| Interview der Woche

Julia Bleasdale: "Wäre toll, bei der Cross-EM für Deutschland zu starten"

Für Julia Bleasdale war der Darmstadt-Cross am Sonntag nicht nur der erste Wettkampf nach einer achtmonatigen Verletzungspause, sondern auch der erste Start nach ihrem Verbandswechsel von British Athletics zum Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). Die 35-Jährige war für Großbritannien 2012 Olympia-Achte über 5.000 und 10.000 Meter. Bei welchen internationalen Meisterschaften die Premiere im DLV-Trikot anstehen könnte und wie das Training läuft, verrät sie im Interview.
Wolfram Marx

Julia Bleasdale, seit März starten Sie für den DLV und nicht mehr für British Athletics. Der Darmstadt-Cross war ihr erster Wettkampf seit dieser Entscheidung. Wie sind Sie mit dem Rennen zufrieden?

Julia Bleasdale:

Ich bin sehr zufrieden. Es war mein erster Crosslauf seit langer Zeit, ich wollte unbedingt mal wieder starten. Es hat Spaß gemacht und es war ein gutes Rennen. Ich freue mich sehr, jetzt in Deutschland zu starten.

Sie sind relativ passiv angelaufen und haben dann in der zweiten Hälfte Tempo gemacht. War das auch Ihre Taktik?

Julia Bleasdale:

Ja, ich wusste nicht, wo ich stehe und was zu erwarten war. Ich bin ruhig angelaufen und musste meine Position finden. Da das Feld am Anfang doch sehr dicht war, hat es Kraft gekostet. In den letzten Runden hat es von der Kraft gepasst, aber ich habe gemerkt, dass die Wettkampferfahrung fehlt. Ich bin derzeit zum Training in der Schweiz, daher hatte ich am Samstag eine lange Anreise von mehr als sieben Stunden, auch das spielte eine Rolle bei der Rennplanung. Beim nächsten Mal werde ich aber aggressiver laufen.

War das die richtige Strecke für Ihr Cross-Comeback?

Julia Bleasdale:

Die Strecke ist abwechslungsreich, man muss viel mit dem Tempo arbeiten. Einige Kurven sind sehr eng, da ist es teilweise nicht einfach, wieder mit genug Schwung aus den Kurven zu kommen. Die kleinen Hügel haben Spaß gemacht, auch hier muss man dann seine Energie wieder neu aufbauen.

Nun haben Sie hier in Darmstadt ein gutes Rennen gemacht und waren hinter der U23-Läuferin Caterina Granz die beste Frau. Für die Qualifikation zur Cross-EM müssen Sie jedoch zuvorderst am kommenden Sonntag in Tilburg eine gute Leistung abliefern. Welche Rolle hat der Auftritt in Darmstadt für Sie gespielt?

Julia Bleasdale:

Hier in Darmstadt bin ich ohne Erwartungen für die EM gestartet. Ich wollte sehen, wie es läuft und wie ich mich fühle. Ich möchte in Tilburg laufen, das hatte ich schon vorher entschieden. Dort sind starke Felder gemeldet, das wird schwer, auch weil mir eben die Wettkampferfahrung fehlt. Aber es wäre toll, für Deutschland bei der EM zu starten.

Ihre Entscheidung, jetzt für den DLV zu starten, hat viele überrascht. Nochmal im Rückblick: Warum haben Sie sich für einen Verbandswechsel entschieden?

Julia Bleasdale:

Meine Mutter ist Deutsche und mein Vater ist halb deutsch, halb britisch. Ich habe eine große Familie in Deutschland und bin oft hier, daher wollte ich jetzt auch meine deutsche Staatsbürgerschaft zeigen. Es war nicht einfach, aber die Entscheidung war richtig und zum richtigen Zeitpunkt getroffen. Der DLV hat mich willkommen geheißen.

Es wäre in Chia Ihr erster Start für Deutschland nach Ihrem Wechsel im März 2016. Sie haben fast acht Monate keine Wettkämpfe bestreiten können. Was war der Grund für die lange Pause?

Julia Bleasdale:

Ich habe mich kurz nach dem Wechsel im April im Trainingslager in Flagstaff verletzt. Ich wollte nach Rio, aber der Sommer ist nicht verlaufen wie gewohnt. Die Verletzung hat sehr lange gedauert. Ich hatte Probleme mit den Adduktoren auf der linken Seite. Dort war ein Nerv eingeklemmt, eine schwierige Sache, die sich auch auf die Muskulatur ausgewirkt hat.

Wann konnten Sie wieder mit dem Training beginnen?

Julia Bleasdale:

Die komplette Sommersaison mit Rio war gelaufen. Erst im September war das Training wieder richtig möglich. Darmstadt ist mein erster Wettkampf nicht nur nach dem Wechsel, sondern auch nach der langen Pause.

Sind Sie jetzt wieder im kompletten Trainingsrhythmus und -umfang?

Julia Bleasdale:

Ich suche eine Mischung aus Laufen, Bergsteigen und Wandern. Ich glaube, dieser Mix hilft mir. Es ist ein langsamer Aufbau. Die unterschiedlichen Varianten passen auch dazu, um mein Becken zu stärken. Es soll keine einseitige Belastung sein. Ich mache bislang auch noch kein Bahntraining. In den vergangenen Wochen war ich viel in der Schweiz. Ich trainiere viel alleine, manchmal mit einer Gruppe, auch Geronimo von Wartburg ist dabei, aber es ist keine feste Trainingsgruppe. Ich habe in der Schweiz in den letzten Tagen schon die ersten Male im Schnee trainiert.

Da bietet sich Skilanglauf im Winter als Alternativ- und Zusatztraining an...

Julia Bleasdale:

Ich habe bislang noch keinen Langlauf gemacht, aber ich möchte es gerne. Es ist ja ein gutes Training für den ganzen Körper. Durch das Laufen mit den Stöcken werden auch die Arme und der Oberkörper trainiert, das gefällt mir sehr gut und wird mir helfen. Auch Laufen oder Wandern mit Schneeschuhen ist sehr interessant.

Wie soll es denn nächstes Jahr weiter gehen?

Julia Bleasdale:

Mal sehen, wie es mit den Crossläufen klappt. In der Halle laufe ich nicht, ich werde mich dann auf die Sommersaison vorbereiten. Ich bin zuerst einmal froh, wenn ich 2017 verletzungsfrei bleibe. Dafür muss ich die nächsten Wochen abwarten, wie sich alles entwickelt. Ich will jetzt wieder die Freude am Laufen bekommen und auch in Deutschland starten.

Welche Strecken wollen Sie laufen? Sie sind ja früher für Großbritannien meist über 5.000 und 10.000 Meter gestartet und 2012 bei den Olympischen Spielen in London (Großbritannien) Achte über beide Strecken geworden. Soll es wieder in diese Richtung gehen oder eher Richtung Halbmarathon oder Marathon?

Julia Bleasdale:

Die Strecken sind noch offen, da lege ich mich noch nicht fest. Meine Stärke sind die längeren Distanzen, aber ich mache noch keine langfristige Planung, welche Strecken. Da ist noch nichts entschieden. Ich habe manchmal zu schnell geplant, daher warte ich jetzt ab.

Sind die Weltmeisterschaften 2017 in London ein Ziel für Sie?

Julia Bleasdale:

Dort zu starten, ist ein Ziel. Es wäre toll, in London für Deutschland laufen zu können.

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