Zehn Jahre Hochleistungssportlerin, zehn Jahre Berufsfotografin – über Langeweile hat sich Kathleen Friedrich in den letzten zwanzig Jahren nicht beklagen können. Die Potsdamer Mittelstrecklerin war von 2000 bis 2004 die beste Deutsche über 1.500 Meter, gewann in diesen Jahren alle fünf nationalen Freiluft-Titel. In ihrem besten Jahr 2001 stellte sie mit 4:04,27 Minuten eine Bestzeit auf, die seitdem von keiner deutschen Läuferin mehr erreicht wurde. Und auch heute ist sie, neben ihrem neuen Leben als Fotografin, der Leichtathletik-Szene eng verbunden.
So ehrgeizig, wie sie sich auf der Laufbahn präsentierte, nahm Kathleen Friedrich danach auch ihre berufliche Entwicklung in Angriff. Dabei gab ein Besuch bei der Leichtathletik-WM in Paris im Jahr 2003 den entscheidenden Impuls. „Ich war verletzt und konnte nicht aktiv teilnehmen. Aber ich fuhr als Touristin hin“, erzählt sie bei unserem Besuch in ihrem Potsdamer Fotostudio. „Und es ergab sich, dass ich dort einige meiner heutigen Kollegen bei der ARD traf und eingeladen wurde, mich bei ihnen umzuschauen.“ Ein Besuch, der sie dazu brachte in Potsdam „Europäische Medienwissenschaften“ zu studieren. Schon damals fotografierte sie, allerdings rein hobbymäßig.
Schnell fand sie Gefallen an dem gewählten Studiengang. Oft auch philosophisch angelegt, war er nicht nur auf ein spezielles Gebiet ausgerichtet und bot viel Freiraum, sich in sämtlichen medialen Bereichen auszuprobieren. Dazu gehörten zum Beispiel das Gestalten und Programmieren von Webseiten, das Verfassen von journalistischen Texten oder auch das Experimentieren mit Ton und Bild. Kathleen Friedrich hatte am Ende des Studiums zwei Titel in der Tasche: den Bachelor und den Master of Arts. Noch während des Studiums knüpfte sie feste Bande zum Fernsehen.
„Seit 2005 bin ich durchgängig für die ARD als Kommentar-Assistentin innerhalb der Leichtathletik zuständig, als Assistentin der Kommentatoren Ralf Scholt und Wilfried Hark“, erzählt sie. Immer, wenn die ARD Leichtathletik überträgt, ist die 39-Jährige dabei. „Das Schöne daran ist, dass ich weiterhin die Verbindung zur Leichtathletik behalte, auch wenn ich mich aus dem aktiven Sport 2006 verabschiedet habe. Meine Liebe zur Leichtathletik ist ja weiterhin ungebrochen.“ Mittlerweile verknüpft sie auch beide Berufsfelder, hat sie doch zuletzt im Oktober Sprinterin Rebekka Haase porträtiert.
Namhafte Kundschaft
Die Fotografie, das ist ihr Hauptberuf. Kathleen Friedrich ist Fotografin, mit Leib und Seele. Nach nunmehr zehn intensiven Jahren sagt sie voller Inbrunst: „Es ist mir eine Herzensangelegenheit“. Wie jeder selbständige Beruf, waren die Anfänge nicht leicht. „Ich hatte damals keinen ausgereiften Businessplan und habe sehr viel intuitiv gehandelt.“ Sie ging zum Gewerbeamt, meldete sich dort als Fotografin an und baute fortan ihre Selbständigkeit auf. Schnell fand sie ihre Spezialgebiete: Porträts, Hochzeiten, Werbe- und Eventaufnahmen.
Zuerst arbeitete sie von zuhause aus, dann mietete sie Studios an, zog später in ein eigenes Studio auf einem Hinterhof und ist nun seit drei Jahren in einem exzellenten Studio in Potsdams Innenstadt gelandet.
Kamen anfangs die Aufträge vor allem durch Mundpropaganda, ist das jetzt etwas einfacher geworden. „Ich habe mir ein sehr gutes Netzwerk aufgebaut, mit Grafikern, mit Webdesignern, eben mit anderen kreativen Leuten und Geschäftspartnern.“ Ihre Referenzenliste ist groß. „Einer meiner ersten Betriebe war die Mittelbrandenburgische Sparkasse, auch die Ärztekammer Berlin oder die Stadtwerke Potsdam sind dauerhafte Kunden von mir.“ Aber auch für größere Unternehmen wie Vattenfall, Amazon oder Kärcher hat sie schon gearbeitet.
Suche nach dem perfekten Bild
Die Suche nach dem perfekten Foto, das sei in etwa zu vergleichen mit der Suche nach dem perfekten Lauf. „Auch wenn es neben der Silbermedaille bei der Juniorenweltmeisterschaft und dem dritten Platz beim Weltcup 2003 zu keiner weiteren internationalen Medaille gereicht hat, habe ich mit meiner Laufkarriere absolut Frieden geschlossen.“
Zum Sport ist sie durch ihre Eltern gekommen, die Mutter war Sportlehrerin und der Vater ein guter 400-Meter-Läufer. „Dass ich Läuferin werden würde, kristallisierte sich sehr schnell heraus. Da war ich einfach am besten.“ So landete sie schnell bei den Mittelstrecken, bald auch bei Trainer Bernd Dießner und wurde 1995 Deutsche Jugendmeisterin in der Halle.
Als der Trainer nach Chemnitz wechselte, ging sie mit und von da an ging es bergauf. Sie holte sich fünf deutsche Meistertitel über 1.500 Meter, lief 2001 beim ISTAF in Berlin mit 4:04,27 Minuten ihre Bestzeit. Seitdem ist keine deutsche Läuferin schneller gelaufen. 2001 war auch ihr bestes Jahr, doch die Krönung bei der WM in Edmonton (Kanada) blieb aus. Im Halbfinale kam sie 150 Meter vor Schluss durch eine Konkurrentin zu Fall und stieg aus. „Das war ein Fehler, denn ich hätte nur ins Ziel kommen müssen und dann Protest einlegen", weiß sie heute. „Zu dem Zeitpunkt war mir das leider nicht klar.“
Gelernt, über ihre Grenzen zu gehen
Aber weil sie mit ihrer aktiven sportlichen Karriere vor zehn Jahren abgeschlossen hat, schaut sie nicht mehr allzu sehr zurück und wenn, hebt sie das Positive von damals hervor: „Ich habe vom Sport gelernt, über meine Grenzen zu gehen. Manche Aufgaben sind heute sehr anstrengend und ich kann dann auch durchziehen. Von mir wird ein Kunde nie hören, dass ich k.o. bin.“
Aber dafür muss sie sich auch fit halten. „Zehn Stunden lang eine Hochzeit fotografieren, mit einer Kamera plus schwerem Objektiv auf der Schulter oder in der Hand, ist auch körperlich anstrengend.“ Deshalb geht sie regelmäßig ins Fitnessstudio, joggt und hat noch einen anderen Sport für sich entdeckt: Einmal pro Woche geht sie mit ihrem Freund Ingo Opitz in die Tanzschule. „Da ist dann alles im Programm: Standard, Latein, Walzer, Foxtrott, Jive, Rumba, Chachacha. Und es gefällt mir, weil ich hier mit meinem Partner das Künstlerisch-Ästhetische in Kombination mit Bewegung ausleben kann.“
Kathleen Friedrich ist angekommen in ihrem neuen Leben, in der Fotografie. Ein neues Leben, das sich trotz allem Profit, den sie noch heute aus ihrer Athletenzeit zieht, vor allem in einem Punkt wesentlich unterscheidet. „Der Leistungssport war eindeutig ein Gegeneinander. Die Fotografie aber ist ein Miteinander. Nur wenn ich meinem Gegenüber ein gutes Gefühl gebe, wird es auch ein gutes Foto.“
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