Lowcarb, alkalisch, vegan, paleo und so weiter und so fort: Ernährung ist ein großes Thema. Erst recht unter Leistungssportlern, die in der Ernährung ein wichtiges Element sehen, um mit ihrem Körper Höchstleistungen vollbringen zu können. Dabei ist die Ernährung so individuell wie die Athleten selbst. Wir sind daher auf die Suche gegangen mit der Frage: Wie ernähren sich Deutschlands Top-Leichtathleten? Herausgekommen sind ganz unterschiedliche Antworten von Athleten, die die für sie individuell passende Ernährung gefunden haben. Heute: Hürdensprinterin Pamela Dutkiewicz (TV Wattenscheid 01).
„Wenn ich neue Leute kennenlernen, die nicht aus dem Leistungssport kommen, dann sind sie immer ganz überrascht, dass ich auf meine Ernährung achten muss. Allgemein glauben die Leute, dass ich alles essen könnte, eben weil ich Leistungssportlerin bin. Aber dem ist nicht so. Ich bin Hürdensprinterin, keine Mittel- oder Langstreckenläuferin. Ich glaube, in diesen Disziplinen sind die Kilometerumfänge so hoch, dass die Athleten deutlich mehr Kalorien verbrauchen, als sie zu sich nehmen. Aber ich als Hürdensprinterin? In meinem Training spielt Cardio fast überhaupt keine Rolle. Klar, mein Training formt den Körper, aber das Gewicht, das wird in der Küche gemacht.
Ich beschäftige mich schon gefühlt eine halbe Ewigkeit mit meiner Ernährung. Nach langer und nicht immer einfacher Suche (Anm. d. Red. Den kompletten Weg von Pamela Dutkiewicz lesen Sie hier…) bin ich schlussendlich bei einer vielseitigen und abwechslungsreichen Ernährung aus drei festen Hauptmahlzeiten pro Tag angekommen, mit der ich mich wohl fühle und die mir, meinem Körper und meiner Leistung gut tut.
Ich achte sehr auf Bio-Qualität, hole unser Obst und Gemüse bei einem kleinen Bauernhof in der Nachbarschaft und beim Fleisch, das ich ein, zweimal die Woche esse, kennen wir den Metzger persönlich und wissen genau, wo das Fleisch herkommt. Früher war mein Bewusstsein dafür nicht ausgeprägt. Da habe ich Fleisch im Discounter geholt und mich gar nicht erst gefragt, wo das Wasser herkam, das beim Zubereiten plötzlich in der Pfanne war. Inzwischen glaube ich, dass ich ein gutes Wissen über Ernährung habe und einen Umgang, der gesund ist. Für mich gibt es kein „du musst“, sondern ich achte auf die Balance. Wenn ich mal Hunger auf Schokolade habe, dann esse ich sie. Aber eben nicht zwischendurch, sondern direkt nach einer Mahlzeit. Ich achte zwischen den Mahlzeiten sehr auf die Pausen, um meinem Körper Zeit für die Verdauung zu geben. Das wirkt sich auch gut auf die Regeneration aus und ist für mich der richtige Weg.
In der Regel frühstücke ich zwischen 7 und 7:30 Uhr. Meine letzte Mahlzeit esse ich spätestens um 18 Uhr. Auch diese Pause zwischen dem Abendessen und Frühstück tut dem Magen gut und hilft mir auch, zu regenerieren. Der Körper kann sich dann einfach auf andere Prozesse als die Verdauung konzentrieren.
Neben Bioprodukten achte ich auf gute Fette und vollwertige Kohlenhydrate wie Vollkornmehle, auch beim Weizenmehl, das ich nicht aus meiner Ernährung verbanne. Ich esse unglaublich gerne und hätte oft mehr Appetit, als ich dann tatsächlich esse. Da muss ich tatsächlich drauf achten. Insgesamt achte ich darauf, dass ich mich möglichst proteinreich ernähre. Und das muss nicht zwingend Fisch oder Fleisch sein, sondern auch gerne Erbsen oder Linsen.
Das Thema Ernährung ist für mich ein fortlaufender Prozess. Ich weiß, dass ich über die Ernährung auch so viel Einfluss auf meine Leistung nehmen kann, dass ich mich damit immer beschäftige, mich einlese und in meinen Körper hineinhöre. Und der hat mir in letzter Zeit gesagt, dass da doch irgendetwas im Argen liegt. Ich hatte oft Magenprobleme, ein unangenehmes Völlegefühl. Und daher habe ich das abklären lassen. Herausgekommen ist, dass ich eine Casein-Unverträglichkeit habe. Sprich: Milchprodukte in egal welcher Form bekommen mir nicht gut, mir fehlt schlicht das entsprechende Enzym. Wenn ich also Milchprodukte esse, und das habe ich vorher dreimal am Tag gemacht, bedeutet das einen enormen Aufwand für meinen Körper und führt zu Unwohlsein und eben diesem Völlegefühl. Das beeinträchtigt natürlich auch meine Leistung. Also lasse ich Milchprodukte jetzt weg. Weil ich weiß, wofür ich es mache, fiel mir die Umstellung auch nicht schwer. Meinen Kaffee trinke ich jetzt schwarz. Statt Käse gibt es jetzt pflanzliche Aufstriche mit, statt Butter nehme ich inzwischen oft Avocado. Und damit geht es mir super. Schon nach einer Woche habe ich gemerkt, dass mein Magen-Darm-Trakt viel entspannter ist und mein Körper sich viel leistungsfähiger anfühlt. Eine Erleichterung.
Insgesamt bin ich sehr konsequent, ich kann gut ‚Nein‘ sagen. Aber wenn ich mir etwas gönne, dann auch richtig. Ich achte aber auch dann immer darauf, dass ich mir gute Lebensmittel mit auf den Teller lege. Das gibt mir Sicherheit. Und wenn ich Lust auf Plätzchen habe, dann backe ich mir gute Plätzchen oder Brownies. Zum Beispiel mit Kürbis, ohne industriellen Zucker. Das schmeckt und ich brauche kein schlechtes Gewissen zu haben.
Über die vergangenen Jahre habe ich für mich gelernt, dass es nicht diesen einen Königsweg in der Ernährung gibt, der für alle funktioniert. Bis ich bei meiner heutigen Ernährung angekommen bin, habe ich viel ausprobiert, auch vieles, was mir nicht gut getan hat. Daher kann ich nur jedem raten, der verzweifelt ist und nicht mehr weiter weiß: Lasst euch abchecken. Gesundheitlich. Beobachtet euren Körper, ihr kennt euch am besten. Und probiert auch mal etwas Neues aus. Rezepte, andere Wege. Angst ist kein guter Begleiter, auch nicht, wenn es um die Ernährung geht, dafür ist Ernährung gerade für uns Sportler viel zu bedeutsam.“
Ein typischer Essensplan in der Aufbauphase von Pamela Dutkiewicz
Frühstück | Zum Frühstück esse ich gerne Haferflocken-Porridge, in Wasser aufgekocht. Mit Chiasamen, Obst, auch mal getrocknetem Obst und Nüssen. Oder aber auch ein selbst gebackenes Brot aus Weizen- und Dinkelvollkorn mit Haferflocken, Gojibeeren und Chiasamen. Das belege ich mir mit Avocado, Radieschen und einem Bio-Aufstrich, da mag ich die Sorten Tomate, Bohne oder Aubergine gerne. Ab und an gibt es auch mal eine Scheibe Wurst. Dazu trinke ich ein halbes Glas Orangensaft und mische hier Gerstengras und Kurkuma rein. Das soll Entzündungen hemmen. |
Mittagessen | Ich koche eigentlich immer frisch. Nur wenn es mal ganz schnell gehen muss, dann gibt es auch schon mal Tiefkühlgemüse. Da gibt es inzwischen auch gute Produkte, etwa eine Gemüsepfanne mit Quinoa, Kichererbsen und Brokkoli. Sonst mache ich mir gerne eine Süßkartoffel im Ofen, oder Gerichte mit Kichererbsen, Linsen und Bohnen. Das sind super Proteine. Zweimal in der Woche esse ich zudem Fisch und einmal Fleisch. Auch Eier esse ich gerne. Vor guten Fetten braucht man keine Angst zu haben. |
Snack nach dem Training: | Nach dem Training trinke ich gerne einen Aminosäure-Shake oder einen Shake auf Erbsenproteinbasis gemischt mit einem Aminosäure-Produkt, da Milchprodukte für mich jetzt ja nicht mehr funktionieren. |
Abendessen | Früher habe ich abends immer streng auf Kohlenhydrate verzichtet. Da bin ich inzwischen flexibler geworden. Wenn ich essen gehe, dann gönne ich mir auch mal abends Nudeln, allerdings nicht zu spät, da ich sonst schlecht schlafen kann. Es tut mir gut, mir auch ab und an etwas zu gönnen. Zuhause esse ich in der Regel ähnlich wie mittags auch, sprich gerne warm. Ofengemüse zum Beispiel. Etwa mit Kichererbsen. Das schmeckt gut und sättigt. |
Das sagt Prof. Dr. Anja Carlsohn, Professorin für Ernährungswissenschaft/Ökotrophologie an der HAW Hamburg und Leiterin der AG Sporternährung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB): |
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Pamela Dutkiewicz hat – wie übrigens sehr viele Spitzensportler – den Zugang zur Sporternährung zunächst über das individuelle Gewichtsmanagement gefunden. Persönlich finde ich das immer etwas schade, weil eine individuelle, aber fundierte Ernährung so viel mehr Potenzial zu bieten hat als „nur“ Kalorienzufuhr. Ebenso wie wahrscheinlich kein Sportler seinen Sport nur betreibt, um Kalorien zu verbrennen, kommt es bei der Ernährung auch nicht nur auf „Kalorien“ an. Da scheint Pamela inzwischen ähnliche Erfahrungen gemacht zu haben, denn jetzt isst sie genussvoll und ohne Reue, achtet dabei aber vor allem auf Qualität der Lebensmittel und die Menge.
Nur gelegentlich auf Fleisch und Fleischwaren zurückzugreifen und stattdessen andere hochwertige Proteinquellen wie Hülsenfrüchte in den Ernährungsplan zu integrieren, ist ein positives Beispiel. Allerdings sollte hier auch die geringe biologische Wertigkeit von z.B. Erbsenprotein, welches sie als Shake verwendet, bedacht werden. Eine Kombination verschiedener Proteinquellen kann zu einer biologischen Wertigkeit führen, die höher ist als die eines Steaks oder eines Hühnereis. Insofern ist ein aus mehreren Lebensmitteln zusammengesetzter Snack oder eine Mahlzeit hinsichtlich der Umwandlung in Körpereiweiß sinnvoller. Also lieber Vollkornbrot mit Hummus und gelegentlich etwas Hühnchenbrust als ein Shake. Verunreinigungen mit unerwünschten oder unerlaubten Substanzen sind übrigens auch bei pflanzlichen Proteinshakes nicht auszuschließen – hier lohnt sich mindestens der Blick auf die Kölner Liste!