| Hallen-EM 2023

Istanbul Tag 2 | Die DLV-Athletinnen und -Athleten in den Vorrunden

Die Hallen-Europameisterschaften in Istanbul (2. bis 5. März) halten am Freitag neben den ersten Final-Entscheidungen auch fünf Qualifikationen und Vorrunden mit DLV-Athletinnen und -Athleten bereit. Hier erfahren Sie, wie sie sich geschlagen haben und wie sie ihre Auftritte selbst bewerten.
Svenja Sapper / Silke Bernhart

Hallen-EM 2023 Istanbul

FRAUEN


60 METER | VORLÄUFE


DLV-Duo bucht souverän das Halbfinalticket

Die Devise für die deutschen 60-Meter-Sprinterinnen lautete: Im Vorlauf möglichst Kräfte sparen, schließlich steht nur sieben Stunden später bereits das Halbfinale an. Das gelang am Freitag beiden DLV-Athletinnen gut. Im zweiten von fünf Läufen war es zunächst Alexandra Burghardt (LG Gendorf Wacker Burghausen), die nach einem guten Start souverän den zweiten Platz hinter Mitfavoritin Daryll Neita (Großbritannien; 7,14 sec) sicherte. Mit 7,24 Sekunden sprintete sie die siebtschnellste Zeit des Vormittags. Im letzten Rennen zog dann Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar) nach: 7,31 Sekunden bescherten ihr Platz drei hinter Arialis Martinez (Portugal; 7,24 sec) und der Schweizerin Melissa Gutschmidt (7,27 sec) und damit ebenfalls das große Q.

Ein beeindruckendes Rennen zeigte bereits in der ersten Runde die Hallen-Europameisterin von 2019 Ewa Swoboda (Polen), die in 7,11 Sekunden die schnellste Zeit der Vorläufe ablieferte. Auch die Hallen-Weltmeisterin und Jahresbeste aus der Schweiz Mujinga Kambundji hinterließ einen souveränen Eindruck und musste in 7,18 Sekunden noch nicht alle Karten aufdecken.

STIMMEN ZUM WETTBEWERB

Alexandra Burghardt (LG Gendorf Wacker Burghausen; 7,24 sec):
„Es war ganz locker. Wir haben letzte Woche noch was am Start verändert. Das konnte ich heute gut umsetzen. Was zählt, war ein großes Q und noch ein bisschen Kräfte zu sparen für heute Abend. Ich versuche so schnell wie möglich zur Physio zu kommen, dann was zu essen und kurz hinlegen. Dann ist der Tag doch gar nicht mehr so lang. Trotzdem werde ich die Zeit einfach nutzen und entspannen, bevor ich heute Abend wiederkomme und noch mal Gas gebe.“
 


60 METER | HALBFINALS


Burghardt mit großem Q, Mayer fehlen drei Hundertstel

Nach dem zweiten von drei 60-Meter-Halbfinals stand bereits fest: Das Finale steigt mit deutscher Beteiligung! Denn soeben hatte sich Alexandra Burghardt (LG Gendorf Wacker Burghausen) als Zweitplatzierte in 7,23 Sekunden das große Q gesichert. An der Spitze unangefochten: Daryll Neita (Großbritannien), die in 7,07 Sekunden unterstrich, dass mit ihr auch im Finale zu rechnen sein wird. Für Burghardt ist es nach den Titelkämpfen in Belgrad (Serbien) 2017, wo sie Platz fünf belegte, das zweite Finale bei Hallen-Europameisterschaften.

Die schnellste Zeit ging jedoch auf das Konto der Gold-Favoritin – und die kommt aus der Schweiz: Mujinga Kambundji, amtierende Hallenweltmeisterin über die 60 Meter, entschied das dritte Halbfinale in 7,05 Sekunden, nur zwei Hundertstel über ihrer europäischen Jahresbestzeit, für sich. Dahinter kämpfte auch die zweite deutsche Starterin Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar) um den Einzug in den Endlauf mit. Am Ende stand ein fünfter Platz in 7,27 Sekunden – und die drei Hundertstel Rückstand auf die viertplatzierte Arialis Martinez waren es, die sie die Finalteilnahme kosteten.

Vor sechs Jahren war die Hessin wie Burghardt ins Hallen-EM-Finale eingezogen, seither verhinderten Verletzungen internationale Einzelstarts. In Istanbul hat die 26-Jährige nun bewiesen, dass sie wieder eine Kandidatin für internationale Startplätze ist. Medaillen-Aspirantin neben Kambundji und Neita dürfte im Finale die Polin Ewa Swoboda sein, die ihr Semifinale in starken 7,10 Sekunden gewann.

STIMMEN ZUM WETTBEWERB

Alexandra Burghardt (LG Gendorf Wacker Burghausen; 7,23 sec):
„Ich mag die Bahn hier. Im Finale könnte es gerne mal unter 7,20 Sekunden gehen.“

Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar; 7,27 sec):
„Total gemischte Gefühle. Ich müsste lügen, würde ich sagen, ich wäre nicht enttäuscht. Ich habe diese Saison konstante Rennen zwischen 7,20 und 7,22 Sekunden gezeigt. Dass es hier und heute nicht so sein sollte, ist schon enttäuschend. Ich weiß nicht wirklich, woran es lag, ich habe mich eigentlich gut gefühlt und hatte auch das Gefühl, dass ich meine Nervosität und Anspannung unter Kontrolle habe. Im Rennen selber habe ich das nicht umsetzen können, was ich mir die letzten Monate im Training erarbeitet habe. Es ist vielleicht auch ein bisschen Learning by Doing, immerhin ist es mein erster internationaler Einzelstart seit der Hallen-EM 2017. Das ist eine verdammt lange Zeit. Wahrscheinlich muss ich für den Moment zufrieden sein, ich habe eine super Hallensaison gezeigt, auf der man für den Sommer aufbauen kann. Ich nehme es als wunderbare Erfahrung mit und glaube, dass es wichtig war, sich der internationalen Konkurrenz gestellt zu haben.“


STABHOCHSPRUNG | QUALIFIKATION


Endstation für Anjuli Knäsche

Das Stabhochsprung-Finale von Istanbul wird am Samstag ohne deutsche Beteiligung stattfinden. 4,30 Meter, überquert im zweiten Versuch, reichten der Deutschen Hallen- und Freiluftmeisterin Anjuli Knäsche (LG Leinfelden-Echterdingen) nicht für den Sprung in die Top Acht. Nach den erfolgreich absolvierten 4,30 Metern wurde die Latte direkt 15 Zentimeter höher gelegt – was für die hauptamtliche Cheftrainerin der LG Leinfelden-Echterdingen schon fast Saisonbestleistung bedeutet hätte. Diese Höhe konnte sie jedoch nicht mehr meistern.  Am Ende stand in der Konkurrenz ein geteilter 16. Rang zu Buche.

Vielleicht ein kleiner Trost für die 29-Jährige: Auch übersprungene 4,45 Meter brachten nicht alle Athletinnen sicher ins Finale. Sechs Athletinnen schwangen sich über 4,55 Meter, davon blieben Europameisterin Wilma Murto (Finnland) und die Jahresbeste Tina Sutej (Slowenien) als Einzige fehlerfrei. Eine weiße Weste bis 4,45 Meter genügte auch der Italienerin Roberta Bruni und Amalie Svabikova aus Tschechien.

STIMME ZUM WETTBEWERB

Anjuli Knäsche (LG Leinfelden-Echterdingen; 4,30 m):
„Mir fehlt ein bisschen das Gefühl im Anlauf. Irgendwie bin ich nicht richtig in den Stab reingekommen. Ich habe kein einziges Mal das Gefühl gehabt, dass ich richtig am Stab hänge. Und wenn das Aufrollen sowieso nicht meine Stärke ist, turnt man nur dem Stab hinterher. Und dann ist 4,45 schon ein bisschen hoch. Ich bin froh, dass die Saison jetzt vorbei ist, die war ziemlich lang. Ich bin im Winter von Carbon auf schwerere, aber belastbarere UCS-Stäbe umgestiegen, die meiner Technik mehr entgegenkommen. Jetzt ein bisschen Pause, ein bisschen Abstand und dann im Sommer wieder angreifen. Auch wenn die Halle noch nicht voll ist und mein Wettkampf nicht die Top-Performance war, kann ich das trotzdem viel mehr genießen und kann sagen: Ich habe das Beste versucht, mehr ging nicht. Und damit ist es okay. Daraus kann ich meine Schlüsse ziehen und es beim nächsten Mal hoffentlich besser machen. Mein Fokus liegt jetzt eher auf meinem Job, das macht es von der Herangehensweise leichter, weil am nächsten Tag nach dem Wettkampf mein ganz normales Leben weitergeht.“
 


DREISPRUNG | QUALIFIKATION


Starkes EM-Debüt von Kira Wittmann

Der Erste auf Sicherheit und mit Luft am Brett. Der Zweite Vollgas. Und damit die ganz sichere Qualifikation für das Finale – so hatte Kira Wittmann (LG Göttingen) es sich für ihre Premiere bei Hallen-Europameisterschaften vorgenommen. Und so setzte sie es dann am Freitag in die Tat um! Nach 13,57 Metern in Versuch eins flog sie in Runde zwei bis auf 13,96 Meter und damit bis auf zwölf Zentimeter an ihre Bestleistung heran. Wenig später stand fest, dass sie gar nicht mehr zum dritten Versuch antreten muss, denn es war die fünftbeste Weite der Vorrunde.

Das Feld präsentierte sich dabei extrem eng beisammen: Die Top Acht der Qualifikation trennten nur 27 Zentimeter, die Top Sechs gar nur 15. Am weitesten flogen Lokalmatadorin Tugba Danismaz (Türkei) und Titelverteidigerin Patricia Mamona (Portugal), nämlich beide auf 14,09 Meter.

STIMME ZUM WETTBEWERB:

Kira Wittmann (LG Göttingen; 13,96 m):
„Wir wollten auf jeden Fall einen ersten ordentlichen gültigen Sprung machen, das hat geklappt, mit den 13,57 Metern. Der war noch ein bisschen vor dem Brett, da dachte ich: Da geht auf jeden Fall noch was. Dass es jetzt geklappt und fürs Finale gereicht hat, ist mega! Es ist was komplett anderes hier, aber ich fühle mich angekommen. Im Finale noch mal so wäre schön. Ich denke, da gibt's auch noch was zu arbeiten, ich bin ein bisschen auf den zweiten Sprung draufgefallen, wenn ich das im Finale verbessere, dann geht's noch mal genauso weit oder noch ein bisschen weiter. Bei meiner ersten Europameisterschaft der Erwachsenen im Finale zu stehen – einfach wow!“

 

MÄNNER


400 METER | VORLÄUFE


Marvin Schlegel verlässt enttäuscht die Arena

Gleich fünf Rennen unter 47 Sekunden, davon zwei in 46,29 und 46,25 Sekunden, hat Marvin Schlegel (LAC Erdgas Chemnitz) in dieser Saison abgeliefert. Leider kam in Istanbul kein Weiteres in dieser Kategorie hinzu. Der Deutsche Hallenmeister setzte sich in seinem Vorlauf nach der Kurvenvorgabe auf Position drei, und die sollte es bis zum Zieleinlauf bleiben – seine Zeit; 47,01 Sekunden. Damit reichte es weder für das direkte Weiterkommen als einer der zwei Erstplatzierten noch über die Zeit für die nächste Runde.

Nur ein Athlet blieb am Freitagmorgen sogar unter der 46-Sekunden-Marke. Und das war Karsten Warholm (Norwegen). Der Europarekordler gab schon im ersten Vorlauf in 45,75 Sekunden Vollgas und war mit der besten Zeit, die je in der Vorrunde einer Hallen-EM erzielt wurde, fast eine halbe Sekunde schneller als der Rest der Konkurrenz. Auch Mitfavorit und Titelverteidiger Oscar Hussilos (46,28 sec) steht im Halbfinale, ohne dass er in seinem Vorlauf schon alle Karten aufdecken musste. sb

STIMME ZUM WETTBEWERB:

Marvin Schlegel (LAC Erdgas Chemnitz; 47,01 sec):
„Einfach mega enttäuschend. Ich habe mich gut gefühlt und wollte hier noch mal die gute Hallensaison abschließen. Das ist mir leider überhaupt nicht gelungen. Ich fand, es war vorne raus nicht zu langsam, ich muss jetzt erstmal gucken, woran es gelegen hat, die Enttäuschung sitzt jetzt erstmal tief. Da heißt es jetzt schnell abhaken, und im Sommer geht es weiter.“


HOCHSPRUNG | QUALIFIKATION


Zitterpartie für Potye, großes Pech für Wagner

Die Hochsprung-Qualifikation war für alle Beteiligten eine zähe Angelegenheit, denn viele Fehlversuche und ein früher Start bei 2,08 Metern zogen den Wettbewerb in die Länge. Auch die DLV-Athleten bekamen das zu spüren – und hatten selbst Probleme. Besonders Jonas Wagner (Dresdner SC 1898), der zweimal in den zweiten Versuch musste, bevor er 2,19 Meter hauchdünn auch im dritten Versuch riss. Doch die Probleme kamen nicht von ungefähr: Aufgrund der Position der Kugelstoß-Anlage musste er in Istanbul als einziger Athlet mit einem sehr engen Radius seinen Anlauf verkürzen und konnte nicht wie gewohnt Tempo aufnehmen.

Vize-Europameister Tobias Potye (LG Stadtwerke München) musste bei dieser Höhe in den dritten Versuch, denn sein zweiter war zwar deutlich drüber, mit dem Speed eines schnellen Anlaufs riss er die Latte jedoch mit den Waden. Im dritten Versuch blieb die Latte liegen. Es sollte die Höhe bleiben, die die Final-Teilnehmer von den Ausgeschiedenen trennte. Denn Tobias Potye war der achte Athlet, der sie meisterte – und der letzte. So konnten die Hochspringer anschließend ihre Tasche packen. Zufrieden dürften dabei besonders Favorit Andriy Protsenko (Ukraine), der Dritte der zurückliegenden Hallen-EM Thomas Carmoy (Belgien), der Pole Norbert Kobielski und der Niederländer Douwe Amels gewesen sein. Denn sie leisteten sich keinen Fehlversuch.

STIMMEN ZUM WETTBEWERB

Tobias Potye (LG Stadtwerke München):
Mir war schon klar, dass eine Qualifikation ihre eigenen Gesetze hat. Und heute hat das mal wieder zugeschlagen. Ich bin froh, dass es mir nicht wie letztes Jahr in Eugene passiert ist und ich gar nicht mehr die Kontrolle übernehmen konnte. 2,19 Meter im Zweiten habe ich irgendwie übersteuert. Das war schade, aber das hat mich dann gezwungen mal abzuspringen und ein bisschen was zu zeigen. Wenn man das bei 2,08, 2,14 Metern verpasst, dann wird es happig, wenn es etwas höher wird. Es war auf jeden Fall ein kleiner Weckruf. Am Sonntag darf man gar nicht schlafen. Ich bin jetzt schon ein bisschen erleichtert. Ich will im Finale eine richtig gute Performance hinlegen, nicht so wie heute, und vorne mitspringen. Ich würde mich über eine Bestleistung freuen, die muss man auch springen, wenn man um die Medaillen mitkämpfen will.

Jonas Wagner (Dresdner SC 1898):
Ich hatte das Problem, dass ich heute nicht meinen vollen Anlauf hinbasteln konnte. Die Kugelstoß-Anlage war im Weg. Und ich dachte, bevor ich halbe Sachen mache und neun Schritte irgendwie verwurstele, mache ich lieber einen Anlauf, den ich kenne, den ich aber nicht gewohnt bin. Unter der Anstrengung ging das irgendwie schief. Was das doppelt bitter macht: Ich glaube, ich bin der Einzige, der heute damit zu käpmfen hatte. Weil ich eine sehr enge Kurve habe und sehr weit nach hinten gehe. Ich musste aus weniger Schritten das gleiche Tempo machen. Es ist bitter, und ich fühle mich ein bisschen betrogen. Aber ehrlich gesagt kann ich deswegen auch nicht so richtig enttäuscht sein, ich weiß ja, woran es lag.


Hallen-EM 2023 Istanbul

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