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Inspiration in Corona-Zeiten (II): Die Motivation des Laufens

Die Resonanz war überwältigend: Für die Auszeichnung der "Besten Leichtathletik-Initiativen im Corona-Jahr 2020" gingen fast 100 Bewerbungen ein. Nachdem eine Expertenjury aus diesen die Top Sechs ausgewählt hatte, bestimmte eine Publikumswahl die Reihenfolge der Top Sechs. Doch auch zahlreiche Bewerbungen, die es nicht in die engere Auswahl geschafft haben, konnten mit kreativen und vielseitigen Ideen aufwarten. In den kommenden Wochen wollen wir daher eine Auswahl an weiteren, spannenden Initiativen vorstellen. Thematischer Fokus heute: Die Motivation des Laufens.
Nicolas Walter

Initiative "Konstanzer Kuscheltierlauf" (TV Konstanz)

Seit mehr als 30 Jahren veranstaltet der Turnverein Konstanz mit dem Altstadtlauf eine Laufveranstaltung für Kinder ab vier Jahren bis hin zum Seniorenalter. Bereits früh war klar, dass die Veranstaltung 2020 wegen Corona nicht durchgeführt werden konnte. Dennoch wollten die Organisatoren nicht gänzlich darauf verzichten und initiierten nach dem ersten Lockdown mit dem Konstanzer Kuscheltierlauf eine Laufveranstaltung für Kinder.

Die Rundbahn im Bodenseestadion wurde so abgesteckt, dass die Kinder über zwei Runden etwa 700 Meter in Form einer „Schnecke“ zurücklegen mussten und dabei zu jeder Zeit den Mindestabstand einhielten. Auch darüber hinaus wurden zahlreiche Maßnahmen zur Vorbeugung von Infektionen getroffen: Der Zugang zum Start erfolgte über Lenkung des Besucherstroms in Form einer Einbahnbahnstraße. Die Kinder hatten für den Lauf ein Zeitfenster von vier Stunden zur Verfügung, sodass sie innerhalb dieser Spanne selbst entscheiden konnten, wann sie an den Start gehen wollten. Je eine Begleitperson wurde pro Kind auf der Strecke zugelassen, die weiteren Familienmitglieder wurden über einen separaten Weg zum Ziel geleitet.

Nach dem Zieleinlauf wurde jedes Kind mit einem Kuscheltier und einer Urkunde für die Teilnahme ausgezeichnet – die Präsente konnten dabei von einem Tisch genommen werden, sodass es keine weiteren Kontakte bedurfte. Die Umkleiden und Duschen waren geschlossen, am Ein- und Ausgang wurden alle Besucher dokumentiert und gezählt. Auch ausreichend Desinfektionsmittel stand zur Verfügung. Insgesamt nahmen 329 Kinder an der Veranstaltung teil. Da für die Kinder der Gewinn eines Kuscheltiers im Vordergrund stand, verzichteten die Organisatoren auf eine Zeitnahme.

Initiative “Virtueller We Can Do MORE Spendenlauf” (We can do MORE)

Die Organisatoren des gemeinnützigen Projekts „We Can do MORE“ planten bereits 2019, im darauffolgenden Jahr einen Volkslauf auf 100-prozentiger Spendenbasis zu organisieren. Die Kosten der Veranstaltung sollten von Sponsoren getragen werden, sodass die gesammelten Startgebühren an ein Schulprojekt in Uganda gespendet werden sollten. Als sich 2020 abzeichnete, dass eine Durchführung der Veranstaltung nicht möglich sein würde, planten die Organisatoren kurzerhand virtuell.

Vom 1. Mai bis zum 30. Juni fand somit der „Virtuelle We can do MORE Spendenlauf“ statt. Innerhalb der zwei Monate nahmen Sportler aus 17 Ländern weltweit an der Veranstaltung teil, darunter auch Zehnkämpfer und WM-Teilnehmer Tim Nowak (SSV Ulm 1846) sowie Marathon-Läuferin Fabienne Königstein (MTG Mannheim).

Gemeinsam wurden über 13.000 Kilometer erlaufen und insgesamt 9.054 Euro an Spendengeldern gesammelt. Die Spenden gingen zu 100 Prozent an das Schulprojekt der Blessed Adolf Kolping Education Foundation in Kakumiro (Uganda). Die Veranstalter zeigten mit der Durchführung des Spendenlaufs einmal mehr, dass mit Hingabe und Willen vieles möglich ist.  

Initiative "Vom Ego-Fit zum Bene-Fiz“ (TuS Feuchtwangen)

Im Corona-Jahr 2020 konnte der TuS Feuchtwangen keinen seiner traditionellen Lauf-Wettbewerbe durchführen. Als im Herbst wieder Wettkämpfe möglich waren, entstand die Idee, im Oktober unter Berücksichtigung aller Hygienebestimmungen einen Benefiz-Lauf zu veranstalten.

Bei der Überlegung, welches Projekt unterstützt werden könnte, stießen die Organisatoren auf das Evangelische Dekanat Feuchtwangen, welches seit den 1970er-Jahren ein Hilfsprojekt im Kongo unterstützt und dort die Patenschaft für drei Schulen übernahm. Somit wurde die Entscheidung getroffen, dass mit dem Benefizlauf am Tag der Deutschen Einheit die Kücheneinrichtung für eine der Schulen erlaufen werden sollte. Mithilfe eines Hygieneplans, welcher unter anderem eine 1.200 Meter lange Rundstrecke ohne Begegnungsverkehr vorsah, wurde der Lauf schließlich durchgeführt.

Letztlich konnte sogar die Ausstattung von drei Schulkantinen im Wert von je 300 Euro erlaufen werden. Darüber hinaus konnten weitere 5.650 Euro für die Anschaffung von 133 Schulbänken sowie für Bälle und Sprungseile gesammelt werden.

Initiative "Trainingslager auf Distanz" (LV Oelde)

Durch die Ausbreitung des Coronavirus musste das Trainingslager im 300 Kilometer entfernten Nessmersiel, das die Nachwuchsläufer des LV Oelde alljährlich durchführen, abgesagt werden. 25 Läuferinnen und Läufer im Alter von 10 bis 18 Jahren hatten sich dafür angemeldet und auf intensive Tage an der Nordsee gefreut. Nach Ausbruch der Corona-Pandemie wurde der Entschluss gefasst, die Trainingseinheiten nicht entfallen zu lassen, sondern in Oelde durchzuführen.

Da die Athleten aber vielfach aus der weiteren Umgebung stammten und ein Training mit mehreren Personen nicht erlaubt war, hatte Trainerin Elke Schalkamp eine kreative Trainings-Motivation parat. Für jeden Kilometer, den ihre Athleten liefen, spendete sie 10 Cent für den Orang-Utan "Buschi" im Osnabrücker Zoo. Zahlreiche Eltern schlossen sich an und sagten Spenden für die gelaufenen Kilometer ihrer Kinder zu. So wurde der Ehrgeiz geweckt. Jeder Kilometer wurde abends in Form eines Beweisfotos von der Laufuhr übermittelt.

Insgesamt zwölf Athleten knackten die 100-Kilometer-Marke. Insgesamt kamen so 2.282 Kilometer zusammen, was eine Spende von 440 Euro an den Osnabrücker Zoo erbrachte. Der LV Oelde konnte somit nicht nur einen Trainingseffekt für das entfallene Trainingslager erzielen, sondern erfüllte auch einen guten Zweck.

Initiative "Gäu Felder Lauf-Serie" (TSV Öschelbronn)

Durch Corona konnte der regelmäßige Lauftreff des TSV Öschelbronn nicht mehr stattfinden. Als Alternative wurde die „Gäu Felder Lauf Serie“ ins Leben gerufen. Bei dieser sollten die Teilnehmer von Mai bis September jeden Monat mindestens einmal die originale „Gäu Felder Lauf“-Strecke, die Strecke einer traditionellen Laufveranstaltung in der Region, von 7,7 Kilometern absolvieren. Um die Teilnehmer zu motivieren und einen Wettkampfgedanken zu etablieren, wurde ein Punktesystem eingeführt. Punkte wurden für die Erfüllung verschiedener kreativer Aufgaben vergeben. So gab es beispielsweise einen Punkt, wenn die Teilnehmer die Strecke am 9. Mai 2020, dem ursprünglichen Termin der regionalen Laufveranstaltung, absolvierten.

Weitere Punkte gab es für Schätzfragen. Beispielsweise mussten die Teilnehmer erraten, wie viel Prozent der Läufer im Juni schneller sein würden als im Mai. Die 25 Prozent der besten Rückmeldungen bekamen einen Punkt. Ebenfalls gab es Punkte dafür, wenn die Teilnehmer ihre gelaufenen Zeiten von Mai bis September verbessern konnten. Zum Abschluss wurde für die Punktbesten eine Siegerehrung durchgeführt. Mit dieser Aktion schaffte es der TSV Öschelbronn, auf kreative Weise auch in Pandemie-Zeiten für den Lauftreff zu begeistern.

Initiative "Silvesterlauf Gießen" (LAZ Gießen)

Zum 48. Mal hätte im vergangenen Dezember der traditionelle Silvesterlauf in Gießen ausgetragen werden sollen. Corona machte der Veranstaltung zwar einen Strich durch die Rechnung, doch für die Organisatoren kam eine gänzliche Absage nicht in Betracht. So führte das LAZ Gießen am 31. Dezember 2020 erstmalig einen virtuellen Silvesterlauf durch. 

Die Teilnehmer mussten dabei ihre gelaufenen Zeiten per Laufuhr tracken und ein Beweisfoto an den Veranstalter schicken. Gelaufen wurden verschiedene Distanzen, darunter 5 Kilometer, 10 Kilometer sowie die Halbmarathon-Distanz. Die Veranstaltung wurde dabei intensiv auf den Social Media-Kanälen des Vereins begleitet, so fand unter anderem auch die virtuelle Siegerehrung auf Instagram statt. Mit viel positiver Resonanz und insgesamt etwa 900 Teilnehmern bewiesen die Organisatoren der Veranstaltung, dass mit Kreativität und Willen vieles möglich ist.

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