Gleich zwei Medaillen nahm Läufer Mohamed Mohumed von den Deutschen Meisterschaften in Berlin mit nach Hause: Dem 5.000-Meter-Sieg am Samstag ließ er einen Tag später Rang drei über 1.500 Meter folgen. Im Interview mit leichtathletik.de sprach der Dortmunder nach dem zweiten Rennen über die wertvolle Erfahrung des DM-Doppelstarts, Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Mittel- und Langstrecke und verriet, was Norwegens Superstar Jakob Ingebrigtsen ihm nach dem gemeinsamen Rennen in San Juan Capistrano mit auf seinen Weg gab.
Mohamed Mohumed, herzlichen Glückwunsch zu zwei DM-Medaillen am Wochenende. Nach dem 5.000-Meter-Sieg am Samstag ist es über 1.500 Meter der dritte Platz geworden. Wie ist Ihre Gefühlslage nach dem Rennen?
Mohamed Mohumed:
Ich fühle mich mega gut. Es war eine coole Erfahrung, hier einen Doppelstart wagen zu können. Ein bisschen Selbstbewusstsein hat vielleicht gefehlt. Es ist über 1.500 Meter nicht am Können gescheitert, ich war ja der Schnellste dieses Jahr. Aber sich nach so einem Fünfer an so einem heißen Tag noch mal an die Startlinie zu stellen, da brauche ich einfach ein bisschen mehr Selbstbewusstsein. Und wie bekommt man das besser, als sich einfach hier hinzustellen und ins kalte Wasser zu springen? Ich glaube, die nächsten Jahre ist es möglich, zwei Titel mit nach Hause zu nehmen.
Sie haben zwischenzeitlich geführt, mussten Christoph Kessler und Marius Probst aber am Ende doch noch vorbeilassen. Sind auf der Schlussrunde die Beine schwer geworden?
Mohamed Mohumed:
Nein, gar nicht. Es war eher der Kopf, der ein bisschen zugemacht hat. Ich habe mich gewundert, dass die Jungs eher passiv gelaufen sind. Ich dachte, sie nehmen das Heft in die Hand. Ich bin auf jeden Fall mega happy für die Jungs. Die sind echt stark, und ich verstehe mich mit ihnen auch ganz gut neben dem Platz. Ich gönne es ihnen!
Das 1.500-Meter-Rennen war als spannender Dreikampf angekündigt: Christoph Kessler kann mit starken 800-Meter-Leistungen aufwarten, Sie kommen eher von den 5.000 Metern. Dazu kam Marius Probst. Wie haben Sie sich auf dieses Battle eingestellt?
Mohamed Mohumed:
Ich bin eigentlich die ganze Woche mit dem Plan ins Rennen gegangen, alles reinzulegen. Meine Bestzeit anzugreifen und eventuell noch WM-Norm zu laufen. Ich glaube aber, es wäre Wunschdenken gewesen, wenn ich das heute probiert hätte. Bei diesen Bedingungen ist es schwieriger, ohne Pacemaker das Tempo so hoch zu halten.
Vergessen wir nicht, dass Sie am Samstag bereits das 5.000-Meter-Rennen und den 1.500-Meter-Vorlauf bestritten hatten – insgesamt haben Sie in der Hitze an zwei Tagen also 8.000 Meter abgespult. War das für Sie eine große Herausforderung?
Mohamed Mohumed:
Körperlich nicht, aber mental. Ich bin ins Rennen gegangen mit dem Wissen, dass mir, im Gegensatz zu den anderen, schon 5.000 Meter in den Knochen stecken. Und die Jungs – also jetzt nicht hier im Feld, aber auch drum herum – machen auch „Mind Games“, das beeinflusst dann schon ein bisschen. Deswegen war das für mich eine wertvolle Erfahrung, damit ich zukünftig besser mit solchen Situationen umgehen kann.
Auch wenn es dieses Wochenende noch nicht mit dem Double geklappt hat, lässt sich dennoch festhalten: Das ist Ihr Jahr. Über 5.000 Meter haben Sie in San Juan Capistrano eine wahre Leistungsexplosion hingelegt und konnten sogar mit Jakob Ingebrigtsen mithalten. Wie haben Sie dieses Erlebnis in Erinnerung?
Mohamed Mohumed:
Das war eine mega Erfahrung. Ich habe gesehen, ich kann mit den Besten der Welt mithalten über 5.000 Meter. Jakob hat mich danach auch angesprochen und gemeint: „Du kannst ja bestimmt auch die 1.500 Meter richtig schnell laufen.“ Ich denke auch, dass es über 1.500 Meter noch schneller geht, sonst hätte ich in Capistrano gar nicht mit ihm mitlaufen können.
Wie sehr profitieren Sie auf der Langstrecke von Ihren guten 1.500-Meter-Zeiten? Und umgekehrt, wie nützlich ist Ihre Ausdauerstärke in 1.500-Meter-Rennen?
Mohamed Mohumed:
Als Langstreckler sind 3,75 Runden schon relativ kurz. Wenn man gut wegkommt, ist man eigentlich immer gut dabei. Es ist eher der Start, der anders ist. In normal schnellen Rennen ist es über 1.500 Meter so, dass man viel schneller losläuft. Das ist bei 5.000 ganz anders. Andersrum ist es so, dass man als 1.500-Meter-Läufer mit der Schnelligkeit einen zünden kann über 5.000. Und dadurch international eine Rolle spielen kann in großen Rennen.
Sehen Sie sich eher als Mittel- oder als Langstreckler?
Mohamed Mohumed:
Das ist eine gute Frage. Ich glaube, von 1.500 bis 10.000 Meter kann ich eigentlich alles laufen. Es geht nur darum, auf welche Strecke wir uns vorbereiten.
Mit „wir“ meinen Sie sicher sich und Ihren Trainer Pierre Ayadi, mit dem Sie zusammenarbeiten, seit Sie Ende 2016 nach Dortmund zogen …
Mohamed Mohumed:
Genau. Das ist eine sehr gute Zusammenarbeit. Pierre ist einer der professionellsten Menschen, die ich kenne. Auf ihn ist immer Verlass. Es ist unglaublich, wie viel Energie er in den Sport investiert. Du kannst ihn zu jeder Uhrzeit erreichen. Es ist einfach unglaublich.
Für Sie spielt bekanntlich auch Ihre Familie eine große Rolle. Ihr Bruder Yassin, mit dem Sie in Dortmund zusammenwohnen, war im 1.500-Meter-Vorlauf ebenfalls am Start. Waren noch andere Familienmitglieder im Stadion?
Mohamed Mohumed:
Mein Papa und meine kleine Schwester waren zum Anfeuern im Stadion. Meine anderen drei Schwestern und meine Mama sind zuhause geblieben, weil es morgen direkt weitergeht ins Trainingslager nach St. Moritz. Ich habe mich dazu entschieden, die Vorbereitung größtenteils nahe der Heimat zu absolvieren, damit ich das mit meiner Familie machen kann. Die letzten neun Tage geht es nach Flagstaff, um die Zeitverschiebung zu verkraften, und von da aus zur WM.
Was haben Sie sich für die Titelkämpfe in Eugene vorgenommen – und anschließend für die EM in München, für die Sie über drei Strecken die Norm erfüllt haben?
Mohamed Mohumed:
Ich möchte in Eugene unbedingt ins Finale kommen und eine Top-Acht-Platzierung machen. In München will ich auf jeden Fall die 5.000 Meter laufen, ich muss noch gucken, ob ein Doppelstart möglich ist. Es werden ja nur die Top Zwei der Deutschen Meisterschaften mit erfüllter Norm sicher nominiert.
Wie präsent ist für Sie der Deutsche 5.000-Meter-Rekord von Dieter Baumann [12:54,70 min]?
Mohamed Mohumed:
Aktuell nicht so sehr. Aber nur, weil ich jetzt auch keine Diamond-League-Rennen bestritten habe. Ich hatte die Möglichkeiten, aber wir haben uns lieber auf den Doppelstart bei den Deutschen Meisterschaften vorbereitet. In einem schnellen Rennen ist der Rekord möglich. Die 13:03 Minuten bin ich zum Saisoneinstieg gelaufen. In diese Regionen kann ich definitiv wieder vorstoßen.
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