zeiten für den Europacup in Podebrady und die U20-EM in Jerusalem (Israel; 7. bis 10. August) empfehlen kann. Das deutsche Spitzenduo Lena Sonntag (SC Potsdam) und Kylie Garreis (LG Vogtland) blieb in Dudince mit 48:22 und 50:21 Minuten über 10 Kilometer schon unter dem geforderten EM-Richtwert (51:00 min). Genauso wie Arvid Kockel. Der Hallenser ging 43:44 Minuten (Norm: 44:00 min), er wird in Erfurt auf den U18-Europameister Frederick Weigel (SC Potsdam) treffen. Eine Altersklasse tiefer gehören die Potsdamer Lara Jolie Feigl und Nick Joel Richardt zu den Titelfavoriten.