| Nordhausen-Indoor

Vom U18-Talent zum deutschen Top-Starter: Simon Bayers Rückkehr nach Nordhausen

Zehn Jahre nach der bis dato letzten Ausgabe feiert das Nordhausen-Indoor am Samstag ein Comeback. Für einen Athleten wird das Kugelstoß-Meeting dabei ebenfalls zu einer Rückkehr: Simon Bayer steigt zehn Jahre nach seinem Auftritt als U18-Talent dieses Mal als hoffnungsvollster DLV-Athlet in den Ring.
Sandra Arm

„Das ist schon verrückt und mir noch nie passiert“, sagt Simon Bayer (VfL Sindelfingen), „dass ein Meeting zehn Jahre ausgesetzt war und jetzt wieder zurückkehrt.“ Vor zehn Jahren startete er als U18-Athlet beim damaligen Nordhäuser Kugelstoß-Hallenmeeting „Energie-Indoor“. Am Samstag (28. Januar) kehrt er als Aktiver bei der Neuauflage des Kugelstoß-Meetings „Nordhausen-Indoor“ zurück in den Ring. Als einziger der gemeldeten Teilnehmer durchlebt der 27-Jährige an einem Tag die sportliche Vergangenheit wie Gegenwart dieses Meetings. Relikte dieser alten Zeit sind Bilder und ein grünes T-Shirt.

An das Damals kann er sich noch gut erinnern. „Ich war mit meinem Papa da. Nach dem Wettkampf gab es im VIP-Raum ein Meet & Greet mit den Aktiven wie den US-Amerikanern Ryan Whiting und Reese Hoffa. Ein paar Jahre später sollte Ryan Whiting für zwei Jahre mein Trainer werden. Er konnte sich aber nicht mehr an unser Treffen in Nordhausen erinnern.“ Aber Simon Bayer hat die Erinnerung, die ihn bis heute begleitet. Ebenso wie das grüne T-Shirt, das er damals als Souvenir mit nach Hause nahm. „Ich glaube ich habe es noch. Wenn ich es finde, dann bringe es mit.“

"Das letzte Jahr war mein erfolgreichstes"

Geboren wurde Simon Bayer in den USA, ist teilweise dort aufgewachsen und kehrte aller zwei Jahre in die USA zurück. Und das Ende 2018, Anfang 2019 sogar sportlich. Auf einer Coaching-Plattform gab es das Online-Angebot des Weltklasse-Kugelstoßers Ryan Whiting. Der deutsche Kugelstoßer entschied sich für diesen Schritt. Betreut wurde er teils aus der Ferne, teils vor Ort.

„Ich bin zweimal im Jahr für vier Wochen in die USA gereist, um mit ihm und seiner Trainingsgruppe zu trainieren“, erzählt Simon Bayer. Zu dieser gehörten unter anderem Nick Ponzio (Italien), Darrell Hill und die heutige Weltmeisterin Chase Ealey (USA). „Ich habe mich aber in dieser Zeit nicht so weiterentwickelt, wie ich es wollte“, sagt Simon Bayer. Er beendete das sportliche Projekt in den USA und wird seit Oktober 2021 von Markus Reichle am Bundesstützpunkt in Stuttgart trainiert. „Mit ihm kamen die Erfolge. Das letzte Jahr war mein erfolgreichstes.“ 

Simon Bayer qualifizierte sich für die Weltmeisterschaften in Eugene und die Heim-EM in München. Letztere entwickelte sie für ihn zu einem Wechselbad der Gefühle. Er zitterte sich ins große EM-Finale. „Ich habe es gar nicht mitbekommen. Mein Trainer wusste es eher als ich. Mit ganz viel Glück habe ich mich ins Finale geschoben. Mein Trainer ist auf der Tribüne ausgerastet“, berichtet der Sindelfinger, der am selben Abend im Finale stand und Elfter wurde.

Jagd auf Bestleistung, Istanbul im Hinterkopf

Aus der jüngsten Vergangenheit zieht er enorm viel Kraft und Selbstvertrauen. Eben auch für das Hier und Jetzt. Nämlich seine Hallensaison. Nach seiner Rückkehr aus dem Trainingslager in Kienbaum stand er am vergangenen Wochenende erstmals wieder im Wettkampf-Ring. Bei seinem Saisoneinstieg im Sindelfinger Glaspalast stieß er 19,55 Meter. Tags darauf in Luxemburg steigerte er sich um 24 Zentimeter auf 19,79 Meter. Eine bestimmte Weite hat sich der EM-Elfte für die Hallensaison nicht vorgenommen. „Ich will kontinuierlich meine Bestleistung steigern.“ Diese steht bei 20,12 Meter.

Ein wenig liebäugelt er darüber hinaus mit der Hallen-EM in Istanbul (Türkei; 2. bis 5. März). „Dafür muss man die Norm von 21,20 Meter auch erstmal stoßen. Die Hallensaison hat nur sechs Wochen. Ich lasse mich einfach überraschen und genieße die Reise für mich selber“, erkärt er. Eine andere Option wäre Punkte sammeln für die Weltrangliste. Doch das ist gar nicht so einfach. „Ich muss wirklich nach Wettkämpfen suchen. Ich befinde mich gerade an dem Level, wo ich zittern muss. Ich stehe oftmals bei den größeren Meetings auf der Warteliste. Um sicher dabei zu sein, muss ich noch ein paar Zentimeter drauflegen.“

Womöglich ja schon in Nordhausen, wo er zu „Thunderstruck“ von AC/DC auf Weitenjagd gehen wird. „Ich bin halt old school und mit dieser Musik groß geworden. Das ist für mich Kugelstoßen. Es ist vor allem laut.“ Herausgefordert wird der Deutsche Vizemeister unter anderem von Bob Bertemes. Der Luxemburger stieß jüngst bei seinem Heimwettkampf mit 20,78 Metern Meeting-Rekord. Im Wettstreit mit nationalen Konkurrenten wie Christian Zimmermann (Kirchheimer SC), Silas Ristl (LAC Essingen) oder Eric Maihöfer (VfL Sindelfingen) wird das Meeting auch schon zu einem Vorgeschmack auf die Hallen-DM am 18./19. Februar in Dortmund.

Der MDR überträgt das Kugelstoß-Meeting in Nordhausen ab 14:50 Uhr im Livestream auf mdr.de

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