| Belgrad 2022

Hallen-WM Tag 3 | Drei Weltrekorde und ein umjubelter Heimsieg

Am dritten und letzten Tag der Hallen-WM waren die Athleten in Rekordlaune. Durch Dreispringerin Yulimar Rojas (15,74 m), Hürdensprinter Grant Holloway (7,29 sec) und Stabhochspringer Armand Duplantis (6,20 m) gab’s gleich drei neue Weltrekorde. Für einen viel umjubelten Heimsieg in Serbiens Hauptstadt Belgrad sorgte Weitspringerin Ivana Vuleta.
Martin Neumann

Hallen-WM Belgrad 2022 kompakt

Vor dem letzten Versuch des Dreisprung-Finals forderte Yulimar Rojas noch einmal die lautstarke Unterstützung des Belgrader Publikums. Die Olympiasiegerin bekam diese und belohnte die Zuschauer bei der Hallen-WM mit dem weitesten Versuch einer Dreispringerin in der Geschichte. Auf 15,74 Meter flog die Venezolanerin. Sieben Zentimeter weit als bei ihrem Freiluft-Weltrekord bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio und 31 Zentimeter weiter als ihr Hallen-Weltrekord aus dem Jahr 2020.

„Jetzt möchte ich mich auf die Freiluft-Weltmeisterschaften in Oregon konzentrieren, und ich denke, dass ich eine große Chance habe, das Double zu schaffen – Weitsprung und Dreisprung. Im Dreisprung sind die 16 Meter mein großes Ziel. Jeden Tag versuche ich, einen weiteren Zentimeter hinzuzufügen, um diesem Ziel näher zu kommen“, sagte Yulimar Rojas nach ihrem Gold-Hattrick bei der Hallen-WM. In diesem denkwürdigen Finale belegte Neele Eckhardt-Noack (LG Göttingen) mit 13,96 Metern Rang zwölf. Die weiteren Medaillen gingen mit einem Abstand von einem Meter an Maryna Bekh-Romanchuk (Ukraine; 14,74 m) und Kimberly Williams (Jamaika; 14,62 m) (zum Bericht).

Grant Holloway egalisiert Weltrekord im Halbfinale

Den zweiten Weltrekord am dritten Tag der Hallen-WM sahen die Zuschauer schon im Halbfinale. Grant Holloway (USA) stellte seine eigene Bestmarke mit 7,29 Sekunden ein. Zweieinhalb Stunden später erwischte der Weltmeister im Finale wieder einen tollen Start. Doch die zweite Rennhälfte war nicht so perfekt wie im Halbfinale. Der 24-Jährige durfte sich mit WM-Gold in 7,39 Sekunden und seinem 57. Sieg über 60 Meter Hürden in Folge trösten.

„Ich weiß, wozu ich fähig bin, also war die Zeit im Halbfinale kein Schock für mich", erklärte Holloway anschließend. "Ich habe hart dafür gearbeitet. Ich liebe es, zu diesen großen Wettkämpfen zu kommen und große Erfolge zu feiern. Weltmeister im Freien und in der Halle. Das klingt großartig.“

Hinter dem Ausnahmeläufer folgten Pascal Martinot-Lagarde (Frankreich; 7,50 sec) und Jarret Eaton (USA; 7,53 sec) auf den Medaillenplätzen. Schon vor dem Startschuss zum Finale hatte David King gewonnen. Da er auf die Tausendstel zeitgleich mit Shusei Nomoto (Japan; beide 7,57 sec) jeweils auf Platz drei im Halbfinale gelaufen war, musste der achte Finalplatz per Los-Entscheid ermittelt werden. Ein Kampfrichter zog die gefaltete Startnummer von David King aus einem blickdichten Schuhbeutel, so erreichte der Brite das Finale, das er als Sechster beendete (7,62 sec).

Armand Duplantis setzt mit 6,20 Metern den famosen Schlusspunkt

Damit nicht genug mit der Weltrekord-Party: Zum Abschluss der Hallen-WM katapultierte sich Armand Duplantis im Stabhochsprung über 6,20 Meter. Weltrekord mit der letzten Aktion der Hallen-WM! Hinter dem Ausnahmespringer sicherte sich Rio-Olympiasieger Thiago Braz (Brasilien) mit 5,95 Metern und neuem Hallenrekord für Südamerika die Silbermedaille. Bronze ging an den US-Rekordler Chris Nilsen (USA, 5,95 m). „Ich habe das Gefühl, dass Belgrad für immer ein besonderer Ort in meinem Herzen sein wird“, sagte Armand Duplantis nach seinem Weltrekord-Coup. Denn auch seine bisherige Bestmarke von 6,19 Metern hatte der 22-Jährige vor zwei Wochen an selber Stelle aufgestellt. Das DLV-Duo Oleg Zernikel (ASV Landau; 5,75 m) und Torben Blech (TSV Bayer 04 Leverkusen; 5,60 m) belegte in einem „Marathon-Wettkampf“ die Plätze neun und 13 (zum Bericht).

Im vierten Versuch des Weitsprung-Finals bebte die Stark-Arena in Belgrad. Denn Serbiens Sport-Star Ivana Vuleta (geborene Spanovic) landete erst nach 7,06 Metern. Mit dem ersten Sieben-Meter-Sprung des Winters machte die Lokalmatadorin ihre Titelverteidigung beim stimmungsvollen Heimspiel perfekt. Die weiteren Medaillen sicherten sich Ese Brume (Nigeria; 6,85 m) und die Britin Lorraine Ugen (6,82 m). Doch die Hauptdarstellerin der großen Leichtathletik-Party in Belgrad war Ivana Vuleta. Als der Sieg feststand, legte sie unter dem tosenden Applaus der Zuschauer die schnellste Ehrenrunde der drei WM-Tage hin.

Maximilian Thorwirth überzeugt als Achter

Im 3.000-Meter-Rennen legte Selemon Barega auf dem letzten Kilometer (2:26 min) einen Steigerungslauf hin und lief in 7:41,38 Minuten zum Titel. Alle Attacken der Konkurrenz wehrte der 10.000-Meter-Olympiasieger auf den finalen Runden ab. Den äthiopischen Doppelsieg machte Lamecha Girma (7:41,63 min) perfekt. Über Bronze jubelte der Brite Marc Scott (7:42,02 min). Die Laufnation Kenia blieb auf der längsten Hallenstrecke ohne Medaille. Daniel Ebenyo (7:42,97 min) und Jacob Krop (7:43,26 min) belegten die Plätze vier und fünf. Der Düsseldorfer Maximilian Thorwirth überzeugte bei seinem WM-Debüt auf Rang acht (7:45,87 min) (zum Bericht).

Im Hochsprung am Sonntagvormittag überquerte nur Sanghyeok Woo 2,34 Meter. Damit gewann der Südkoreaner nicht nur die erste Medaille für sein Land bei einer Hallen-WM überhaupt, sondern auch gleich die goldene. Silber ging überraschend an Loïc Gasch. Der Schweizer steigerte beim wichtigsten Wettkampf des Winters seine Hallen-Bestleistung um vier Zentimeter auf 2,31 Meter. Das brachte ihm Silber vor Olympiasieger Gianmarco Tamberi (Italien) und Hamish Kerr (Neuseeland). Das Bronze-Duo schaffte ebenfalls 2,31 Meter, hatte aber in der Endabrechnung mehr Fehlversuche.

Samuel Tefera im Spurt vor Jakob Ingebrigtsen

Nach zahlreichen großen Siegen musste Jakob Ingebrigtsen über 1.500 Meter mal wieder eine Niederlage hinnehmen. Im Finale spurtete Titelverteidiger Samuel Tefera (Äthiopien) am Hallen-Weltrekordler vorbei und mit Meisterschaftsrekord von 3:32,77 Minuten zum Titel. Jakob Ingebrigtsen folgte 25 Hundertstel dahinter. Bronze sicherte sich Abel Kipsang (Kenia) in 3:33,36 Minuten. Dem Leipziger Robert Farken blieb in seinem ersten großen Finale mit 3:41,29 Minuten Rang elf (zum Bericht).

Im 800-Meter-Finale sorgte Natoya Goule (Jamaika) auf den ersten drei Runden für ein flottes Tempo. Doch Ajee Wilson hatte sich die Kräfte am besten eingeteilt. Die US-Amerikanerin beschleunigte nach 550 Metern, übernahm eingangs der letzten Runde die Spitzenposition und gab diese nicht mehr ab. In 1:59,09 Minuten sicherte sich die 27-Jährige in souveräner Manier den Titel vor Freweyni Hailu (Äthiopien; 2:00,54 min) und Halimah Nakaayi (Uganda; 2:00,66 min).

Zum Abschluss der 18. Hallen-WM gingen die Titel über 4x400 Meter bei den Männern an Belgien (3:06,52 min) und an die Läuferinnen aus Jamaika (3:28,40 min). Das Männer-Finale war übrigens eine rein europäische Angelegenheit. Die US-Läufer hatten nach einer Verletzung ihres Schlussläufers auf den letzten Metern des Vorlaufs einen Finalplatz verpasst.

Annett Stein: "Frühzeitig für diesen Weg entschieden"

"Wir sind mit einem sehr kleinen Team angereist, viele Leistungsträger unserer starken Disziplingruppen sind bereits nach der Hallen-DM in Leipzig in die Sommervorbereitung eingestiegen und befinden sich im Trainingslager. Daher ordne ich unser Abschneiden richtig ein und kann nicht enttäuscht sein“, bewertete DLV-Chefbundestrainerin Annett Stein das Auftreten des DLV-Teams im Anschluss an die drei Wettkampf-Tage. „Wenn ich aber gesehen habe, was für eine Dynamik hier herrschte, dann ist es natürlich schade, dass viele deutsche Athletinnen und Athleten diese nicht für sich nutzen konnten. Wir haben uns frühzeitig für diesen Weg entschieden und wollten die Hallen-WM zu diesem späten Termin nur mit einer Teilmannschaft wahrnehmen.“
 
Wenngleich nicht alle DLV-Starter die Stimmung in der Stark Arena in Topleistungen ummünzen konnten, haben sie dennoch Wettkampferfahrungen und wichtige Ranking-Punkte sammeln können: „Die Läufer haben mir viel Spaß bereitet und sich toll präsentiert“, hob sie das Abschneiden der Mittel- und Langstreckler hervor, von denen zum Beispiel Maximilian Thorwirth (SFD 75 Düsseldorf-Süd) mit einer Top Acht-Platzierung und Hanna Klein (LAV Stadtwerke Tübingen) als beste Europäerin über 3.000 Meter überzeugt hatten.

Hallen-WM Belgrad 2022 kompakt

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