Hunderte Trainingsstunden hat Gina Lückenkemper in der Dortmunder Helmut-Körnig-Halle verbracht. Beim PSD Bank Meeting zeigte die Sprinterin mit 7,22 Sekunden als 60-Meter-Siegerin am Samstagabend eine starke Leistung. Über 1.500 Meter gab es zwar keinen deutschen Sieg, dafür aber gleich vier Top-Zeiten.
Ein befreites Lächeln im Gesicht, der Siegerblumenstrauß in der Hand und das Gesicht den wartenden Fotografen zugewandt. Ein gewaltiger Stein schien Gina Lückenkemper (SCC Berlin) nach dem 60-Meter-Finale beim PSD Bank Meeting am Samstagabend in Dortmund vom Herzen gefallen zu sein. Denn in diesem Rennen zeigte die Vize-Europameisterin wieder ihr ganzes Können. Bei ihrem Heimspiel erwischte die gebürtige Westfälin nach 7,35 Sekunden im Vorlauf im Finale einen besseren Start und zog in der Beschleunigungsphase der Konkurrenz auf und davon.
Mit 7,22 Sekunden setzte sich die 25-Jährige deutlich vor N’ketia Seedo (Niederlande; 7,27 sec) und Talea Prepens (TV Cloppenburg) durch, die sich auf 7,31 Sekunden steigerte. Gleichzeitig blieb Gina Lückenkemper deutlich unter der Hallen-WM-Norm von 7,30 Sekunden für die Titelkämpfe in Belgrad (Serbien; 18.-20. März) und steigerte die deutsche Jahresbestleistung der viertplatzierten Sophia Junk (LG Rhein-Wied; 7,31 sec) um sieben Hundertstel. Rang fünf ging an Tatjana Pinto (TV Wattenscheid 01) mit 7,33 Sekunden, die in den kommenden Rennen „alle Puzzleteile“ zusammenbringen will.
Optimaler Start im Finale
„Ich bin überrascht, dass es im Finale doch noch so schnell geworden ist. Denn im Vorlauf hat mir noch die Spritzigkeit gefehlt. Da sieht man, was es ausmacht, wenn ich den Start erwische. So gut bin ich vorn wohl noch nie weggekommen. Ich habe sogar gedacht, dass ein Fehlstart war, weil ich sonst am Start nie so weit vorn bin“, sagte Gina Lückenkemper nach ihrem Sieg. Die nächsten guten Starts – und guten Rennen – peilt sie bereits beim ISTAF Indoor am 20. Februar in Düsseldorf und bei der Hallen-DM eine Woche später in Leipzig an.
Während im 60-Meter-Rennen der Frauen die Siegerin klar zu erkennen war, schauten sich nach dem Männer-Finale die Sprinter zunächst fragend an, wer denn nun vorn war. Nach einigen Augenblicken des Wartens jubelte Joris van Gool über den Sieg. Der Niederländer hielt mit 6,60 Sekunden Julian Wagner (Top-Team Erfurt; 6,62 sec) und Sean Safo-Antwi (Ghana; 6,63 sec) knapp in Schach.
6,58 Sekunden: Julian Wagner glänzt im Vorlauf
Julian Wagner erwischte den Start im Finale nicht so gut wie im Vorlauf. Da hatte er sich trotz drei nötiger Startversuche nicht aus der Ruhe bringen lassen und stürmte mit neuer Bestzeit von 6,58 Sekunden zum Meeting-Rekord und zur deutschen Jahresbestleistung. Außerdem blieb er gleich fünf Hundertstel unter der Hallen-WM-Norm. Bis auf zwei Hundertstel an die Belgrad-Norm lief Lucas Ansah-Peprah (Hamburger SV) mit 6,65 Sekunden als Vorlaufsieger heran. Damit steigerte er seinen Hamburger Rekord um drei Hundertstel.
„Schade, dass der erste Start im Finale zurückgeschossen worden ist. Den habe ich super erwischt. Aber 6,58 und 6,62 Sekunden sind Super-Zeiten. Ich freue mich auf die restliche Hallensaison“, jubelte Julian Wagner trotz des knapp verpassten Siegs. Wahrscheinlich würde der Erfurter nur zu gern noch einige Rennen in Dortmund bestreiten. Schließlich erzielte er seine fünf besten 60-Meter-Zeiten (zwischen 6,58 und 6,62 sec) allesamt in der Helmut-Körnig-Halle.
Robert Farken hadert mit verpasstem Sieg
An die schnelle Bahn werden sich auf die deutschen 1.500-Meter-Läufer gern erinnern. Denn gleich ein Quartett blieb unter 3:40 Minuten und erzielte dabei jeweils neue Bestzeiten. Angeführt wurde die schnelle DLV-Riege von Robert Farken. Der Leipziger zeigte ein offensives Rennen und hätte mit 3:37,22 Minuten fast sogar noch den Sieger Isaac Nader (3:36,62 min) abgefangen. Doch der Portugiese rettete einen kleinen Vorsprung ins Ziel und belohnte sich mit dem neuen Meetingrekord.
„Ich hätte das Rennen gern gewonnen und hätte es bei dem Rennverlauf sogar gewinnen müssen. Darüber ärgere ich mich. Aber die Zeit ist schon in Ordnung“, sagte Robert Farken. Als „Trost“ blieb ihm nämlich die dritte Bestzeit im dritten Hallenrennen 2022.
Drei weitere DLV-Läufer unter 3:40 Minuten
Auch Christoph Kessler (LG Region Karlsruhe; 3:38,46 min) und Lokalmatador Mohamed Mohumed (LG Olympia Dortmund; 3:38,73 min) auf den Plätzen fünf und sechs hatten sich das Rennen gut eingeteilt und blieben unter der Hallen-WM-Norm von 3:39,00 Minuten. Das gelang Karl Bebendorf (Dresdner SC) auf Platz acht mit 3:39,73 Minuten nicht ganz. Der Hindernisspezialist bewies in Dortmund trotzdem seine gute Form.
Während die Sprinter nach wenigen Sekunden und die Läufer nach wenigen Minuten ihre Sieger gekürt hatten, war bei den Stabhochspringern Geduld gefragt. Knapp drei Stunden dauerte der Wettkampf. Erst bei 5,90 Metern wurde über den Sieg entschieden. KC Lightfoot (USA) schaffte die Höhe im zweiten Versuch, Oleg Zernikel (ASV Landau) scheiterte dreimal.
Erst 6,03 Meter zu hoch für KC Lightfoot
Der Deutsche Meister belegte in der Endabrechnung Rang drei mit 5,72 Metern hinter dem höhengleichen Bo Kanda Lita Baehre (TSV Bayer 04 Leverkusen), für den die Hallen-WM-Norm von 5,81 Metern in Dortmund zu hoch war. „Ich bin etwas schwer in den Wettkampf gekommen. Erst am Ende waren ein paar bessere Sprünge dabei, die Hoffnung machen. Höhen um 5,80 Meter sind durchaus möglich, aber im Stabhochsprung weiß man sie, wann die Höhe fällt“, sagte der WM-Vierte Bo Kanda Lita Baehre.
Nach den gemeisterten 5,90 Metern war die Stabhochsprung-Show von KC Lightfoot noch lange nicht vorbei. Denn 5,95 Meter meisterte der 22-Jährige im ersten Anlauf, um danach 6,03 Meter auflegen zu lassen. Erst dieser neue Nordamerika-Rekord war an diesem langen Stabhochsprung-Abend zu hoch für ihn. Am Ende verbesserte er übrigens den Meetingrekord gleich viermal.
Hanna Klein läuft auf Rang zwei
Ebenfalls einen neuen Meetingrekord stellte Eleanor Fulton über 1.500 Meter mit 4:09,72 Minuten auf. Dabei war die US-Amerikanerin nur als Zweite ins Ziel gelaufen. Mehr als zehn Meter Vorsprung hatte Tigist Ketema auf der langen Mittelstrecke herausgelaufen, doch die Äthiopierin hatte nach dem Start die Bahn verlassen, was zur Disqualifikation führte. Rang zwei sicherte sich bei ihrem Hallendebüt 2022 Hanna Klein. Die Tübingerin lief 4:10,05 Minuten und konnte fast noch die später siegreiche US-Amerikanerin abfangen.
Die Weitspringerinnen hatten in Dortmund mit Anlaufproblemen zu kämpfen. Für Top-Favoritin Khaddi Sagnia (Schweden) ging nur ein gültiger Sprung auf 6,03 Meter in die Wertung ein. Das reichte lediglich zu Rang acht. Besser lief es für Merle Homeier. Doch zufrieden mit ihrer Siegerweite von 6,47 Metern war die Göttingerin nicht: „Mal bin ich weit vor dem Brett abgesprungen, mal übers Brett gerutscht und nicht richtig abgesprungen.“
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