Fünf Leichtathletik-Vorentscheidungen mit deutscher Beteiligung finden am Dienstag bei den Olympischen Spielen in Paris im Stade de France statt. Wie die DLV-Athletinnen und -Athleten in den Vorrunden abgeschnitten haben, lesen Sie hier.
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Frauen
1.500 Meter Vorlauf
Nele Weßel läuft ihr eigenes Rennen
Als eine der Letzten war Nele Weßel (TV Waldstraße Wiesbaden) ins Feld der Starterinnen gerückt. Dementsprechend orientierte sich die EM-Finalistin bei ihrem ersten Einsatz auf Weltebene nicht an den stärkstern Kontrahentinnen, sondern konzentrierte sich auf ihr eigenes Rennen. Sie sortierte sich am Ende des Feldes ein und konnte lange mithalten. Erst als die Favoritinnen das Tempo verschärften, musste sie abreißen lassen.
In 4:08,55 Minuten sprang für die Deutsche Vizemeisterin auf Rang elf ihres Laufes eine solide Zeit heraus. In der Repechage darf sie sich am Mittwoch noch einmal auf der großen Bühne zeigen und wird sicher hochmotiviert sein, noch eine starke Zeit auf die lilafarbene Bahn des Olympiastadions zu bringen.
Im ersten der drei Vorläufe knackten alle sechs Qualifikantinnen, angeführt von 10.000-Meter-Weltmeisterin Gudaf Tsegay (Äthiopien), die Vier-Minuten-Marke. Titelverteidigerin und Weltrekordlerin Faith Kipyegon (Kenia) gab sich wenige Stunden nach Silber über 5.000 Meter mit Rang vier in ihrem Vorlauf (4:00,74 min) zufrieden.
Weitsprung Qualifikation
Malaika Mihambo beweist Nerven aus Stahl
Zweimal setzte Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) weite Sätze in die Grube. Zweimal ging die rote Fahne noch. Und so stand die Titelverteidigerin vor ihrem dritten Sprung in der Qualifikation mit dem Rücken zur Wand. Doch Malaika Mihambo wäre nicht Malaika Mihambo, wenn sie nicht ein weiteres Mal ihre Weltklasse gepaart mit mentaler Stärke unter Beweis gestellt hätte. Die Europameisterin flog im dritten Durchgang auf 6,86 Meter und buchte als eine von vier Athletinnen das direkte Finalticket. 30 Zentimeter Luft am Brett deuten an, in welche Sphären die Europameisterin nach ihrer Corona-Infektion wieder vorstoßen kann.
Für die beiden Olympia-Debütantinnen Laura Raquel Müller (Unterländer LG; 6,40 m) und Mikaelle Assani (SCL Heel Baden-Baden; 6,24 m), die zuletzt mit Problemen am Sitzbeinhöcker gekämpft hatte, war in der Qualifikation Endstation. Ebenso wie für Weltmeisterin Ivana Spanovic (Serbien; 6,51 m) und die bulgarische U20-Weltmeisterin Plamena Mitkova (6,45 m), die in diesem Jahr bereits an den sieben Metern gekratzt hat. Die Mitfavoritinnen Tara Davis-Woodhall (USA; 6,90 m), Larissa Iapichino (Italien; 6,87 m) und Ese Brume (Nigeria; 6,76 m) übertrafen wie Malaika Mihambo die direkte Qualifikationsmarke von 6,75 Metern.
Stimmen zum Wettbewerb
Malaika Mihambo (LG Kurpfalz):
Es war sehr spannend für eine Quali. Aber dadurch, dass ich wusste, dass ich in einer guten Form bin, habe ich mir nicht so viele Gedanken gemacht. Es war ungültig, weil ich sehr schnell war. Ich habe noch versucht, das auszusteuern, aber es war so viel überlaufen, dass ich das nicht mehr retten konnte. Vor dem dritten Versuch sind wir fast einen Meter nach hinten gegangen. Dann habe ich noch extra kurz gesetzt und war mir sicher, dass der gültig wird. Wenn man langsamer läuft, passt der Anlauf nicht mehr. Man muss genauso mutig und genauso schnell anlaufen, auch wenn man übertreten hat. Man darf nicht zu lange hadern und muss einfach weitermachen. Es ist bis zuletzt alles offen, und mit diesem Mindset bin ich da rangegangen. Wir werden im Finale deutlich weiter hinten anfangen, und dann wird das ein ganz anderes Springen sein. Da ist es gut, dass man die Quali hat und sich schon an den Ort, die Atmosphäre, die Anlage gewöhnen kann. Die Form haben wir so trainiert, dass jetzt der ideale Zeitpunkt ist, Wettkämpfe zu machen, auch daran muss man sich anpassen. Das kann man im Training nicht simulieren. In Tokio waren 100 oder 200 Menschen, heute waren es 70.000 und mehr. Es war schon so, dass ich reingelaufen bin und direkt eine Gänsehaut bekommen habe. Auch weil man gemerkt hat, dass so viele Deutsche im Publikum sind. Es war schön, diese Unterstützung zu spüren.
Mikaelle Assani (SCL Heel Baden-Baden)
Achterbahnfahrt der Gefühle. Ich habe mir mehr erhofft für heute, ich wollte noch mal zeigen, was ich draufhabe, so, wie es in der restlichen Saison gezeigt habe. Das hat heute gar nicht geklappt. Die Anläufe waren nicht so, wie ich es mir erhofft hatte. Es war schwierig mit dem Wind und ich konnte es nicht auf die Bahn bringen. Am Ende des Tages war das heute leider mein Bestes.
Laura Raquel Müller (Unterländer LG)
Ich habe mir gesagt: Mach es einfach so wie immer. Aber es hat heute einfach nicht geklappt. Das Publikum spielt für mich immer eine große Rolle. Wenn du anfängst anzuklatschen und die ganze Tribüne für dich dabei ist, dann schiebt dich das noch mal, deswegen mache ich das gerne. Vor dem dritten Sprung sollte ich ruhig bleiben und die letzten Meter intensiv setzen, unter mich setzen und hoch rauskommen, aber irgendwie wollte das heute nicht so ganz. Ich habe im letzten Sprung gemerkt, dass irgendwas gefehlt hat. Vielleicht war es die Nervosität, und dass ich mir die ganze Zeit gesagt habe: 6,60 Meter, Laura, du kannst das. Dass ich mir einfach zu viel eingetrichtert habe.
Männer
110 Meter Hürden Repechage
Manuel Mordi in Wimpernschlag-Entscheidung Vierter
Dieser Hoffnungslauf war nichts für schwache Nerven. Erst hieß es nach mehreren vergeblichen Startversuchen cool bleiben. Und dann in einer extrem engen Entscheidung, auf dem Zielstrich noch einmal alles reinzuwerfen. Manuel Mordi (Hamburger SV) machte seine Sache gut, ließ sich von den Problemen am Start nicht verunsichern, kam gut ins Rennen – und sah an den letzten zwei Hürden sogar wie der mögliche Sieger aus. Doch die Konkurrenz links und rechts von ihm kämpfte ebenfalls bis zum letzten Meter um den Einzug ins Halbfinale, der nur den besten Zwei vorbehalten war.
Nach dem Zieleinlauf blickten alle Teilnehmer gebannt auf die Anzeigetafel, keiner konnte sich sicher sein. Es dauerte lange, bis die Resultate auftauchten, zuerst erschien der Name des Brasilianers Raffael Pereira (13,54 sec). Dann brandete lauter Jubel auf – ein Zeichen dafür, dass neben dem zweiten Namen die französische Flagge prangte: Raphaël Mohamed hatte sich eine Tausendstel vor Amine Bouanani (Algerien; beide 13,54 sec) ins Ziel geschmissen. Ebenfalls nur Tausendstel dahinter: Manuel Mordi auf Platz vier (13,55 sec). Auch wenn es knapp war und weh tun wird: Mit dem zweiten starken Auftritt bei seiner Olympia-Premiere kann der junge Hamburger, der in der kommenden Woche seinen 21. Geburtstag feiert, zufrieden sein!
400 Meter Hürden Repechage
Emil Agyekum und Joshua Abuaku nutzen ihre Chance
„Na bitte, es geht doch!“, möchte man Emil Agyekum (SCC Berlin) und Joshua Abuaku (Eintracht Frankfurt) zurufen, nachdem beide im Hoffnungslauf wieder das zeigen konnten, was in ihnen steckt. Im ersten Rennen der sogenannten Repechage Round gelang dem Deutschen Meister und EM-Fünften Emil Agyekum ein deutlich runderer Lauf, in dem er sich bis zuletzt mit dem Dritten der US-Trials Trevor Bassitt duellierte. In 48,64 und 48,67 Sekunden – der viertbesten Zeit in der Karriere von Emil Agyekum – schafften es schließlich beide ins Halbfinale.
Joshua Abukaku, WM-Achter des Vorjahres, war wenig später so schnell wie bisher noch nicht in dieser Saison. In 48,87 Sekunden musste er nur dem Türken Berke Akcam (48,72 sec) den Vortritt lassen, auch er steht am Mittwoch ab 19:35 Uhr im Olympia-Halbfinale. Leider nur zuschauen wird dann Constantin Preis (VfL Sindelfingen), der sich auch im Vorlauf schon sehr schwergetan hatte. Für ihn wurde der Hoffnungslauf zu einem Kraftakt, in dem er in 51,02 Sekunden deutlich von seinen besten Zeiten entfernt blieb – Platz fünf ohne Chance auf die nächste Runde.
Stimmen zum Wettbewerb
Joshua Abuku (Eintracht Frankfurt):
Ich bin ein bisschen geladen in das Rennen reingegangen, denn ich wusste. Das war gestern so unnötig. In den ersten zwei Runden war das noch nicht das Niveau, das ich letztes Jahr gezeigt habe, aber ich bin trotzdem erstmal zufrieden, eine Runde weiter zu sein. Das Rennen heute gibt wieder Selbstvertrauen. Jetzt muss ich noch mal gut regenerieren, und dann schauen wir mal, was morgen geht. Heute ist meine Schwiegermutter mit meiner Tochter draußen geblieben, da hätten wir Tickets für, ich glaube, 145 Euro kaufen müssen. Für morgen müssen wir uns was einfallen lassen. Das war jetzt Saison-Bestleistung, dafür bin ich meinem Coach dankbar. Ich habe bisher immer meine beste Leistung zum Saison-Höhepunkt gezeigt, das gibt mir viel Vertrauen in meinen Coach [Volker Beck], der weiß, was er macht.
Emil Agyekum (SCC Berlin):
Mir geht es sehr gut! Das war in Ordnung. Es gibt noch ein paar Kleinigkeiten, die man verbessern kann, die werde ich morgen ausbauen. An der ersten Hürde war ich ein bisschen weit weg. Ich muss von Anfang an größere Schritte ziehen, trotzdem schnell bleiben, und dann kann da morgen was Gutes rauskommen. Ich vertraue meinen Fähigkeiten. Das Ziel ist immer noch das Finale, morgen wird es ein taffes Rennen, da muss ich auf jeden Fall alles geben und über meine Grenzen hinauswachsen. Das Publikum merkt man im Lauf nicht so doll. Wenn man reinkommt, sieht man: Das Stadion ist voll. Aber dann muss man sich auf sich selbst konzentrieren.
Speerwurf Qualifikation
Julian Weber meldet Ambitionen an – die Konkurrenz auch
Hellwach und auf den Punkt fit präsentierte sich Speerwerfer Julian Weber (USC Mainz) in der Qualifikation. Direkt im ersten Anlauf segelte sein Speer deutlich über die direkte Qualifikationsmarke von 84 Metern. 87,76 Meter – nicht weit unter seiner Saisonbestmarke, die bei 88,37 Metern steht. Damit konnte der Vize-Europameister schon wieder seine Sachen packen.
Dass eine Medaille im Finale kein Selbstläufer wird, unterstrich der Auftritt seiner Kontrahenten: Titelverteidiger Neeraj Chopra (Indien), angereist mit Saisonbestleistung von 85,97 Metern, ließ den Speer auf 89,34 Meter fliegen. Auch der zweimalige Weltmeister Anderson Peters (Grenada; 88,63 m), Vize-Weltmeister Arshad Nadeem (Pakistan; 86,59 m) und Europameister Jakub Vadlejch (Tschechien; 85,63 m) qualifizierten sich souverän fürs Finale. Der Olympia-Zweite von 2016 Julius Yego (Kenia) erreichte mit 85,97 Metern sein bestes Ergebnis seit 2019.
Der zweite deutsche Starter konnte bei diesen starken Weiten nicht mithalten. Der erst 19-jährige Max Dehning (TSV Bayer 04 Leverkusen), der in den vergangenen Wochen von Verletzungsproblemen geplagt worden war, verbesserte sich im dritten Durchgang noch auf 79,24 Meter. Der erhoffte 80-Meter-Wurf blieb ihm jedoch ebenso verwehrt wie der Finaleinzug, für den 82,91 Meter notwendig gewesen wären.
Stimmen zum Wettbewerb
Julian Weber (USC Mainz)
Alles war super, auch das Wetter. Beim Einwerfen ist die Sonne gerade aufgegangen über dem Stadion, das war schön. Trotzdem war es ein bisschen früh, ich werfe doch lieber abends. Ich war schon ein bisschen aufgeregt vorher, aber ein bisschen Aufregung ist immer ganz gut. Den Wurf muss ich mir noch mal anschauen. Das kann man noch ein bisschen besser machen, ich bin etwas ins Knie gegangen. Aber das ist ja "nur" die Quali. Das Finale will ich genauso angehen wie heute: entspannt bleiben, fokussiert, technisch schön werfen. Es wäre ein Traum, eine Medaille mitzunehmen, aber ich konzentriere mich auf mich, dass ich gut werfe. Der Rest ergibt sich von selbst. Die Vorbereitung war gut, in Kienbaum und hier hatte ich auch noch viel Physiotherapie. Ich fühle mich extrem gut.
Max Dehning (TSV Bayer 04 Leverkusen):
Wenn man seit zwei Jahren mit dem Fuß Probleme hat, dann lässt sich das in einem Wettkampf auch nicht ändern, auch wenn man es mit allen Mitteln probiert. Ich denke, nächstes Jahr wird das Ganze anders laufen. Ich werde das, wenn ich wieder zuhause bin, operieren lassen, und dann hoffe ich, dass ich nächstes Jahr keine Probleme mehr damit habe. Ich bin sehr dankbar, dass ich die Olympischen Spiele in meinen jungen Jahren schon miterleben durfte. Es kann nur besser werden!