Zwei Jahre lang hatte Anna-Lena Freese (FTSV Jahn Brinkum) mit Verletzungsproblemen zu kämpfen, die sie die Teilnahme an der WM 2013 und an den Europameisterschaften 2014 kosteten.
Jetzt ist die 200-Meter-Spezialistin endlich wieder schmerzfrei. Ziel für den kommenden Sommer ist zunächst die U23-EM, doch auch ein Staffel-Start bei der WM in Peking (China) scheint für die 20-Jährige nicht ausgeschlossen.
Vier Jahre lang hatte Anna-Lena Freese als Kind Judo gemacht und dort sogar den grünen Gürtel erworben, ehe sie mit dem Kampfsport aufhörte, weil sie sich und anderen nicht wehtun wollte. Sie wechselte zur Leichtathletik, doch auch dort hat sie in den vergangenen Jahren schon so manche schmerzhafte Erfahrung machen müssen. In diesem Sommer war die 20-Jährige wegen Verletzungen erneut zum Zuschauen verdammt.
In guter Form war sie mit dem Sprintkader zum Trainingslager nach Clermont (USA) aufgebrochen, doch bei einer der letzten Trainingseinheiten vor der Weiterreise zu den World Relays auf den Bahamas passierte es: Anna-Lena Freese zog sich eine Muskelverletzung im Beuger zu.
Nicht auf Touren
Zwar bewahrheiteten sich ihre schlimmsten Befürchtungen - ein erneuter Muskelfaserriss - nicht, doch auch so kam die Niedersächsin danach nicht mehr so recht auf Touren. Weil gleichzeitig auch noch Christina Haack (TV Wattenscheid 01) mit muskulären Problemen ausfiel, zog der DLV seine 4x200 Meter-Staffel für die Premiere der Staffel-WM zurück.
Zurück in Hannover schöpfte Anna-Lena Freese nach guten Trainingsleistungen bald wieder Hoffnung. Beim Meeting in Osterode lief sie Ende Juni mit 11,57 Sekunden so schnell wie nie zuvor zum Saisoneinstieg. Allerdings nahm sie von diesem Wettkampf auch eine Sehnenanreizung in der Kniekehle mit nach Hause, eine Spätfolge der Blessur aus dem Trainingslager, die das endgültige Saisonende bedeutete. Die EM in Zürich fand ohne die Sprinterin vom FTSV Jahn Brinkum statt.
WM-Traum geplatzt
Schon 2013 hatte sie ein Muskelfaserriss um ihren ersten internationalen Start bei den Erwachsenen gebracht, nachdem sie ihre Bestleistung zuvor gleich mehrfach gesteigert hatte. Als jüngste Athletin war Anna-Lena Freese für die WM in Moskau nominiert worden - Lohn für Platz vier bei der U20-EM in Rieti (Italien) und Platz zwei in der deutschen Bestenliste mit 23,28 Sekunden.
Das Paket mit der Nationalmannschaftskleidung war bereits eingetroffen, als sich Anna-Lena Freese beim Staffeltraining verletzte. „Das war schlimm, denn die Vorfreude auf die Weltmeisterschaften war riesig“, erinnert sie sich. Doch sie steckte den Kopf nicht in den Sand. „Verletzungen gehören nun einmal zum Leistungssport dazu. Aber ich bin ja noch jung und kann in meiner Karriere noch einige Welt- und Europameisterschaften erleben.“
Mittlerweile ist die U20-Europameisterin mit der Staffel von 2011 wieder vollkommen schmerzfrei. „Alles ist super, ich habe keine Probleme mehr“, sagt sie. Der Blick ist nach vorn gerichtet. Vorrangiges Ziel für 2015 sind die U23-Europameisterschaften in Tallinn (Estland).
Endlauf bei der U23-EM als Ziel
Dort will die Schülerin wieder den Endlauf erreichen - wie schon bei der U18-WM 2011 und der U20-EM 2013. Auch mit der deutschen Staffel würde sie bei der Medaillenvergabe gern erneut ein Wörtchen mitreden. Ob es darüber hinaus auch zum WM-Start in Peking reichen kann, werde sich zeigen, so Anna-Lena Freese. „Das kann ich derzeit noch nicht abschätzen. Ich sage aber ganz bestimmt nicht Nein!“
Die Konkurrenz im deutschen Frauensprint ist allerdings so groß wie lange nicht. Hallen- und Freiluftmeisterin Rebekka Haase (LV 90 Erzgebirge) lief sich 2014 ebenso in den Vordergrund wie Josefina Elsler (LC Paderborn) und 200-Meter-Spezialistin Nadine Gonska (MTG Mannheim). Dahinter macht mit der 17-jährigen Gina Lückenkemper (LAZ Soest) ein weiteres Talent Druck.
All das bedeutet, dass die Staffelplätze neben Verena Sailer (MTG Mannheim) und Tatjana Pinto (LG Brillux Münster) hart umkämpft sein werden. „Das macht mir aber keine Angst“, sagt Anna-Lena Freese selbstbewusst. „Ich nehme das eher als Motivation. Solche Zeiten wie die anderen will ich auch laufen. Wenn wir gegeneinander antreten, können wir uns gegenseitig zu Bestleistungen antreiben.“
200 Meter als Lieblingsstrecke
Am ehesten ist ihr das über die 200 Meter zuzutrauen. Die lange Sprintstrecke ist Freeses Paradedisziplin, wohingegen sie über 100 Meter - Bestzeit: 11,46 Sekunden - noch Reserven hat. „Mein Start und die ersten 30 Meter sind noch ausbaufähig. Bei den 100 Metern kann ich danach kaum noch Boden gutmachen, dafür ist die Strecke zu kurz“, sagt sie. „Die 200 Meter sind deshalb meine Lieblingsstrecke. Ich liebe es, aus der Kurve heraus die Gerade herunterzuballern.“
Seit sie mit neun Jahren den Weg zur Leichtathletik fand, ist Anna-Lena Freese nur für einen einzigen Verein gestartet: den FTSV Jahn Brinkum aus der Gemeinde Stuhr, südlich von Bremen. „Der Verein hat so viel für mich gemacht, deshalb gibt es für mich überhaupt gar keinen Grund, woanders hin zu wechseln“, sagt sie.
Sport auch als Ausgleich
Die 20-Jährige trainiert allerdings in Hannover bei Björn Sterzel, dem NLV-Landestrainer und DLV-Disziplintrainer für den weiblichen C-Kader über die 100 Meter Hürden. Freese lebt im Internat der Eliteschule des Sports, im kommenden Frühjahr macht sie dort ihr Abitur. Trotzdem plant sie eine Hallensaison. „Ich brauche einfach den Sport nebenbei. Ich kann ja nicht den ganzen Tag büffeln“, erklärt sie. Allerdings wird sie im Winter lediglich über 60 Meter an den Start gehen.
Vielleicht gibt es dann auch bald einen deutschsprachigen Wikipedia-Eintrag über sie. Bislang finden sich Informationen über die junge Sprinterin lediglich auf der polnischen Seite der Internet-Enzyklopädie.
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