| Sport und Ausbildung in Einklang

Duale Karriere | Mit der Bundeswehr im Rücken zum sportlichen und beruflichen Erfolg

Für viele Talente im Nachwuchsleistungssport stellt sich nach der Schullaufbahn die Frage, wie es künftig parallel zum Sport weitergehen soll. Ausbildung? Studium? Oder doch der direkte Berufseinstieg? Die Möglichkeiten sind heutzutage vielseitig. Umso wichtiger ist es dabei den Überblick zu bewahren. In unserer Reihe zur dualen Karriere stellen wir verschiedene Optionen für Leistungssportlerinnen und -sportler vor. Heute: Die Spitzensportförderung der Bundeswehr.
Nicolas Walter

„Was wir bei der Bundeswehr geboten bekommen, ist genial. Es gibt für mich persönlich keine bessere Leistungssportförderung. Der Arbeitgeber Bundeswehr ist sehr flexibel und bietet die optimalen Bedingungen, um dem Sport voll und ganz nachgehen zu können“, sagt Johannes Vetter (LG Offenburg), Deutscher Meister im Speerwurf.

Tatsächlich ist sie in der deutschen Spitzensportförderung nicht wegzudenken. Die Bundeswehr bildet eines der wichtigsten Standbeine für Profisportler, um Spitzensport und berufliche Ziele miteinander zu verknüpfen. Neben Johannes Vetter profitieren rund 70 weitere Leichtathletinnen und Leichtathleten von diesem Angebot, unter ihnen beispielsweise auch Hindernis-Europameisterin Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier) und der Deutsche Meister über 100 Meter Deniz Almas (VfL Wolfsburg).

„Die Bundeswehr ist ein essentiell wichtiger Partner und bildet ein über Jahrzehnte gewachsenes Förderinstrument in der deutschen Spitzensportförderung, das für uns von großer Bedeutung ist“, hebt auch Dietmar Chounard, Chef-Bundestrainer U20/U23 und beim DLV zuständig für duale Karrieren, die Wichtigkeit hervor.

Thematisch umfangreiche Grundausbildung

Der Erfolg der Bundeswehr-Spitzensportförderung lässt sich auch an Zahlen ablesen. „Seit der Wiedervereinigung waren Sportsoldatinnen- und -soldaten an rund 45 Prozent aller deutschen Olympiamedaillen beteiligt“, sagt Regierungsdirektor Andreas Hahn, Dezernatsleiter des Dezernats Sport im Streitkräfteamt der Bundeswehr.

Sportsoldaten werden bei der Bundeswehr zunächst für elf Monate für den Freiwilligen Wehrdienst eingestellt. Im Anschluss daran folgt im Regelfall die Übernahme zum Soldaten auf Zeit, mit der die Laufbahnausbildung zum Feldwebel Spitzensport verknüpft ist.

Verpflichtend ist eine vierwöchige Grundausbildung, in der die Athleten „das soldatische Rüstzeug“ erlernen, wie Andreas Hahn erzählt. Johannes Vetter erinnert sich noch gut an diese Zeit zurück: „Vom Soldatengesetz, Erst-Rettungsmaßnahmen, dem Bewegen im freien Gelände, dem Biwak bis hin zu Schießübungen war eigentlich alles dabei. Das war sehr umfangreich“, sagt der 28-Jährige.

Strenge Kriterien für Aufnahme

Nach der Grundausbildung können sich die Athleten voll und ganz auf ihre sportlichen Ziele fokussieren. Für die weitere Laufbahnausbildung müssen insgesamt vier Lehrgänge absolviert werden, die je vier Wochen andauern und flexibel absolviert werden können. Die Besoldung richtet sich nach dem Bundesbesoldungsgesetz.

Die Kriterien, um in die Spitzensportförderung der Bundeswehr aufgenommen zu werden, sind streng: Voraussetzung ist die Zugehörigkeit zu einem Olympia- oder Perspektivkader, im Einzelfall auch zum Nachwuchskader 1.

In einem jährlichen Personalplanungsgespräch beraten die Spitzensportverbände, im Falle der Leichtathletik der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV), der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und die Bundeswehr über die Dienstzeitverlängerung der bisherigen Sportsoldaten sowie über die Neueinstellung von interessierten Bewerbern. Die Entscheidung, wer letztlich in die Förderung aufgenommen wird, trifft die Bundeswehr. Diese orientiert sich dabei an den Empfehlungen von Spitzenverband und DOSB.    

Neele Eckhardt absolviert parallel Jura-Studium

Für viele Athleten ist die Zeit bei der Bundeswehr auch eine optimale Möglichkeit, um parallel zum Leistungssport ein Studium zu absolvieren. Vor allem auch Dreispringerin Neele Eckhardt (LG Göttingen) weiß diesen Vorteil zu schätzen.

Die Dritte der Hallen-EM studierte, bevor sie zur Bundeswehr kam, in Vollzeit Jura. „Ich habe die ersten drei Jahre meines Studiums in Regelstudienzeit studiert, weil nur dann das BAföG gezahlt wird. Das war eine heftige Zeit, die von wenig Freizeit geprägt war. Mein Studium konnte ich zwar durchziehen, aber mit richtigem Leistungssport hatte das nichts zu tun. 2017 hatte ich dann die Möglichkeit zur Bundeswehr zu gehen – ab diesem Zeitpunkt konnte ich mein Studium etwas lockerer angehen und mich mehr auf den Sport konzentrieren“, sagte sie kürzlich im DLV-Podcast #TrueAthletes – TrueTalk.

Auch Johannes Vetter war zunächst auf einem anderen Weg der dualen Karriere unterwegs. Bei der Landespolizei in Sachsen begann er eine Ausbildung, mit seinem Vereinswechsel von Dresden nach Offenburg brach er diese jedoch ab und wechselte zur Bundeswehr. „Ich konnte mich schon lange davor mit der Bundeswehr identifizieren“, erzählt der Weltmeister aus dem Jahr 2017, der im vergangenen Jahr zum „Sportsoldaten des Jahres 2020“ gewählt wurde. „Diese Auszeichnung hat mir enorm viel bedeutet. Dadurch, dass nur Sportsoldaten abgestimmt haben, ist es eine große Ehre für mich gewesen“, sagt er.

Berufsförderungsdienst erleichtert Übergang ins Berufsleben

Manche Athleten verbleiben lediglich ein Jahr in der Spitzensportförderung der Bundeswehr, andere wiederrum mehrere Jahre. Scheiden die Athleten nach ihrem Karriereende oder durch Verlust des Kaderstatus aus dem Programm aus, ermöglicht ihnen der sogenannte Berufsförderungsdienst (BFD) einen unkomplizierten Übergang ins zivile Berufsleben. Je nach Dienstzeit können sich die Athleten in dieser Zeit über mehrere Monate oder sogar Jahre hinweg unter gleichbleibenden Übergangsgebührnissen auf ihre weitere Berufskarriere vorbereiten und beispielsweise ihr Studium abschließen.

Athleten können nach ihrer sportlichen Karriere außerdem den Weg des Berufssoldaten bei der Bundeswehr einschlagen. „Wir sind natürlich daran interessiert, möglichst viele Sportler nach ihrer Karriere bei uns zu halten. All die Charaktereigenschaften, die Sportler in sich vereinen – zum Beispiel Leistungsbereitschaft, Durchsetzungsvermögen oder auch Leidensfähigkeit – passen sehr gut zur Bundeswehr“, sagt Andreas Hahn.

Johannes Vetter kann sich Zukunft bei Bundeswehr vorstellen

Seit kurzem können ehemalige Athleten auch als hauptamtliche militärische Sportausbilder übernommen werden. Mit ihrer Erfahrung und ihrem Fachwissen sollen sie zur Professionalisierung der Sportausbildung bei der Bundeswehr beitragen. Unter anderem der ehemalige Kugelstoßer Ralf Bartels, zweimaliger WM-Dritter und Europameister 2006, ist derzeit in dieser Funktion beschäftigt.

Seit 2019 wird zudem der Bachelorstudiengang „Sportwissenschaft – Gesundheit, Prävention, Rehabilitation“ mit gleichzeitiger Öffnung der Offizierslaufbahn angeboten, der ebenfalls auf die Zeit nach dem Karriereende abzielt.

Auch Johannes Vetter kann sich nach seiner aktiven Karriere vorstellen, bei der Bundeswehr zu bleiben. „Ich kann mir das sogar sehr gut vorstellen. Auch mein Trainer Boris Obergföll ist Berufssoldat bei der Bundeswehr und hat dort eine Trainerstelle, sowas ist sicherlich auch für mich in Zukunft denkbar. Wo mich der weitere Weg aber genau hinführen wird, lasse ich mir ein Stück weit noch offen.“

Weitere Informationen zur Spitzensportförderung der Bundeswehr.

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