| Porträt

Merle Homeier: Auf dem Sprung an die Spitze

Mit neuer Bestweite von 6,41 Meter und Platz drei bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig hat Weitspringerin Merle Homeier in diesem Winter ihren Aufwärtstrend fortgesetzt. Mit der Unterstützung ihres neuen Vereins und einer prominenten Trainingskollegin will sie die Rolle der Kronprinzessin hinter Malaika Mihambo übernehmen.
Philip Häfner

Den Weitsprungwettbewerb bei den diesjährigen Deutschen Hallenmeisterschaften dürfte Merle Homeier (LG Göttingen) so schnell nicht vergessen. Immerhin lag die 20-Jährige nach den ersten beiden Runden in Führung – vor Malaika Mihambo (LG Kurpfalz), der großen Favoritin. Im dritten Durchgang sprang Homeier mit 6,41 Metern sogar persönliche Bestweite in der Halle. Doch auch Mihambo verbesserte sich auf 6,63 Meter und siegte schließlich mit 6,77 Meter.

Für Merle Homeier blieb Rang drei hinter der Weltmeisterin und Maryse Luzolo (Königsteiner LV; 6,44 m). Neben der Bronzemedaille freute sich die Athletin der LG Göttingen vor allem über eine stabile Serie mit gleich fünf Versuchen über 6,30 Meter.

Immer schneller, immer weiter

Und doch war sie am Ende nicht ganz zufrieden. „Im letzten Versuch hätte es noch einmal weiter gehen können“, sagt sie. „Da habe ich genau das umgesetzt, was mir mein Trainer gesagt hat, nämlich noch einmal richtig Druck zu machen. Leider war der Versuch dann anderthalb Fuß übergetreten.“

Dennoch: „Dafür, dass Saison nicht so gut angefangen hat, geht die Leistung schon in Ordnung“, meint Merle Homeier. Im Training hatte sie sehr viel Schnelligkeit dazugewonnen, doch anfangs war es ihr schwer gefallen, dieses Tempo auch aufs Brett zu bringen. Zudem behinderten sie Fußprobleme am Sprunggelenk. Nach ihrem Sieg bei den Norddeutschen Meisterschaften Anfang Februar hatte sie danach bis zur Hallen-DM für zwei Wochen keine Wettkämpfe bestritten.

Stattliche Medaillensammlung

In Leipzig war sie dann jedoch wieder in Bestform. Mit der dort erzielten Weite blieb sie nur knapp unter ihrer Freiluftbestleistung von 6,45 Meter. Bei den U23-Europameisterschaften war sie im vergangenen Jahr sogar erst nach 6,52 Meter gelandet, allerdings wehte der Wind dort um einen Hauch zu stark.

Die Bronzemedaille bei der Hallen-DM bedeutete zudem das nächste Edelmetall für ihre inzwischen stattliche Sammlung, nachdem Homeier bereits im Vorjahr bei den Deutschen Meisterschaften im Freien Silber holte – damals ebenfalls hinter Malaika Mihambo. Auch bei den Juniorinnen wurde sie 2019 Zweite.

In der Jugend war sie 2016 Deutsche U18-Meisterin geworden, ein Jahr später erreichte sie in der U20 sowohl in der Halle als auch draußen Platz zwei. 2018 holte sie in der Halle den U20-Titel, im Sommer wurde sie dort Vizemeisterin. Ihren größten internationalen Erfolg erlebte sie im vergangenen Jahr als Vierte der U23-Europameisterschaften in Gävle (Schweden).

Gesucht: Die nationale Nummer zwei

Merle Homeier ist auf dem besten Weg, sich in der nationalen Spitze zu etablieren. Dabei profitiert sie davon, dass gleich mehrere Weitspringerinnen aufgehört haben – Xenia Stolz, Nadja Käther, Lena Malkus. Zudem wurden einige Leistungsträgerinnen zuletzt von Verletzungen ausgebremst. Gab es noch vor kurzem ein enges Feld, springt nun Malaika Mihambo allen davon – die Lücke hinter ihr ist momentan groß. „Ich will diese Nische nutzen“, sagt Homeier. Gesucht wird die nationale Nummer zwei, die den Abstand zu Mihambo zumindest ein wenig verkürzen kann.

„Mit dieser Rolle kann ich mich anfreunden“, so die Biologiestudentin. Auch deshalb hat sie im Herbst den Verein gewechselt und das Trikot des VfL Bückeburg für das der LG Göttingen eingetauscht. Der Wechsel sei ihr nicht leicht gefallen, doch letztlich sei es dem VfL Bückeburg nicht möglich gewesen, sie bei ihrem weiteren Weg umfassend zu unterstützen. Zuschüsse für Fahrtkosten und Hotelübernachtungen sowie Prämien – all das konnte der kleine Verein finanziell nicht leisten. „Die LG Göttingen hat mir zugesichert, diese Kosten zu übernehmen. Das war für mich ein wichtiger Aspekt und lässt mich beruhigt in die Zukunft blicken.“

Mit Eckhardts Hilfe nach Paris

Auch Trainingslager sollen mit dem neuen Verein verstärkt möglich sein, auch wenn das in Zeiten des Coronavirus gerade eher nebensächlich ist. Bis vergangenen Sonnabend war Homeier noch auf Teneriffa (Spanien) und konnte dort gut trainieren. Die Abreise erfolgte wie geplant, noch bevor die Reisebedingungen verschärft wurden.

Die nächste Zeit wird Homeier nun allerdings allein in Bückeburg verbringen müssen. Von ihrem Trainer Frank Reinhardt hat sie einen „Notfall-Trainingsplan“ bekommen. Zu ihren Trainingskollegen zählt sonst normalerweise auch Dreispringerin Neele Eckhardt (LG Göttingen). „Ich profitiere total von dieser Zusammenarbeit und von ihrer internationalen Erfahrung. Und obwohl es eine andere Disziplin ist, kann ich mir doch einiges von ihr abgucken“, sagt Homeier.

Für den Sommer hat sie sich Weiten jenseits von 6,50 Meter vorgenommen. Die Europameisterschaften in Paris (Frankreich) sind ein Thema für sie – auch wenn wegen Corona derzeit niemand sagen kann, ob diese überhaupt stattfinden. Die Norm liegt bei 6,60 Meter. „Das ist nicht außer Reichweite. Wenn man einen Sprung richtig trifft, ist das durchaus möglich“, sagt Homeier

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