Es war ein intensives Jahr für die Leichtathletik. Weltmeisterschaften in den USA. Europameisterschaften im eigenen Land. Und auch der Nachwuchs war international gefordert. Was bleibt in Erinnerung? Wir werfen einen Blick zurück auf dieses besondere Jahr 2022. Heute: Stabhochsprung der Männer.
Das ist 2022 passiert
Auf der größten Leichtathletik-Bühne des Jahres blieb Bo Kanda Lita Baehre cool. Der Stabhochspringer vom TSV Bayer 04 Leverkusen sog die mitreißende Atmosphäre Ende August beim EM-Finale im Münchner Olympiastadion förmlich auf und forderte den besten Stabhochspringer der Geschichte heraus. Vom EM-Thron konnte der 23-Jährige den absoluten Überflieger Armand Duplantis (Schweden) zwar nicht stoßen. Doch EM-Silber mit im zweiten Versuch übersprungenen 5,85 Metern war nichts weniger als das Maximalergebnis für Bo Kanda Lita Baehre.
Dass es bald auch Richtung der magischen Sechs-Meter-Marke für den Leverkusener gehen kann, hatte er bereits Ende Juni bei der DM in Berlin bewiesen, als er seine Bestleistung auf 5,90 Meter steigerte. Bei der EM scheiterte der Vize-Europameister (noch) knapp an 5,95 Metern. Bei der WM in Eugene zeigte Bo Kanda Lita Baehre mit 5,87 Metern ebenfalls eine Weltklasseleistung. In einem ganz engen Feld reichte das aufgrund etwas zu vieler Fehlversuche „nur“ zu Rang sieben.
Über eben diese 5,87 Meter jubelte Oleg Zernikel im WM-Finale von Eugene. Der Landauer flog damit nicht nur auf Rang fünf, sondern steigerte seine Bestleistung außerdem um sechs Zentimeter. Damit ist der 27-Jährige endgültig in der absoluten Weltklasse angekommen. Auch gelang es ihm 2022 Top-Höhen konstant abzurufen. Sieben seiner zehn besten Wettkämpfe datieren aus der abgelaufenen Saison.
Wie Oleg Zernikel war auch Torben Blech (TSV Bayer 04 Leverkusen) bei allen drei internationalen Höhepunkten 2022 am Start: Hallen-WM in Belgrad, WM in Eugene und EM in München. Mit EM-Rang acht gelang dem Deutschen Hallenmeister und ehemaligem Zehnkämpfer eine ordentliche Platzierung. Was 2022 nicht gelingen wollte, war ein 5,80-Meter-Sprung. Als noch recht junger „Stabhochsprung-Spezialist“ fehlt dem 27-Jährigen ab und an noch die technische Konstanz.
Einen wahren Leistungssprung legte Gilian Ladwig hin. Der Schweriner steigerte 2022 mehrfach seine drei Jahre alte Bestleistung um insgesamt 37 Zentimeter und ist mittlerweile bei 5,72 Metern angekommen. Der ehemalige Weltmeister Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken) hatte im Sommer mit Wadenproblemen zu kämpfen und verpasste die DM in Berlin. Für ihn gingen 5,62 Meter als Saisonbestleistung in die Statistiken ein.
Vor einigen Jahren wurde Raphael Holzdeppe von Armand Duplantis als U20-Weltrekordler entthront. Mittlerweile ist der Schwede der weltweit seit Jahren dominierende Athlet. Das sieht man bei Wettkämpfen wie auch beim Blick in die Statistiken 2022: Seine 19 Wettkämpfe (WM- und EM-Qualifikation ausgenommen) beendete der 23-Jährige 15-mal mit einem Sechs-Meter-Ergebnis und meisterte insgesamt 22-mal die Sechs-Meter-Marke. Bei seinen sechs Hallen-Wettkämpfen schaffte er immer mindestens 6,02 Meter. Dreimal verbesserte er seinen eigenen Weltrekord auf 6,21 Meter. Superlative pur. Dass er auch nur ein Mensch ist zeigte er in Brüssel, als er seine einzige Saisonniederlage gegen Ernest Obiena (Philippinen) hinnehmen musste.
Und was machte der deutsche Nachwuchs 2022? Der präsentierte sich auf einem hohen Niveau. Till Marburger (LG Olympia Dortmund) und Marec Metzger (VfL Sindelfingen) sprangen mit jeweils 5,15 Metern im U20-WM-Finale auf die Plätze sechs und neun. Mit glatten 5,00 Metern belegte Hendrik Müller bei der U18-EM Platz fünf. Wenige Wochen später steigerte sich der Leverkusener sogar auf 5,35 Meter. Damit katapultierte er sich bis auf Rang eins der deutschen U20-Bestenliste.
Internationale Erfolge
Medaille | Finalplatzierung | |
---|---|---|
Hallen-WM | – | 9. Platz Oleg Zernikel (5,75 m) 13. Platz Torben Blech (5,60 m) |
U20-WM | – | 6. Platz: Till Marbuger (5,15 m) 9. Platz: Marec Metzger (5,15 m) |
U18-EM | – | 5. Platz: Hendrik Müller (5,00 m) Ohne Höhe: Joshua Stallbaum |
EYOF | – | – |
WM | – | 5. Platz: Oleg Zernikel (5,87 m) 7. Platz: Bo Kanda Lita Baehre (5,87 m) |
EM | Silber: Bo Kanda Lita Baehre (5,85 m) | 8. Platz: Torben Blech (5,50 m) 9. Platz: Oleg Zernikel (5,50 m) |
Unser "Ass des Jahres"
Bo Kanda Lita Baehre (TSV Bayer 04 Leverkusen)
Vize-Europameister, WM-Siebter
Zweiter Europabestenliste, Fünfter Weltbestenliste
Deutscher Meister
Neue Bestleistungen im Freien und in der Halle
Unser "Talent des Jahres"
Hendrik Müller (TSV Bayer 04 Leverkusen)
5. Platz 18-EM
Deutscher U18-Meister
Platz eins deutsche U20-Bestenliste
Bestleistung 2022 um 35 Zentimeter gesteigert
Die Deutschen Top Ten 2022
Höhe | Name | Jahrgang | Verein |
---|---|---|---|
5,90 | Bo Kanda Lita Baehre | 1999 | TSV Bayer 04 Leverkusen |
5,87 | Oleg Zernikel | 1995 | ASV Landau |
5,75 | Torben Blech | 1995 | TSV Bayer 04 Leverkusen |
5,72 | Gilian Ladwig | 1998 | Schweriner SC |
5,61 | Raphael Holzdeppel | 1989 | LAZ Zweibrücken |
5,57 | Lamin Krubally | 1995 | ASV Landau |
5,55 | Tom-Linus Humann | 1998 | Schweriner SC |
5,40 | Vincent Hobbie | 1997 | LG Region Karlsruhe |
5,40 | Fabio Wünsche | 2001 | SC Potsdam |
5,36 | Louis Pröbstle | 2002 | TSV Gräfelfing |
Statistik – Das sagen die Zahlen
Das deutsche Top-Niveau
Jahr | ≥ 5,70 m* | Schnitt Top 3 | Schnitt Top 5 | Schnitt Top 10 |
---|---|---|---|---|
2005 | 6 | 5,83 | 5,79 | 5,66 |
2006 | 7 | 5,87 | 5,84 | 5,73 |
2007 | 6 | 5,87 | 5,81 | 5,68 |
2008 | 9 | 5,79 | 5,75 | 5,73 |
2009 | 7 | 5,79 | 5,76 | 5,70 |
2010 | 5 | 5,80 | 5,73 | 5,66 |
2011 | 4 | 5,77 | 5,83 | 5,65 |
2012 | 4 | 5,94 | 5,82 | 5,68 |
2013 | 5 | 5,89 | 5,82 | 5,68 |
2014 | 3 | 5,71 | 5,63 | 5,54 |
2015 | 3 | 5,78 | 5,72 | 5,62 |
2016 | 4 | 5,76 | 5,71 | 5,59 |
2017 | 2 | 5,70 | 5,66 | 5,58 |
2018 | 1 | 5,69 | 5,66 | 5,50 |
2019 | 3 | 5,77 | 5,69 | 5,57 |
2020 | 2 | 5,73 | 5,64 | 5,48 |
2021 | 2 | 5,73 | 5,64 | 5,49 |
2002 | 4 | 5,84 | 5,77 | 5,61 |
Entwicklung Jahresbestleistungen im internationalen Vergleich
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. |
---|---|---|---|---|---|
2005 | 5,93 (Lobinger) | 5,93 (Lobinger) | 0,00 | 6,00 (Burgess/USA) | 0,07 |
2006 | 5,90 (Lobinger) | 5,90 (Lobinger) | 0,00 | 6,00 (Walker/USA) | 0,10 |
2007 | 5,90 (Otto) | 5,90 (Otto) | 0,00 | 5,95 (Walker/USA) | 0,05 |
2008 | 5,81 (Straub) | 6,01 (Lukyanenko/RUS) | 0,20 | 6,04 (Hooker/AUS) | 0,23 |
2009 | 5,81 (Straub) | 6,01 (Lavillenie/FRA) | 0,20 | 6,01 (Lavillenie/FRA) | 0,20 |
2010 | 5,90 (Mohr) | 5,94 (Lavillenie/FRA) | 0,04 | 5,95 (Hooker/AUS) | 0,05 |
2011 | 5,85 (Mohr) | 5,90 (Lavillenie/FRA) | 0,05 | 5,90 (Lavillenie/FRA) | 0,05 |
2012 | 6,01 (Otto) | 6,01 (Otto) | 0,00 | 6,01 (Otto) | 0,00 |
2013 | 5,91 (Holzdeppe) | 6,02 (Lavillenie/FRA) | 0,11 | 6,02 (Lavillenie/FRA) | 0,11 |
2014 | 5,73 (Scherbarth) | 5,93 (Lavillenie/FRA) | 0,12 | 5,93 (Lavillenie/FRA) | 0,20 |
2015 | 5,94 (Holzdeppe) | 6,05 (Lavillenie/FRA) | 0,11 | 6,05 (Lavillenie/FRA) | 0,11 |
2016 | 5,77 (Gaul) | 5,98 (Lavillenie/FRA) | 0,21 | 6,03 (Braz da Silva/BRA) | 0,26 |
2017 | 5,80 (Holzdeppe) | 5,93 (Wojciechowski/POL) | 0,13 | 6,00 (Kendricks/USA) | 0,20 |
2018 | 5,81 (Holzdeppe) | 6,05 (Duplantis/SWE) | 0,24 | 6,05 (Duplantis/SWE) | 0,24 |
2019 | 5,80 (Blech) | 6,02 (Lisek/POL) | 0,22 | 6,06 (Kendricks/USA) | 0,26 |
2020 | 5,81 (Lita Baehre) | 6,15 (Duplantis/SWE) | 0,34 | 6,15 (Duplantis/SWE) | 0,34 |
2021 | 5,80 (Zernikel/Lita Baehre) | 6,10 (Duplantis/SWE) | 0,30 | 6,10 (Duplantis/SWE) | 0,30 |
2022 | 5,90 (Lita Baehre) | 6,21 (Duplantis/SWE) | 0,31 | 6,21 (Duplantis/SWE) | 0,31 |
Das fällt auf:
- Die deutschen Stabhochspringer haben nach den statistischen Werten die beste Saison seit 2013 hingelegt. Der Top-5-Wert beträgt starke 5,77 Meter.
- Nach zehn Jahren gewann mit Bo Kanda Lita Baehre wieder ein deutscher Stabhochspringer eine EM-Medaille. In München musste sich der Leverkusener nur Überflieger Armand Duplantis geschlagen geben.
- 2022 war ein Jahr für Bestleistungen: Vize-Europameister Bo Kanda Lita Baehre, der WM-Fünfte Oleg Zernikel und Aufsteiger Gilian Ladwig steigerten ihre Hausrekorde deutlich. Das gelang auch Armand Duplantis dreimal, gleichbedeutend mit drei Weltrekorden.
- Bo Kanda Lita Baehre und Oleg Zernikel sind endgültig in die absolute Weltspitze vorgestoßen. Allerdings fehlen bis zur Nummer eins wie in den vergangenen Jahren weiterhin mehr als 30 Zentimeter. Der Grund heißt Armand Duplantis.
- Drei deutsche U20-Stabhochspringer haben die 5,30-Meter-Marke in der abgelaufenen gemeistert. Mit 5,35 Metern katapultierte sich mit Hendrik Müller sogar ein U18-Athlet an die Spitze der deutschen U20-Bestenliste. Gute Aussichten für die kommenden Jahre.
leichtathletik.TV-Clips:
Die Disziplin-Analysen im Überblick:
Sprint Frauen
Sprint Männer
Langsprint Frauen
Langsprint Männer
Hürdensprint Frauen
Hürdensprint Männer
Langhürden Frauen
Langhürden Männer
Mittelstrecke Frauen
Mittelstrecke Männer
Langstrecke Frauen
Langstrecke Männer
Hindernis Frauen
Hindernis Männer
Gehen Frauen
Gehen Männer
Hochsprung Frauen
Hochsprung Männer
Weitsprung Frauen
Weitsprung Männer
Dreisprung Frauen
Dreisprung Männer
Stabhochsprung Frauen
* als Referenzwert dient die WM-Norm des Jahres 2017