| Interview der Woche

Niklas Kaul: "Der Fuß spielt wieder mit"

© Jan Papenfuß
Der Startschuss für Zehnkampf-Europameister Niklas Kaul in das Olympiajahr ist gefallen. Am Wochenende absolvierte er beim 4. Frankfurter Wintercup seinen ersten Wettkampf der Saison. Im Interview mit leichtathletik.de verrät der Mainzer, wie sein Fahrplan in Richtung Paris zu den Olympischen Spielen aussieht, ob er bis dahin als Spitzensportler und Student wieder doppelgleisig fährt und was ihn mit der aktuell laufenden Heim-EM im Handball verbindet.
Jane Sichting

Niklas Kaul, was hat Sie dazu veranlasst, Ihren Auftakt in das Olympiajahr 2024 bei einem verhältnismäßig kleinen und eher regional geprägten Wettkampf in Frankfurt am Main zu absolvieren? 

Niklas Kaul:
Das mache ich häufiger. Gerade die Testwettkämpfe vor den ersten Zehnkämpfen sind draußen dann auch eher im kleinen Rahmen. Und das haben wir dieses Mal auch in der Halle wieder so gemacht. Einfach auch aus dem Grund, weil einem dann weniger Trainingszeit verloren geht durch Fahrerei. Die Idee war, aus dem Training heraus jetzt mal ein bisschen zu testen und zu gucken, was schon gut funktioniert und wo man noch ein bisschen ran muss. Daher passte das sehr gut.

Sie sagen, dass Sie den Wettkampf aus dem Training heraus bestritten haben. Heißt das im Umkehrschluss, dass für Sie gar keine Hallensaison geplant ist und Sie auch nicht bei den Deutschen Hallenmeisterschaften antreten werden – weder im Mehrkampf nächste Woche, noch in Leipzig Mitte Februar?

Niklas Kaul:
Nein, überhaupt nicht. Wir haben in keinster Weise für diesen Wettkampf herausgenommen. Ich habe am Freitag mal ein bisschen weniger trainiert, sonst aber ganz normal durch. Es ist gar keine Periodisierung auf die Hallensaison geplant. Einfach weil die EM dann relativ früh ist. Und weil Halle bei mir auch immer ein Problem ist, weil die Strecken kürzer sind. Gerade im Mehrkampf: 60 Meter sind für mich schlechter als 100 Meter, gleiches gilt für Hürde, Speer und Diskus fallen weg – das ist alles nicht ganz optimal. Für mich zählt es dann draußen wieder.

Sind dennoch weitere Testwettkämpfe unter dem Hallendach geplant?

Niklas Kaul:
Ja, nächste Woche noch einmal und auch die Woche drauf. Dann jeweils noch mal Hürde und Stabhochsprung, vielleicht auch noch mal eine 60. 

Obwohl es nur ein Wettkampf aus dem Training heraus war – wie zufrieden sind Sie dennoch mit den Ergebnissen in Frankfurt?

Niklas Kaul:
Mit den Ergebnissen bin ich nicht wirklich zufrieden. Das war nicht gut, aber so ein, zwei Lichtblicke gab es doch. Ich bin das erste Mal 60 Meter gelaufen, weil ich draußen immer das Problem habe, dass die ersten paar 100 Meter-Läufe echt schlecht sind, ich in alte Muster zurückfalle und nicht ordentlich laufe. Selbiges ist am Sonntag bei den 60 Metern passiert, was ärgerlich ist. Aber das Einlaufen lief ganz gut und ich hoffe, dass wenn ich jetzt noch einen 60er laufe, der dann wesentlich besser wird. Hürde: Da waren die ersten beiden Hürden und der Start nicht so, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Was aber normal ist, wenn man noch platt ist. Danach bin ich zufrieden mit dem, was da kam. Das passt eigentlich.

Und Stabhochsprung? Da haben Sie bereits am Samstag 4,60 Meter überquert, bevor drei ungültige Versuche folgten.

Niklas Kaul:
Stabhochsprung ist momentan die einzige Disziplin, wo ein bisschen Chaos ist. Ich habe ein bisschen Absprungprobleme, seit ich aus dem Trainingslager in Südafrika zurückgekommen bin, davor lief es gut. Da ist einfach ein bisschen was aufzuarbeiten. Am Samstag bin ich immerhin wieder normal abgesprungen, das hat ganz gut funktioniert. Und jetzt hoffe ich, dass ich mich da Schritt für Schritt rein arbeiten kann.

Sie sprechen es an: Zuletzt waren Sie im Trainingslager. Wo lagen da die Schwerpunkte beziehungsweise wo liegen sie aktuell?

Niklas Kaul:
Aktuell liegen sie auf dem Kraftbereich. Ich hatte immer das Problem, dass ich da nie so richtig gut was aufgebaut habe. Da haben wir uns jetzt mal eine bisschen andere Philosophie zurechtgelegt für dieses Jahr. Was auch heißt, dass ich noch gar nicht im Maximalkraftbereich bin – und das aus dem Startblock heraus auch in den ersten paar Schritten merke. Neben der Kraft konnten wir in Südafrika zusätzlich schon ganz gut Würfe machen, da es dort sehr warm ist. Gerade Diskus und Speer klappt dann einfach besser als hier.

Sind weitere Trainingslager geplant?

Niklas Kaul:
Ja, Ende Februar fliegen wir noch mal für knapp drei Wochen nach Südafrika. Das wird sehr anstrengend, aber es ist natürlich schön, wenn Sonne da ist und es nicht so kalt ist. Dort geht es vor allem darum, schnell zu werden und den Feinschliff für die Saison zu bekommen.

Wie sieht allgemein Ihr Fahrplan bis zu den Olympischen Spielen in Paris aus? Vorher gibt es unter anderem noch die EM in Rom...

Niklas Kaul:
Genau, ich werde die EM machen und danach hoffentlich die Olympischen Spiele. Zum einen ist die EM eine Meisterschaft, die macht man dann doch etwas lieber als ein Meeting. Zum anderen habe ich mit diesen Meeting-Zeitplänen immer so ein bisschen meine Schwierigkeiten, weil ich dieses „fünf Disziplinen am Stück“ an einem Tag ein bisschen schwierig finde. Da finde ich es besser, drei Disziplinen zu haben, dann Pause und dann wieder zwei Disziplinen. Das klappt bei mit – warum auch immer – traditionell einfach besser. Von daher bietet sich Rom für mich an. Zudem war ich noch nicht in Rom und die Stadt soll ja ganz schön sein. (lacht)

Bei den letzten Olympischen Spielen sowie bei der WM im vergangenen Jahr hatten sie jeweils mit Verletzungen zu kämpfen. Ist dahingehend wieder alles ausgeheilt und beschwerdefrei?

Niklas Kaul:
Da ist alles gut, ja. Der Fuß spielt mit, daher passt das schon. Ich springe Hoch jetzt zwar von der anderen Seite und ich muss mir ein, zwei Sachen neu erarbeiten, die rechts, auf der richtigen Seite, irgendwie selbstverständlich waren. Aber auch da bin ich ganz zufrieden, wie es läuft.

Sehr gut. Kommen wir noch einmal auf ein anderes Thema zu sprechen. Sie gehören zu den Spitzenathleten, die neben dem Sport parallel auch studieren und die Doppelbelastung brauchen. Wie sieht das in den kommenden Monaten bis Paris aus, haben Sie ein volles Programm an der Uni?

Niklas Kaul:
Mit meinem Bachelor bin ich quasi fertig und muss nur noch im Februar turnen. Das wollte ich nach Budapest machen, hatte dann aber leider direkt Corona und konnte auch mit dem Fuß nicht springen. Deswegen muss ich Turnen jetzt noch machen, bin aber ansonsten im Bachelor durch. Den Master mache ich dann nach Paris.

Also auch für Sie zunächst voller Fokus auf den Sport?

Niklas Kaul:
Genau. Ich probiere das jetzt das erste Mal und bin mal gespannt. Wenn ich dann im April kein gutes Gefühl damit habe oder merke, dass mir in der Sporthalle die Decke auf den Kopf fällt, scjaue ich, ob ich dann nicht doch schon mal ein bisschen was im Master mache. Weil das sonst auch Quatsch wäre. An sich ist jetzt aber erst einmal voller Fokus auf den Sport geplant.

Gehen wir noch einmal ins Hier und Jetzt: Das Jahr ist erst zwei Wochen alt. Wie ist das Jahr 2024 bei Ihnen angelaufen, wie sind Sie abseits der Leichtathletik in das Olympiajahr gestartet?

Niklas Kaul:
Ich war Skifahren. Und das war auch schön. (lacht) Ich hatte mir einfach gesagt, dass ich das jetzt noch mal mache. Einfach weil es mir so viel Spaß macht und irgendwie ein bisschen was neben dem Sport muss man sich einfach behalten. 

Wenn wir uns gerade schon von der Leichtathletik wegbewegen: Aktuell steht mit der Heim-EM im Handball eine Ihnen sehr vertraute Sportart im Fokus der Öffentlichkeit. Zudem sind Sie Handball-EM-Botschafter für den Spielort München. Wie kam es dazu und wieso München?

Niklas Kaul:
Ja genau, da fahre ich auch gleich wieder hin. München passt zum einen wegen der EM 2022 gut zu mir, weil ich da eine besondere Verbindung zu München habe. Und zum anderen weil ich selbst zehn Jahre lang Handball gespielt habe, bis ich 15 war. Musste das aber leider aufhören, weil ich Zehnkampf dann richtig machen wollte. War bis heute die richtige Entscheidung. Dennoch ist es schön, Handball noch gucken zu können. Und wenn ich mal in der Halle bin und da liegt ein Ball, dann kann ich mich auch lange damit beschäftigen. (lacht)

Im Handball liegt einer der Schlüssel zum Erfolg vor allem im Teamgeist. Können Sie sich davon auch etwas für den Zehnkampf abgucken? Immerhin gelten die Mehrkämpfer immer als eine große Familie, die sich trotz aller Konkurrenz gegenseitig unterstützt.

Niklas Kaul: 
Ja, das schon. Der Unterschied zum Handball ist aber, dass es am Ende doch ein Gegeneinander ist. Aber man versucht sich natürlich gerade jetzt auch in der Vorbereitung und dann in den Wettkämpfen bestmöglich zu unterstützen. Das auf jeden Fall. Aber es ist dann doch so, dass ich am Ende selbst für meine Leistung verantwortlich bin – während ich beim Handball noch ein paar Leute drum herum habe. 

Mehr: 
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