| Interview

Karl Bebendorf: „Heute war der Tag gekommen“

© Jan Papenfuß
Zu den positiven Überraschungen bei der EM in Rom zählte Karl Bebendorf. Der Dresdner rannte über 3.000 Meter Hindernis zu Bronze. Anschließend beantwortete er in der Mixed Zone die Fragen der Journalistinnen und Journalisten, gab einen Einblick in seine Gedanken kurz vor dem Zieleinlauf und verriet auch, was es mit dem Spitznamen „KB7“ auf sich hat.
Svenja Sapper

Karl Bebendorf, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem EM-Erfolg über die Hindernisse. Vor zwei Jahren in München waren Sie Fünfter, nun sind Sie zwei Plätze weiter vorn gelandet und haben obendrein den Weg nach Paris zu den Olympischen Spielen eingeschlagen.

Karl Bebendorf:
Ich habe unermüdlich daran gearbeitet und immer an mich geglaubt. Nun freue ich mich sehr, dass heute der Tag gekommen ist. Ich genieße das jetzt erst mal einen Moment hier, auch wenn dieser Genuss nicht lange andauern wird: Jetzt habe ich schon das nächste Kapitel aufgeschlagen mit der Olympia-Norm, die ich hier erfüllen konnte. Somit ist mein Blick schon wieder darauf gerichtet.

Wie sehen dementsprechend die kommenden Wochen aus?

Karl Bebendorf:
Ich habe eben schon im TV-Interview angekündigt, dass ich darauf verzichten werde, bei den Deutschen Meisterschaften meinen sechsten Titel über die Hindernisse zu jagen. Ich werde in Braunschweig trotzdem zu sehen sein, aber nicht über die Hindernisse [DM-Tickets gibt's hier]. Mit dem Tag heute habe ich mich im Kopf bestimmt 14 Tage intensiv auseinandergesetzt. Jetzt möchte ich erst mal meinem Kopf eine Pause gönnen. Eigentlich war geplant, dass ich nächste Woche noch in Turku starte, wo ich die Olympia-Norm angreifen wollte. Das kann ich jetzt guten Gewissens absagen.

Die Olympia-Norm haben Sie nun in der Tasche und außerdem hochkarätige Konkurrenz hinter sich gelassen wie den Spanier Daniel Arce, der als europäischer Jahresbester angereist ist. Haben Sie schon realisiert, was Sie heute geleistet haben?

Karl Bebendorf:
Der Spanier ist natürlich haushoher Favorit gewesen von seiner Zeit her. Aber da sieht man, was bei solch einer Meisterschaft möglich ist. Einmal laufe ich dann eben in seine Regionen. Was die Zeit angeht, muss ich selber erst mal drüber schlafen und realisieren, was hier eigentlich gerade passiert ist. Dass ich das Rennen taktisch so laufen kann, habe ich oft gezeigt. Ich musste mir nur erst mal vor Augen halten, dass ich das hier und jetzt auch wirklich abrufen kann. Ihr könnt euch vorstellen, wenn man drei oder vier Tage auf seinem Zimmer sitzt und sich rund um die Uhr nur mit dem Rennen beschäftigt, dass dann immer ein paar Zweifel aufkommen. Diesmal bin ich so klug rangegangen, dass ich gesagt habe: Der Vorlauf muss wie Einlaufen funktionieren.

Der Italiener Osama Zoghlami war zwischenzeitlich weit enteilt, ist aber auf der letzten Runde noch von mehreren Athleten überspurtet worden. Hat Sie das im Rennen beunruhigt?

Karl Bebendorf:
Es war von Anfang an klar, dass der nicht durchkommt. Der hat dieses Jahr einfach noch nicht so stark performt. Ich weiß, wie sich so ein Alleingang anfühlt. Daher habe ich mich davon null verunsichern lassen. Ich war ganz bei mir, habe auf meine Beine geachtet, darauf, dass ich sauber die Hindernisse treffe, dass ich so locker wie möglich bleibe. Ich wusste: Ich kann das Rennen nur dominieren, wenn ich hinten raus einigermaßen frisch bin, meinen eigenen Mittelstrecken-Schritt auspacken kann und ins Fliegen komme. Ich habe so oft in meiner Karriere auf diesen magischen Moment gehofft.

Der kam dann, als Sie auf der Zielgeraden waren …

Karl Bebendorf:
Ich bin auf der Zielgeraden und denke mir: „What the fuck, so locker haben sich deine Beine schon lange nicht mehr angefühlt kurz vor dem Ziel!“ Auf einmal kam ich an die ersten Beiden ran auf der Zielgeraden und dachte mir nur noch: „Träume ich gerade?“ Ich habe es tatsächlich bereut, dass ich nicht eher angegriffen habe, aber ich will es nicht noch mal rückgängig machen.

Kurz vor dem Ziel haben Sie noch Ihren Teamkollegen Frederik Ruppert überholt, der Vierter geworden ist …

Karl Bebendorf:
Ich hatte im Rennen tatsächlich die meiste Angst vor Freddy! Klar, die Franzosen und der Spanier sind auch eine ganz schöne Nummer. Aber es ist auf gar keinen Fall ein Selbstläufer gewesen, dass ich bester Deutscher werde. Ich wusste: Wenn ich Freddy schlagen kann, werde ich ganz vorne mit dabei sein.

Frederik Ruppert hat vorhin gesagt, er gönne Ihnen die Medaille, habe aber vor dem Start nicht das Gefühl gehabt, dass Sie voll Selbstvertrauen in dieses Finale gehen. Trog der Schein?

Karl Bebendorf:
Nein, das hat Freddy richtig erfasst. Ich werde ganz ruhig, wenn ich aufgeregt bin, und das war ich heute. Ich bin sonst ein sehr lustiger Typ, wie man vielleicht merkt. Auch mit Freddy mache ich so viele Witze, wir lachen uns eigentlich den ganzen Tag tot. Aber so oft haben wir uns auch nicht gesehen und bei unserer Wettkampfplanung gehen wir uns eigentlich auch aus dem Weg, so gut es geht. Weil wir privat sehr gute Freunde sind und uns ungern duellieren. Ich freue mich, dass ich ihm bei den Deutschen Meisterschaften mal die Bühne lassen kann.

Was hat heute den entscheidenden Push zur Medaille gegeben?

Karl Bebendorf:
Ich habe nun doch einige Weltmeisterschaften und die Olympischen Spiele schon gesehen – da kam ich teilweise in einen Modus, in dem ich am Start nicht mehr wusste, wer ich bin, ob ich jemals gelaufen bin, und da war ich heute hundertprozentig bei mir. Obwohl ich ruhig war. Heute war das ein anderes „ruhig“, ein sehr sicheres, dass ich es unter Kontrolle habe und genau weiß, wo ich hinmöchte. Wenn ich jetzt nicht das richtige Alter habe, um vorne zu landen, wann dann? Mein Trainer hat mir auch gesagt: Belohn dich! Du hast was drauf.

Was hat es mit dem Spitznamen „KB7“ auf sich?

Karl Bebendorf:
Wenn mich jemand gefragt hat, wer mein Vorbild ist, habe ich nicht den Namen von Mo Farah oder einem anderen Läufer genannt. Sondern immer den von Cristiano Ronaldo, weil ich den als Typ einfach mega finde. Ich habe immer schon gesagt, ich bin KB7, ich trage auch nur CR7-Unterhosen – diesen kleinen Insider kann ich hier mal auspacken. Es ist einfach ein großes Vorbild, weil er auch schon ein gewisses Alter hat und so zielstrebig ist, als Unternehmer, Marke, Person, aber auch sportlich ein krasser Typ. Auf der Bahn ist es natürlich krass, was Jakob Ingebrigtsen abliefert, aber der ist eben ein paar Jahre jünger als ich, und da war Ronaldo ein bisschen eher dran.

EM 2024 Rom 

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