| Neue Meister

Michael Bryan möchte in die DLV-Sprintstaffel

Bei der Hallen-DM in Leipzig haben fünf Athleten erstmals einen nationalen Titel bei den Erwachsenen gewonnen. leichtathletik.de stellte diese "Neuen Meister" in einer Serie vor. Heute: Sprinter Michael Bryan (TSG 1862 Weinheim).
Jan-Henner Reitze

Michael Bryan
TSG 1862 Weinheim

*9. Juni 1992
Größe: 1,65 Meter
Gewicht: 60 Kilo

Sprint

Bestleistungen:
60 Meter: 6,67 sec (2017)
100 Meter: 10,30 sec (2013)
200 Meter: 20,65 sec (2015)

Erfolge:
Deutscher Hallenmeister 2017

Diesen Tag bei der Hallen-DM in Leipzig wird Michael Bryan so schnell nicht vergessen und er könnte eine wichtige Zwischenstation auf dem Weg zu seinem großen Ziel sein: Ein Platz im DLV-Kader und in der DLV-Staffel über 4x100 Meter bei großen Meisterschaften. Aber der Reihe nach. Denn viele konnten mit dem Namen, der da plötzlich ganz oben stand in der Ergebnisliste über 60 Meter, wenig anfangen. Dazu war der neue Deutsche Meister nach seinem Sieg auch noch mit dem Rollstuhl vorbei an den Journalisten aus der Arena gebracht worden und in der medizinischen Abteilung verschwunden. Er hatte sich auf den letzten Metern seines bisher größten Erfolgs verletzt. Wer ist also dieser Sprinter im Trikot der TSG 1862 Weinheim?

Michael Bryan wurde in den USA geboren, hat somit die amerikanische Staatsbürgerschaft. Seine Mutter kommt aus Hanau in Hessen, deshalb besitzt der 24-Jährige auch den deutschen Pass.

Kleiner Exkurs: Im vergangenen Jahr hatte sich Langstrecklerin Julia Bleasdale, die mit der deutschen und der britischen Staatsbürgerschaft ebenfalls zwei Pässe besitzt, entschieden, nicht mehr für Großbritannien, sondern für Deutschland an den Start zu gehen. Inzwischen hatte sie bei der Cross-EM ihren ersten Auftritt im DLV-Dress. Michael Bryan muss die internationale Startberechtigung nicht einmal wechseln, da er auf internationaler Bühne noch nie in Erscheinung getreten ist.

Kontakt nach Deutschland durch Matthias Bühler

"Ich habe mit 13 Jahren mit der Leichtathletik begonnen und nach der Highschool ein Stipendium für die Uni bekommen", erzählt Michael Bryan auf Englisch. Sein Studium im Bereich Sportmanagement hat er inzwischen abgeschlossen, seine Bestzeiten im Laufe der Studienjahre über 100 Meter bis auf 10,30 Sekunden und 20,65 Sekunden über 200 Meter verbessert. Auch in der Staffel sind durch die Rennen mit seiner Uni Erfahrungen vorhanden, mit der schnellsten Zeit in seinem Team von 38,30 Sekunden sogar in dem Bereich, in dem sich auch die DLV-Staffel bewegt.

Die Idee, nach seinem Studium für Deutschland zu sprinten, wuchs über einen längeren Zeitraum. Schließlich machte sich Michael Bryan auf die Suche nach sportlichen Kontakten im Heimatland seiner Mutter, das er zuletzt als Kind besucht hatte. Ein Trainer brachte ihn auf die Idee, Hürdensprinter Matthias Bühler (LG Eintracht Frankfurt) anzusprechen, der 2016 für die TSG 1862 Weinheim startete. "Ich habe Matthias über Facebook angeschrieben, der wiederum den Kontakt zu Thomas Geißler hergestellt hat", berichtet Michael Bryan.

Erster Ausflug nach Deutschland

Thomas Geißler leitet bei der TSG 1862 Weinheim die Leichtathletik-Abteilung, war offen für den Plan des Sprinters, beantragte einen Startpass und bot seinem neuen Schützling im vergangenen Sommer ein Zimmer in seinem Haus an. „Für unseren Verein ist er ein Aushängeschild und Vorbild für den Nachwuchs“, erklärt Thomas Geißler, der Michael Bryan als eher zurückhaltenden Typ beschreibt.

Im vergangenen Sommer standen die ersten Rennen auf deutschem Boden an. Wegen Rückenproblemen lief es sportlich nicht optimal, bei der DM in Kassel reichte es immerhin zu Rang sieben über 200 Meter (21,35 sec). Die Rahmenbedingungen und das Land aber überzeugten Michael Bryan, seinen Plan weiterzuverfolgen.

Die Vorbereitung auf die Hallensaison 2017 absolvierte er wieder in Texas, wo er auch nach seinem Abschluss weiter an der Uni trainieren darf. In seiner Trainingsgruppe sind allerdings eher Langsprinter, dafür bis hoch zum Weltklasse-Niveau: Ein Trainingskollege ist der Olympia-Siebte über 400 Meter Bralon Taplin (Grenada).

Freud und Leid liegen bei der Hallen-DM eng beieinander

Drei Wochen vor der Hallen-DM in Leipzig ging es wieder nach Deutschland. In Linz (Österreich) testete Michael Bryan als Dritter (6,76 sec) noch einmal seine Form für Leipzig. Dort nutzte er dann die Chance, sich im richtigen Moment im ausgeglichen Feld mit vielen neuen Namen durchzusetzen. Der Tag in der Arena brachte allerdings ein Wechselbad der Gefühle mit sich.

Nach einem nicht sonderlich starken Vorlauf in 6,76 Sekunden löste Michael Bryan im Halbfinale den automatischen Rückschuss der Startanlage aus. Aber auch ein Kampfrichter hatte gesehen, dass ein "Zucken" und kein Fehlstart dazu geführt hatte. So blieb der 24-Jährige im Rennen und lief mit Bestzeit (6,68 sec) ins Finale. Dort konnte er seine Stärke am Start ausspielen und den Sieg ins Ziel retten, obwohl sich der linke Oberschenkel auf den letzten Metern mehr und mehr zusammenzog. Neben Gold gab´s die nächste Bestzeit (6,67 sec).

Wegen der Verletzung am Oberschenkel musste sich der Sieger aber behandeln lassen. Nach einem Missverständnis mit einem Arzt fand die Siegerehrung ohne ihn statt. Und auch der geplante Start über 200 Meter am zweiten Tag der Meisterschaft war nicht mehr möglich. "Es war ein sehr aufregender Tag", sagt Michael Bryan. "Über meine Bestzeiten und den Titel bin ich trotz allem sehr glücklich."

Schritt ins DLV-Team möglich?

Besser als mit dem Sieg in Leipzig hätte Michael Bryan die Aufmerksamkeit nicht auf sich lenken können. Er hofft, dass er auch das Interesse des DLV wecken konnte. Auf die Freiluftsaison bereitet er sich wieder in den USA vor, seine Uni in Texas bietet eine Möglichkeit. "Ich wünsche mir aber, die DLV-Sprinter und das Team in ihrem Trainingslager in Clermont in Florida kennen zu lernen", erzählt er. Erste Gespräche mit Aleixo-Platini Menga (TSV Bayer 04 Leverkusen) oder Roy Schmidt (SC DHfK Leipzig) hat der Deutsche Meister schon geführt. „Ich möchte auch richtig Deutsch lernen“, sagt er.

Mittelfristig möchte Michael Bryan im DLV Fuß fassen und auch seine Bestzeiten steigern. "Mein Ziel ist es, in den Bereich von 10,1 Sekunden über 100 Meter und 20,3 Sekunden über 200 Meter vorzudringen." Der Sport steht erst einmal im Mittelpunkt seines Alltags. „Ich habe etwas Geld gespart.“ Mit Sylvia Abmayr hat Thomas Geißler auch eine Managerin organisiert und die Planung für den nächsten Aufenthalt in Deutschland läuft schon. Auf der Liste steht auf jeden Fall ein Start bei der Kurpfalz-Gala in der sportlichen Heimat Weinheim (27. Mai).

Video: <link video:15797>Michael Bryan schmeißt sich als Erster ins Ziel

Das sagt Bundestrainer Jörg Möckel:

Im vergangenen Sommer habe ich Michael schon bei seinem ersten Aufenthalt in Deutschland beobachtet, mit seinen Zeiten um 10,60 hat er sich da aber noch nicht in den Vordergrund gedrängt. Mit den 6,67 Sekunden jetzt in der Halle ist ihm ein Leistungssprung gelungen. Bei den Deutschen Meisterschaften konnte er seine Stärken in der Reaktionsfähigkeit und am Start ausspielen und hat den Lauf perfekt getroffen. Was das Trainingslager in Clermont angeht, bin ich mit Thomas Geißler in Kontakt. Es geht darum, in welchem Zeitraum Michael dazu kommen kann und wie es finanziert wird. Michael möchte sich integrieren. Das unterstützen wir. Er sucht in Deutschland die Chance, international zu starten. Seine 6,67 über 60 Meter bedeuten hochgerechnet auf 100 Meter etwa 10,35 bis 10,45 Sekunden. Für einen Staffel-Platz, kommt es also auf eine weitere positive Entwicklung an.

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