Eine große Leichtathletin ist im Ziel ihrer Karriere angekommen: Hürdensprinterin Cindy Roleder hat bei der Hallen-DM am Samstag in Dortmund ihr letztes Rennen bestritten und wurde noch einmal Dritte. Die 4.000 Zuschauer in der Helmut-Körnig-Halle verabschiedeten die Vize-Weltmeisterin von 2015 mit Standing Ovations.
Auf der letzten Ehrenrunde einer erfolgreichen, anderthalb Jahrzehnte währenden Karriere kullerten die Tränen. Cindy Roleder ließ ihren Gefühlen nach ihrem letzten Rennen freien Lauf und bedankte sich bei den 4.000 Zuschauern am Samstagabend bei der Hallen-DM in Dortmund: „Ich bin super happy, dass ich mich mit einer Medaille verabschieden konnte. Nun kann ich guten Gewissens meine Karriere beenden. Ich möchte mich bei allen bedanken, die mich unterstützt haben. Allen voran bei meinem Trainer Wolfgang Kühne.“ Nach ihren Worten am Hallenmikrofon zog Cindy Roleder symbolisch ihre pinken Spikes aus und legte das Paar hinter die Ziellinie.
Dass es im Ziel ihrer Karriere nicht zum Titel reichte, sondern mit 8,17 Sekunden „nur“ zu Bronze, konnte die 33-Jährige verkraften. Schließlich gewann sie in ihrer Laufbahn nicht nur neun DM-Titel im Freien und in der Halle, sondern zwischen 2014 und 2019 auch sechs internationale bei Welt- und Europameisterschaften. Eine beeindruckende Konstanz auf höchstem Niveau. In Dortmund sicherte sich Monika Zapalska (TV Wattenscheid 01) mit Bestzeit von 8,10 Sekunden ihren ersten DM-Titel vor Marlene Meier (TSV Bayer 04 Leverkusen; 8,15 sec), die ebenfalls Bestzeit lief.
Cindy Roleder war bereit die Extra-Meile zu gehen
„Cindy Roleder ist eine besondere Athletin. Sie war immer bereit, die Extra-Meile zu gehen. Sie hat sich den Erfolg hart erarbeitet“, beschreibt Idriss Gonschinska die Athletin Cindy Roleder. Der DLV-Vorstandsvorsitzende, selbst ehemaliger Hürdensprinter, betreute die in Karl-Marx-Stadt geborene Sportlerin fünf Jahre lang bis 2010 in Leipzig. „Ich bin unheimlich froh, dass ich ein Teil ihrer Karriere sein durfte“, so Idriss Gonschinska.
Cindy Roleder war nie das absolute Ausnahmetalent. Mit Durchsetzungswillen, Ehrgeiz und vielen, vielen Trainingsstunden entwickelte sie sich von der Vierten der U18-DM 2005 innerhalb von zehn Jahren zur Vize-Weltmeisterin und Europameisterin. Außerdem schaffte es Cindy Roleder in allen Jahren bis 2023 auf der Bahn zu stehen. Auch kurz nach der Geburt ihrer Tochter vor zwei Jahren.
Bei der WM 2015 von Meldeplatz 21 zu Silber
Wie gut das variable Training in der Mehrkampfgruppe von Wolfgang Kühne in Halle fruchtete, bewies Cindy Roleder 2015 bei der WM in Peking. Im Vogelnest „krallte“ sie sich eine Woche nach ihrem 26. Geburtstag die Silbermedaille. Das WM-Finale war mit 12,59 Sekunden das schnellste Rennen in ihrer Karriere.
Und nichts weiter als eine Sensation. Denn Cindy Roleder war als 21.(!) der Saisonbestenliste in Chinas Hauptstadt gereist. Das WM-Halbfinale schien realistisch. Doch sie steigerte sich von Rennen zu Rennen. Über 12,86 Sekunden im Vorlauf auf die neue Bestzeit von 12,79 Sekunden im Halbfinale, um im Endlauf mit 12,59 Sekunden den grandiosen „Silber-Coup“ zu landen.
Beim Saisonhöhepunkt in Top-Form
„Wolfgang Kühne schafft es einfach, dass wir alle zum Saisonhöhepunkt in Top-Form sind“, sagte Cindy Roleder nach ihrem Triumph in Peking. Und meinte damit die Mehrkämpfer aus ihrer Trainingsgruppe wie Michael Schrader, Rico Freimuth und Jennifer Oeser, die ebenfalls allesamt WM-Medaillen gewannen.
Ein Jahr später dann der Gold-Sprint in Amsterdam. Bei der EM stürmte sie in 12,62 Sekunden zum Titel. Es war die zweitbeste Zeit ihrer Karriere. Damit bewies sie mal wieder, dass sie beim Saisonhöhepunkt ihre Top-Form abrufen kann. „Cindy ist eine Athletin mit einer enormen Endgeschwindigkeit. Mit dieser Fähigkeit kann man Rennen gewinnen“, beschreibt Idriss Gonschinska die Hürdensprinterin.
Standing Ovations in der Helmut-Körnig-Halle
Das zeigte sie auch am Samstag in Dortmund, als sie noch einmal dank eines starken Endphase Bronze gewann. Ein Jahr später war Cindy Roleder auch in der Halle nicht zu schlagen und gewann 2017 in Belgrad EM-Gold über 60 Meter Hürden. Ihr zweiter großer Titel und eine von sechs internationalen Medaillen. Dazu kommt noch Platz fünf im Olympia-Finale von Rio.
Die große Leichtathletik-Bühne hat Cindy Roleder am Samstag in Dortmund verlassen. „Jetzt kommt ein anderes Leben“, sagt die 33-Jährige. Die Leichtathletik-Fans werden die außergewöhnliche Sportlerin vermissen und verabschiedeten sie mit Standing Ovations in der Helmut-Körnig-Halle, während bei Cindy Roleder die Tränen kullerten.
Top 10: Cindy Roleders schnellste Rennen über 100 m Hürden
12,59 I Peking, 15.08.2015
12,62 I Amsterdam, 07.07.2016
12,65 I Berlin, 03.09.2016
12,69 I Rio de Janeiro, 17.08.2016
12,72 I Mannheim, 29.07.2016
12,74 I Rio de Janeiro, 17.08.2016
12,76 I Amsterdam, 07.07.2016
12,76 I Doha, 05.10.2019
12,77 I Berlin, 09.08.2018
12,77 I Berlin, 02.09.2018
Top 10: Cindy Roleders schnellste Rennen über 60 m Hürden
7,84 I Leipzig, 18.02.2017
7,84 I Karlsruhe, 03.02.2018
7,84 I Dortmund, 17.02.2018
7,85 I Berlin, 10.02.2017
7,85 I Düsseldorf, 06.02.2018
7,86 I Birmingham, 03.03.2018
7,87 I Birmingham, 03.03.2018
7,88 I Leipzig, 27.02.2016
7,88 I Belgrad, 03.03.2017
7,89 I Belgrad, 03.03.2017