| München 2022

EM Tag 1 | Miriam Dattke führt deutsche Marathonis zu Mannschafts-Gold

Mit einem bärenstarken Team-Ergebnis haben sich die deutschen Marathonläuferinnen in der ersten Entscheidung der Europameisterschaften in München Gold im Mannschafts-Europa-Cup erkämpft. Die Regensburgerin Miriam Dattke verpasste am Montag als Vierte auch die Einzelmedaille nur hauchdünn.
Svenja Sapper

Am Ende wurde es ganz spannend: Drei Marathonläuferinnen kämpften um Silber und Bronze. Eine davon: Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg)! Die Polin Aleksandra Lisowska hatte sich etwas früher bereits Luft zu den Verfolgerinnen verschafft und holte sich am Montagmittag in München das erste EM-Gold in 2:28:36 Stunden ab. Dahinter erkämpfte sich Matea Pavlov Kostro (Kroatien; 2:28:42 h) Silber. Miriam Dattke unterlag im Kampf um Bronze hauchdünn der Niederländerin Nienke Brinkman: Beide kamen nach 2:28:52 Stunden ins Ziel.

Doch grämen musste sich die Regensburgerin nicht. Denn als starke Vierte führte sie das sechsköpfige deutsche Team zu Gold im in die EM integrierten Marathon-Europacup. In die Mannschaftswertung gingen die drei besten Resultate einer Nation ein. Für Dattke war es nach dem Rennen in Sevilla (Spanien) im Februar, das sie in 2:26:50 Stunden beendet hatte, erst der zweite komplette Marathon.

Fünf in den besten 15, alle in den Top 20

Vereinskollegin Domenika Mayer jubelte nach 2:29:21 Stunden über Platz sechs, Deborah Schöneborn (SCC Berlin; 2:30:35 h) machte auf Platz zehn als drittbeste Deutsche den Mannschaftserfolg klar. Ihre Zwillingsschwester Rabea folgte in 2:31:36 Stunden auf Platz zwölf, auch die Frankfurterin Katharina Steinruck schaffte es mit 2:32:41 Stunden noch in die Top 15. Bei ihrem ersten Start im DLV-Trikot lief Kristina Hendel (LG Braunschweig; 2:35:14 h) auf Platz 20 ins Ziel ein.

Mit knapp über 20 Grad und leichter Bewölkung hatten die Marathonläuferinnen bei der ersten Medaillenentscheidung der Europameisterschaften zunächst gute Bedingungen vorgefunden, bevor die Temperaturen zur Mittagszeit deutlich stiegen und sich der Marathon zum Hitzerennen entwickelte. Die Laufstrecke, deren Start und Ziel sich am Münchner Odeonsplatz befand, führte sie am Montag vorbei am Marienplatz, Viktualienmarkt, Gärtnerplatz, Isartor, der Eisbachwelle und dem Friedensengel durch die Innenstadt bis zum Englischen Garten, der viermal durchlaufen werden musste.

Mannschafts-Gold wie 2002

Vor allem die beiden Regensburgerinnen konnten den Schwung, den ihnen die Zuschauer an der Strecke sowie auf den Tribünen am Odeonsplatz gaben, voll und ganz für sich nutzen. Hatten sich anfangs noch alle sechs deutschen Starterinnen in der Führungsgruppe aufgehalten, mussten die Schöneborn-Schwestern, Steinruck und Hendel nach und nach abreißen lassen.

Doch auch als sich das Feld ab der Hälfte des Rennens immer weiter auseinanderzog, konnten die bayerischen Lokalmatadorinnen mithalten: Miriam Dattke führte das Rennen bis zum Antritt der Polin sogar an, Domenika Mayer hatte in ihrem ebenfalls erst zweiten Marathon lange Tuchfühlung zur Spitze.

Mit dem Mannschaftserfolg wandelte das deutsche Team in den Fußstapfen der Stars von 2002: Bereits bei den letzten Europameisterschaften in München hatte die deutsche Frauen-Mannschaft, bestehend aus Luminita Zaituc, Sonja Oberem und Ulrike Maisch, den European Marathon Cup gewonnen, der damals nicht in den offiziellen Medaillenspiegel eingeflossen war. Diesmal bescherten 7:28:48 Stunden der deutschen Marathon-Auswahl die Goldmedaille vor Spanien (7:39:25 h) und Polen (7:40:54 h).

Stimmen zum Wettbewerb

Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg; 2:28:52 h)
„Ich habe natürlich noch sehr auf eine Medaille gehofft und mein Bestes gegeben. Es war dann leider echt knapp. Aber die Stimmung war der Hammer! Ich habe gespürt, wie alle gehofft haben, dass ich es noch schaffe. Und wie mich alle angebrüllt haben, aus tiefstem Herzen! Es war ein super Push. Ich hoffe, dass es irgendwann mal auch für eine Einzelmedaille reicht. Die letzten Meter waren ein einziger Kampf. Ich habe einiges verpasst beim Laufen: einen Schwamm, die Flasche, die mir mein Trainer hingehalten hat. Aber ich habe mir jedes Mal gedacht, es lohnt sich nicht, sich drüber zu ärgern. Es hat mir nichts ausgemacht. An der Siegessäule haben meine Trainingspartner mich angebrüllt wie sonst was. Da bin ich fast zusammengezuckt! Wenn es um die Mannschaft geht, denkt man sich: Ich darf auf gar keinen Fall aufgeben, ich muss für das Team vorne bleiben. Das ist noch mehr Motivation, als wenn man alleine kämpft.“

Domenika Mayer (LG Telis Finanz Regensburg; 2:29:21 h)
„Ich habe gewusst: Irgendwann kommt die Tempoverschärfung, und dann muss ich auch mein Tempo verschärfen. Hinten raus hieß es einfach nur noch kämpfen, den Kopf ausschalten und gucken, was die schweren Beine noch hergeben. Ich bin so zufrieden! Am Ende habe ich auch die Hitze gemerkt, als die Sonne rausgekommen ist. Hashtag #respektandiemänner. Es war insgesamt ein schönes Rennen und es hat wirklich beflügelt, die Leute an der Strecke zu hören.“

Deborah Schöneborn (SCC Berlin; 2:30:35 h)
„Die Stärke der deutschen Marathonis hat sich in den letzten Jahren entwickelt. Es ist total toll. Konkurrenz belebt das Geschäft, wir pushen uns gegenseitig und fighten natürlich auch um die Plätze. Umso schöner, dass es dann solche Teamwertungen wie hier gibt und man dann im eigenen Land Team-Gold holen kann. Wenn wir zwei Stunden früher gestartet wären, wäre es ein paar Grad kälter gewesen. Letzten Endes hatten wir Glück mit dem Wetter, aber die Idealtemperatur für Marathon ist acht Grad und nicht 24. Wir sind bei unserer Kühlstrategie geblieben, wir sind sehr gut vorbereitet gewesen. Wir sind froh, dass es keine 35 Grad sind und wir keine Bilder transportieren, wo ein Drittel der Athletinnen aussteigt.“

Rabea Schöneborn (SCC Berlin; 2:31:36 h)
„Wir wussten, dass es heute kühler wird. Wir haben uns mit unserem medizinischen Team darauf eingestellt. Unser Team-Arzt hat auch in Erding schon einen Kollegen gehabt, der sich mit dem Wetter super auskennt und auch die Prognose hatte. Wir hatten wunderbare Kühlpäcks in unsere Mützen eingenäht. Darauf melden wir ein Patent an! Wir haben die Säckchen in mühseliger Handarbeit da reingenäht. Man muss das echt üben, das ist gar nicht so leicht beim Laufen.“

Katharina Steinruck (Eintracht Frankfurt; 2:32:41 h)
„Wir hatten am Ende noch nie ein Team im Ziel. Bislang waren wir immer nur zu zweit, die ins Ziel gekommen sind. Heute sind es sechs! Wir sind sechs Mädels in den Top 20, drei in den Top Zehn – mega! Und dann noch den Europacup hier zu gewinnen, die Mannschaftswertung, das ist super. Wir sind ja lange zusammen gelaufen, ich habe lange Miri noch vor mir gesehen. Ganz vorne kam ich dann nicht mit, aber ab und zu auf der Strecke wurde mir zugerufen: "Zieh! Ihr kämpft um eine Medaille!" Das kriegt man dann schon mit.“

Kristina Hendel (LG Braunschweig; 2:35:14 h)
„Das war die schwierigste Vorbereitung, die ich je hatte. Vor vier Wochen ist meine Mutter gestorben, vor acht Wochen war ich krank. Das war mein dritter Marathon in diesem Jahr und ich bin froh, dass ich es geschafft habe. Deshalb bin ich auch mit hochgereckten Armen ins Ziel gelaufen. Mein Mann [Sebastian Hendel] war leider nicht da, weil unser Sohn krank geworden ist, aber mich haben trotzdem viele angefeuert.“

EM 2022 München

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