Eine junge Läuferin auf der Überholspur – doch nicht ohne Rückschläge. Trotz Corona-Erkrankung im Winter und Hitzeschlag im Sommer mischte Sara Benfares in diesem Jahr nicht nur das deutsche Läuferlager auf, sondern erfüllte sich auch den Traum vom Start im deutschen Nationaltrikot. Von ihrem großen Ehrgeiz getrieben, hat sie auch das nächste Ziel schon klar vor Augen.
Mit gleich zwei Titeln bei den Deutschen Meisterschaften im 10-Kilometer-Straßenlauf, im Einzel sowie in der Mannschaft, verabschiedete sich Sara Benfares (LC Rehlingen) Mitte September in den wohlverdienten Urlaub. Hinter ihr liegt eine lange Sommersaison: „Ich bin richtig müde“, gibt die 21-Jährige zu. Eine Saison, die – wie bereits der Winter – gespickt war mit Höhen und Tiefen.
Gleich zu Beginn des Jahres wurde die Saarländerin von einer Corona-Infektion ausgebremst: „Ich konnte keine fünf Minuten am Stück laufen, ohne dass mir die Luft weggeblieben ist“, erzählt sie. Es habe eine ganze Weile gebraucht, bis sie im Training wieder die gewohnten Umfänge absolvieren konnte – durchschnittlich sind das bei ihr zehn Einheiten pro Woche.
„Ich will immer gewinnen“
Zu spüren bekam Sara Benfares den fehlenden Monat Wintertraining dann auch auf der Bahn. Bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig etwa fehlten ihr auf der Zielgeraden die entscheidenden Körner und sie verpasste über 3.000 Meter die Bronzemedaille nur um Haaresbreite. Rückblickend sagt sie selbstkritisch: „Nach Corona habe ich nicht die Ergebnisse erreicht, die ich mir für die Halle vorgenommen hatte.“
Denn wenn die Pharmaziestudentin eines nicht kann, dann ist das verlieren: „Ich bin sehr ehrgeizig und will immer gewinnen. Ich kann mir nicht vorstellen, an die Startlinie zu gehen und nicht gewinnen zu wollen. Egal, ob das die Olympischen Spiele sind, eine WM oder nur ein Meeting. Ich bin einfach nur da, um zu gewinnen. Ich bin eine richtig schlechte Verliererin und kann es nicht leiden, Zweite zu werden. Dann ist es auch egal, welche Zeit ich gemacht habe. Für mich ist das Wichtigste zu gewinnen.“
Erfolgreiches Familiengespann
Dass sie damit stets sehr ambitionierte Ziele hat, ist ihr durchaus bewusst. Doch sei das Teil der gemeinsamen Trainingsphilosophie mit ihrem Vater, Samir Benfares. „Viele sagen, dass unsere Ziele sehr hochgesteckt sind. Aber wenn wir ein gemeinsames Ziel haben, sind wir beide total konzentriert darauf“, sagt die Läuferin. Und betont, dass sie absolutes Vertrauen in ihren Vater habe – nicht zuletzt war dieser einst selbst ein Weltklasse-Mittelstreckenläufer mit einer 1.500-Meter-Bestzeit von 3:35,99 Minuten.
Komplettiert wird das Familiengespann von Mutter Béatrice Benfares, den beiden ebenfalls als Läuferinnen aktiven Schwestern Selma und Sofia sowie dem jüngsten Bruder Elias, der gern mal in die Rolle des Co-Trainers schlüpft und etwa Zeiten stoppt (zum Porträt der Benfares-Familie). Gesprochen wird dabei immer in einem wilden Durcheinander aus Deutsch und Französisch – zum einen, weil der Vater Franzose und die Mutter Deutsche ist und zum anderen, weil auch die vier Geschwister zunächst in Fontainebleau bei Paris aufgewachsen sind und dort eine deutsche Schule besuchten.
Heimvorteil in Paris
Inzwischen wohnen die drei Schwestern in Saarbrücken. Doch wenn Sara Benfares über ihr großes Ziel spricht, eine olympische Medaille bei den Spielen 2024 in Paris zu gewinnen, fällt dennoch das Wort „Heimspiel“. Und das kann für Sara Benfares tatsächlich zum Vorteil werden. Den besten Beweis, wozu sie mit Unterstützung von Heimpublikum in der Lage ist, lieferte sie im deutschen Nationaltrikot bei den Europameisterschaften in München.
Dort lief sie als jüngste aller Finalistinnen über 5.000 Meter nicht nur auf einen guten elften Platz, sondern steigerte zugleich ihren nur kurz zuvor verbesserten Saarland-Rekord auf 15:20,94 Minuten. Noch immer schwärmt sie von der einzigartigen Atmosphäre im Stadion und erzählt, dass die heimische Unterstützung selbst im Callroom zu spüren war und sie sogar von Volunteers und Kampfrichtern vor dem Start angefeuert wurde.
Hitzeschlag bei der WM
Aus ihren Erinnerung am liebsten streichen würde sie hingegen die WM in Eugene (Oregon; USA). Zwar sei es eine tolle Erfahrung gewesen, daran teilzunehmen und mit all den „großen Namen“, den internationalen Spitzenathletinnen, die sie sonst nur aus dem Fernsehen kannte, gemeinsam auf der Bahn zu stehen und mit ihnen mitzulaufen. Doch erlebte sie zugleich einen Moment, der vielen bis heute in Erinnerung geblieben ist.
Nach einem Hitzeschlag brach sie völlig geschwächt im Ziel zusammen und musste mit dem Rollstuhl aus dem Stadion geschoben werden. „Bis heute können wir uns nicht erklären, wie es dazu kommen konnte. Wir hatten mit dem medizinischen Team und meinem Vater extra aufgepasst, dass ich gut abgekühlt bin vor dem Rennen“. Inzwischen habe sie aber damit abgeschlossen und sagt: „Das ist Vergangenheit“.
Lieber auf der Bahn als auf der Straße
Vielmehr konzentriere sie sich auf die Zukunft und lebt im Hier und Jetzt. Denn beides ist nicht voneinander zu trennen. Gleichermaßen wie sie ihre sportlichen Ziele im Training motivieren, seien sie auch wichtig, um parallel zum Leistungssport das anspruchsvolle Pharmaziestudium zu meistern. „Das ist alles eine Frage der Organisation. Auch wenn es Zeiten gibt, in denen es anstrengend ist, darfst du das Ziel nie aus dem Blick verlieren“, sagt sie.
Nach dem Urlaub steht für Sara Benfares zunächst ein Trainingslager in Vorbereitung auf die Cross-EM an. Ihre eigentliche Leidenschaft gilt jedoch nach wie vor der Bahn: „Ich bin absolut ein Bahntyp. Wenn ich könnte, würde ich jede Trainingseinheit auf der Bahn absolvieren“, sagt sie. Dauerlauf sei hingegen nicht so ihr Ding, gehöre aber dazu.
Auf der Mitteldistanz zu Hause
Und auch wenn sie jüngst DM-Gold über 10 Kilometer auf der Straße gewonnen hat, liegt ihr Fokus in den kommenden drei Jahren auf der Mitteldistanz. „Vielleicht denke ich dann in zehn Jahren mal an einen Marathon. Jetzt konzentriere ich mich aber erst einmal voll und ganz auf die 1.500 und die 3.000 Meter.“
Auf diesen Strecken sieht sie sich auch bei der WM in Budapest (Ungarn) im nächsten Jahr – „vielleicht auch über 5.000 Meter“. Verbesserungspotenzial für die kommende Saison sieht sie vor allem in der Armbewegung und sagt lachend: „Hier muss ich noch dran arbeiten, wie ich am Ende, wenn ich müde bin, noch zu viel mit den Armen wackle“.
Im Video:
10-Kilometer-DM | Dramatisches Finish: Sara Benfares und Eva Dieterich teilen sichGold