Zwei Olympia-Teilnahmen, EM-Bronze und zuletzt fünf nationale Titel in Folge: Die beste deutsche Geherin Saskia Feige hat im Alter von 27 Jahren ihre Karriere beendet.
„Plane ich noch mal vier Jahre weiter den nächsten Olympia-Zyklus? Oder höre ich auf?“ Dass diese Frage sie im Anschluss an die zurückliegende Saison beschäftigen würde, war Saskia Feige (SC DHfK Leipzig) schon länger bewusst. Während der Saison schob die Geherin sie beiseite, konzentrierte sich auf die EM in Rom (Italien) und den Doppelstart bei den Olympischen Spielen in Paris (Frankreich), wo sie im Einzel über 20 Kilometer sowie in der Marathon-Mixed-Staffel am Start war. Doch als die letzte Ziellinie überquert war, stand eine Entscheidung an.
Einige Wochen später kann Saskia Feige sie verkünden: Die beste deutsche Geherin wird sich im Alter von 27 Jahren aus dem Leistungssport zurückziehen. „Die Entscheidung fiel mir nicht leicht, ich habe noch sehr lange darüber nachgedacht“, gesteht sie, und auch: „Es gibt keinen ganz speziellen, einzelnen Grund. Das Gehen hat mir bis zuletzt riesigen Spaß gemacht. Es war eher eine Überlegung, ob ich bis Los Angeles noch mal vier Jahre durchziehen will.“
Dankbar und zufrieden
Bei einem Blick auf ihre zurückliegenden Erfolge und auf acht Jahre in der Leichtathletik-Nationalmannschaft – mit der Premiere 2016 als U20-Athletin bei der Team-WM der Geher in Rom – stellt sie fest: „Ich habe für mich persönlich alles erreicht, was ich wollte. Und ich bin total dankbar dafür, dass ich nach dem Abi die Möglichkeit hatte, mich für den Leistungssport zu entscheiden.“
Saskia Feige arbeitete sich damals als U23-Athletin innerhalb kurzer Zeit in die deutsche Spitze und schaffte es im Jahr 2019 auch, mit neuem deutschen U23-Rekord über 20 Kilometer (1:30:40 h) die Lücke zur internationalen Elite zu schließen. Diese war gerissen, nachdem Anfang der 2010er Jahre verdiente deutsche Geherinnen wie Sabine Krantz (geb. Zimmer) und Melanie Seeger ihre Karriere beendet hatten.
Erst Trio, dann Einzelkämpferin
Zu Beginn ihrer Laufbahn hatte Saskia Feige, damals noch im Trikot des SC Potsdam, weitere talentierte Mitstreiterinnen an ihrer Seite: Gemeinsam mit der Berlinerin Emilia Lehmeyer und der weiteren Potsdamerin Teresa Zurek gelang 2018 die Qualifikation für die Heim-Europameisterschaften in Berlin, bei denen die jungen Athletinnen die Plätze 14, 16 und 22 belegten.
Mit Beginn der Corona-Pandemie aber wurde Saskia Feige im deutschen Gehsport zur Einzelkämpferin: Über mehrere Jahre klafften zehn Minuten und mehr zwischen der gebürtigen Potsdamerin und ihren besten nationalen Konkurrentinnen. Fünf DM-Titel in Folge zeugen von ihrer nationalen Dominanz über 20 Kilometer.
Betreut wurde sie in dieser Zeit zunächst in Potsdam von Manja Berger und Ronald Weigel, im Jahr 2021 wechselte sie zum SC DHfK Leipzig und Beate Conrad und Thomas Dreißigacker. „Sie waren für mich in den letzten Jahren die wichtigsten Bezugspersonen, ich bin ihnen sehr dankbar, dass sie mich in Leipzig so gut aufgenommen und begleitet haben. Ich habe ihnen sehr viel zu verdanken, und auch dem Verein, in dem ich gleich mit offenen Armen empfangen wurde.“
Die Highlights: München und Paris
Dabei entwickelte sich Saskia Feige stetig weiter, über 1:29:52 Stunden im Jahr 2022 bis hin zu ihrer aktuellen Bestzeit von 1:28:28 Stunden im Jahr 2023. Diese Zeiten bescherten ihr auch die zwei schönsten Momente ihrer Karriere: EM-Bronze in Berlin und mit Direktnorm die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Nachdem sie bei ihrer Olympia-Premiere 2021 in Sapporo (Japan) nicht ins Ziel gekommen war, brachte die Geherin aus Paris Platz 28 im Einzel und Rang zehn in der Mixed-Staffel gemeinsam mit Christopher Linke (SC Potsdam) nach Hause.
„Die Spiele sind mir noch am frischesten in Erinnerung, es war cool, dass ich sie mit vielen Freunden und der Familie gemeinsam erleben konnte. Mit Bronze bei der EM im eigenen Land hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Wenn mir jemand nach dem Abi gesagt hätte, dass ich all das mal schaffe, dann hätte ich gesagt: Träum‘ weiter!“ zieht Saskia Feige Bilanz.
Fokus auf das Medizinstudium
Parallel zu diesen Erfolgen hat die 27-Jährige mit der Aufnahme eines Medizinstudiums im Jahr 2020 die Weichen für die berufliche Karriere gestellt. Nachdem sie für die Olympischen Spiele ein Jahr ausgesetzt hat, steckt sie jetzt wieder mitten im Studienalltag. Drei Jahre liegen noch vor ihr, zwei akademische und dann ein praktisches Jahr.
Sport will Saskia Feige nach ihrem Karriere-Ende weiter treiben, vielleicht neue Sportarten ausprobieren, sicher auch weiter laufen und gehen. Und vielleicht bringt sie schon bald ihr Beruf wieder näher an den Leistungssport heran: Die Medizinstudentin liebäugelt mit einer Tätigkeit in der Sportmedizin und plant, sich dafür auf einem ebenso wichtigen wie bisher im Sport noch vergleichsweise wenig beachteten Fachgebiet zu spezialisieren: der Gynäkologie.
Sie selbst habe bereits die Erfahrung gemacht, dass es für eine Leistungssportlerin schwierig ist, hier kompetente Ansprechpartner:innen zu finden. Und auch jüngere Athletinnen, die sie nach Tipps fragen, interessieren sich häufig besonders für Themen rund um den weiblichen Zyklus und den Leistungssport. „Es gibt wenige Ärzte mit dieser Kombination“, weiß Saskia Feige. Und so verfolgt sie nach ihrem Abschied vom Gehsport längst die nächsten ambitionierten Ziele.