Knappe Entscheidungen haben schon Tradition beim New-York-Marathon. So auch am Sonntag. Denn sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern fightete ein Duo auf dem finalen Kilometer noch um den Sieg. Den besten Spurt hatten Abdi Nageeye und Sheila Chepkirui. Auch die Schweizerin Fabienne Schlumpf zeigte ein starkes Rennen.
Wie prestigeträchtig ein Sieg beim New-York-Marathon ist, erlebten die Leichtathletik-Fans mal wieder bei der 53. Auflage des Lauf-Klassikers am Sonntag. Denn anstatt auf Zeiten-Jagd zu gehen und eventuell den Bonus von 50.000 US-Dollar für einen neuen Streckenrekord (2:04:58 h bzw. 2:22:31 h) einzustreichen, belauerten sich die Asse, die traditionell in New York nicht von Tempomachern unterstützt werden, über viele Kilometer. So wurden die 42,195 Kilometer auf der zweiten Streckenhälfte zum Ausscheidungsrennen.
Bei den Frauen zählten bei Kilometer 30 noch zehn Läuferinnen zur Spitzengruppe, darunter auch die Schweizerin Fabienne Schlumpf. Den ersten ernsthaften Vorstoß wagte Vivian Cheruiyot drei Kilometer später. Durch die Tempoverschärfung der 41-jährigen Kenianerin dezimierte sich die Spitzengruppe zu einem Quintett.
Sheila Chepkirui hängt Hellen Obiri ab
Noch bei der 40-Kilometer-Marke lief ein Trio an der Spitze. Neben Vivian Cheruiyot zählten Titelverteidigerin Hellen Obiri sowie Sheila Chepkirui (beide Kenia) dazu. So fiel die Entscheidung um den Sieg – wie so oft in den vergangenen Jahren – erst im Central Park. Zunächst konnte auf dem welligen Terrain Vivian Cheruiyot dem Tempo nicht mehr folgen. 300 Meter vor dem Ziel musste dann auch Hellen Obiri abreißen lassen, sodass Sheila Chepkirui nach 2:24:35 Stunden über ihren ersten großen Marathonsieg jubelte. Die Olympia-Dritte Hellen Obiri folgte 14 Sekunden später auf Rang zwei. Vivian Cheruiyot wurde in 2:25:21 Stunden Dritte, Fabienne Schlumpf (2:26:31 h) belegte Rang fünf. Dahinter folgte mit Sara Vaughn (2:26:56 h) die schnellste US-Läuferin.
Sheila Chepkirui (Bestzeit: 2:17:29 h) absolvierte in New York ihren fünften Marathon. Die vier davor finishte die 33-Jährige jeweils unter 2:20 Stunden, eine Weltklasse-Konstanz. Was der U18-Weltmeisterin von 2005 über 1.500 Meter bis Sonntag noch fehlte, war ein Sieg über 42,195 Kilometer. Dieser gelang ihr nun ausgerechnet in New York beim spektakulärsten Marathon der Welt. „Ich habe toll trainiert und bin sehr glücklich, hier gewonnen zu haben. Die letzte Meile war wirklich hart, aber ich habe mich richtig angetrieben“, sagte Sheila Chepkirui nach ihrem Triumph.
Olympiasieger Tamirat Tola sprengt die Spitzengruppe
Bei den Männern wurde etwas früher Tempo gemacht. Speziell Olympiasieger und Streckenrekordler Tamirat Tola suchte die Vorentscheidung. Der Äthiopier sprengte mit einer Beschleunigung nach 26 Kilometern die 14 Läufer starke Spitzengruppe. So waren wenige Minuten später nur noch sechs Läufer zusammen. Doch der Olympiasieger fiel zwölf Wochen nach seinem Triumph in Paris nach 35 Kilometern selbst zurück und konnte nicht mehr ins Rennen um den Sieg eingreifen.
Wie bei den Frauen entschied ein langer Schlussspurt über den Sieg. Im Central Park belauerten sich Evans Chebet (Kenia) und Abdi Nageeye (Niederlande) und gingen Schulter an Schulter auf den letzten Kilometer. Dann beschleunigte der Niederländer und schüttelte seinen Verfolger ab. Kurz vor dem Ziel schlug Abdi Nageeye die Hände vors Gesicht und jubelte nach 2:07:39 Stunden über den größten Sieg seiner Karriere. Evans Chebet folgte sechs Sekunden später als Zweiter. „Ich konnte es nicht glauben, dass ich die Chance auf den Sieg hatte. Ein Traum ist für mich in Erfüllung gegangen“, so Abdi Nageeye.
Erster europäischer Männer-Sieger seit 28 Jahren
Den dritten Platz auf dem Podium sicherte sich Albert Korir (Kenia) mit 2:08:00 Stunden. Dahinter folgten Olympiasieger Tamirat Tola (2:08:12 h), der zweimalige New-York-Sieger Geoffrey Kamworor (Kenia; 2:08:50 h) und der schnellste US-Läufer Conner Mantz (2:09:00 h). Abdi Nageeye feierte als erster europäischer Läufer seit 28 Jahren einen Sieg beim New-York-Marathon. 1996 hatte Giacomo Leone (Italien) mit 2:09:54 Stunden triumphiert. Deutsche Top-Läufer waren in diesem Jahr in New York nicht am Start. Als bester Deutscher lief David Gärtlein (TSV 1860 Staffelstein) am Sonntag mit 2:22:05 Stunden auf Platz 40.
Sheila Chepkirui und Abdi Nageeye versüßten sich Platz eins mit der Siegprämie von 100.000 US-Dollar. Für die Plätze zwei und drei gab es 60.000 bzw. 40.000 US-Dollar Preisgeld. Den speziell bei den Frauen möglichen Streckenrekord von 2:22:31 Stunden aus dem Jahr 2003 von Margaret Okayo (Kenia) und den möglichen Bonus von 50.000 US-Dollar verspielten die Läuferinnen aufgrund einer langsamen ersten Hälfte von 73:59 Minuten. Auch die Männer liefen die zweite Hälfte deutlich schneller als die erste. Abdi Nageeye war mit 62:04 Minuten gleich dreieinhalb Minuten schneller als auf den ersten 21,0975 Kilometern.
Die kompletten Resultate finden Sie in unserer Ergebnisrubrik...