Speerwerfer Matthias de Zordo kehrte am Wochenende an die Stätte zurück, wo seine vielversprechende Karriere im Vorjahr jäh durch einen Achillessehnenriss unterbrochen wurde. Bei den Halleschen Werfertagen war der Magdeburger noch Zuschauer, doch schon bald will der 26-Jährige in den Kampf um die drei Tickets für die Europameisterschaften im August in Zürich eingreifen.
Die Zäsur kam Knall auf Fall. Matthias de Zordo lief mit dem Speer an zu seinem fünften Versuch bei den Halleschen Werfertagen, als er plötzlich eine Art Schlag gegen das rechte Bein verspürte. Der Weltmeister von 2011 schrie auf, sackte zu Boden und brach in Tränen aus, als ihm der herbeigerufene Arzt die niederschmetternde Diagnose stellte: Riss der Achillessehne. Der 25. Mai 2013 trennte die Karriere von Matthias de Zordo in ein Vorher und ein Nachher.
Am Samstag, 51 Wochen nach dem einschneidenden Ereignis, kehrte der 26-Jährige zurück an die Stätte seines Schicksalsschlags. Als Zaungast beim traditionsreichen Meeting der Werfer in Halle an der Saale, nicht als Teilnehmer.
Bei 60 bis 70 Prozent
Für den Start in Teil zwei seiner sportlichen Laufbahn fühlt sich der Mann aus dem rheinland-pfälzischen Langenlonsheim noch nicht genug wiederhergestellt: „Der Muskelaufbau im rechten Bein ist noch nicht so, dass ich volle Pulle werfen könnte. Ich werde erst dann starten, wenn ich hundertprozentig fit und konkurrenzfähig bin.“ Auf „60 bis 70 Prozent“ taxiert er sein aktuelles Leistungsvermögen.
Matthias de Zordo ist zuversichtlich, bis zu den Deutschen Meisterschaften Ende Juli das notwendige Niveau erreicht zu haben, um sich bei den Titelkämpfen in Ulm noch für die Europameisterschaft zu qualifizieren. „Die EM im August in Zürich ist mein Ziel“, sagt der Leidgeprüfte, der nach dem Überraschungs-Gold von Daegu eineinhalb Jahre lang an einer Ellenbogenverletzung laborierte.
Verletzungs-Trauma überwunden
Beim Comeback, das nach seinem Wechsel im Herbst 2012 vom SV schlau.com Saar 05 Saarbrücken und Trainer Boris Obergföll zum SC Magdeburg und Coach Ralf Wollbrück auch ein Neustart sein sollte, wurde er dann erst richtig zurückgeworfen. Die Pläne von der Titelverteidigung bei der WM in Moskau waren durch die Ruptur schlagartig Makulatur.
Ein Jahr danach hat Matthias de Zordo das Trauma überwunden. „Mittlerweile macht mir die Erinnerung an die Verletzung nichts mehr aus. Im Winter ist mir schon noch ab und zu ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen“, gibt der Mann zu, dessen Bestleistung von 88,36 Metern aus dem Jahr 2011 inoffiziellen Weltrekord für Linkshänder bedeutet.
Kein Druck beim Comeback
Würfe in diese Dimensionen sind für den Mann mit dem Spitznamen „Zorro“ und dem superschnellen Armzug wohl noch längere Zeit außer Reichweite. Matthias de Zordo will sich auch gar nicht unter Druck setzen. Bis auf Weiteres gehe es für ihn vor allem darum, „wieder Fuß zu fassen“, was vor dem Hintergrund der Verletzung eine passende Formulierung ist.
Im Anschluss an die mehrmonatige Reha nach der Operation legte der unter der Woche in Magdeburg und an den Wochenenden bei seiner Freundin in Braunschweig lebende Sportsoldat zunächst im Training den Schwerpunkt auf den Oberkörper. „Die Kraftwerte gingen nach oben“, berichtet der bislang für einen Weltklassewerfer eher schmalbrüstige Athlet. An einer Spezialmaschine imitierte er den Winter über Wurfübungen im Sitzen, zudem baute er die Wadenmuskulatur wieder behutsam auf.
Olympia-Schmach ausbügeln
In den Trainingslagern in Südafrika und Portugal versuchte er sich dann an Würfen aus drei Schritten Anlauf und blieb dabei „nur zwei, drei Meter unter der Bestleistung“. Die Zwischenergebnisse stimmen ihn optimistisch, dass es noch was werden könnte mit dem Saisonziel, „in den Vierkampf um die EM-Tickets einzugreifen“. Wenn nicht, würde er damit auch leben können.
Denn Matthias de Zordo hat gelernt, sich in Geduld zu üben. Zumal 2014 ebenso wie das kommende WM-Jahr nur eine Etappe auf dem Weg nach Rio 2016 ist. „Bei Olympia gilt es, fit zu sein. Ich will die Blamage von 2012 begleichen.“ Trotz seiner Blessur am Wurfarm war Matthias de Zordo vom Deutschen Olympischen Sportbund aufgrund einer Einzelfallregelung für London nominiert worden, wo er dann schon in der Qualifikation scheiterte. Dieser Schlag schmerzt ihn noch heute.