Der Stabhochsprung-Weltmeister von 2013 Raphael Holzdeppe musste im Februar bei der Hallen-DM in Leipzig den ersten großen Verletzungsrückschlag seiner Karriere einstecken: Einen dreifachen Bänderriss an seinem linken Absprungbein. Zweieinhalb Monate später ist der 26-Jährige guter Dinge, dass ein Start bei den Olympischen Spielen in Rio (Brasilien; 12. bis 21. August) noch möglich ist.
„There are no limits“ steht in kunstvoller Schrift auf dem rechten Arm von Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken). Das Tattoo hat sich der Vize-Weltmeister von 2015 Anfang April neu stechen lassen. Ein Wegbegleiter durch die Reha und das harte Training, das ihn nach seiner Verletzung zurück zu Höchstleistungen führen soll.
Vor dem Finale der Hallen-DM in Leipzig war er beim Einspringen umgeknickt und riss sich drei Bänder an seinem Sprungfuß. Nach der anschließenden Operation in Heidelberg lautete seine Devise in den sozialen Medien fortan #comebackstronger. „Ich schaue immer positiv nach vorne und versuche das Beste daraus zu machen“, sagt der Stabhochspringer, der seine Hallen-Bestleistung im Januar auf 5,84 Meter geschraubt hatte.
Schritte nach vorn in Belek
Aus seiner Stimme ist nach dem Trainingslager in Belek (Türkei) viel Optimismus rauszuhören. „Es geht mir persönlich sehr gut, es ist alles so verlaufen, wie wir uns das erhofft hatten“, berichtet der Olympia-Dritte. Die erste Operation in seinem Sportlerleben hat er mental gut verkraftet und konnte in den letzten Wochen große Fortschritte erzielen.
Am warmen Mittelmeer durfte er zum ersten Mal den Fuß wieder läuferisch belasten und mit Jogging starten. „Durch Zufall ein perfektes Timing, was gibt es Schöneres als in der Sonne wieder laufen zu können.“ Unter der Betreuung seines langjährigen Physiotherapeuten, der mitgereist war, wurde er jeweils gut auf die Trainingseinheiten vorbereitet.
Erste zwei Technik-Einheiten absolviert
Unmittelbar nach seinem Türkei-Aufenthalt hat ihm der Arzt vergangenen Montag grünes Licht gegeben. Der Fuß darf nun schrittweise voll belastet werden. „Langsam kann ich den normalen Trainingsbetrieb wieder voll aufnehmen“, erklärt Raphael Holzdeppe, natürlich nicht von Null auf Hundert, aber die ersten beiden Technik-Einheiten hat er schon hinter sich.
„Ich bin super glücklich darüber, dass ich wieder springen kann“, freut sich der leidenschaftliche Athlet. Da ist es fürs Erste auch egal, wenn noch nicht alles ganz rund läuft. Denn er ist sich sicher, dass es wieder richtig hoch hinausgehen wird. Bis zu den nächsten Höhenflügen sei es nur eine Frage der Zeit. Sein Ziel ist es, die Qualifikation für die Olympischen Spiele zu schaffen. Einer der letzten Chancen dafür ist bei den <link>Deutschen Meisterschaften in Kassel (18./19. Juni) oder im Falle der EM-Qualifikation (Norm: 5,65 m) dann in Amsterdam (Niederlande; 6. bis 10. Juli).
Olympia-Chance gewahrt
Einen Termin, wann er seinen ersten Wettkampf bestreiten will, hat er schon im Kopf. Seinen Fahrplan will er aber erst mal für sich behalten und die Trainingsfortschritte der nächsten Wochen abwarten. Ende Mai wird er mit seinem Trainer Andrei Tivontchik besprechen, wann er versuchen wird, in die Saison einzusteigen.
Was er sicher sagen kann ist, dass er so lange keinen Wettkampf bestreiten wird, bis er sich nicht die Olympianorm von 5,70 Metern zutraut. Bis dahin setzt er lieber auf weiteres Training. Oberstes Ziel ist es, hundert Prozent gesund zu werden. „Wenn ich erst mal in der Form bin, wieder Wettkämpfe zu bestreiten, dann sehe ich die Chancen gut, die Olympia-Qualifikation zu springen.“
Gutes Omen
Der Traum von den sechs Metern, der in der Halle ständig präsent war, spielt momentan keine Rolle. Die Konzentration liegt ganz auf der Basis, der Fuß soll nicht zu früh zu stark belastet werden. So wird sich Raphael Holzdeppe gedulden müssen, seine Leistungsgrenze auszureizen. Die steht unter freiem Himmel bei 5,94 Metern – gesprungen vergangenen Sommer bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg.
Aus einer sportlichen Hochphase stammte auch der Wunsch des neuen Tattoos, das schon vor einem halben Jahr geplant war. Er hatte nur keinen passenden Termin mit dem Tattoo-Studio finden können. Dann kam der unerwartete Rückschlag und der Slogan auf dem Arm wurde ein willkommener Motivator. „Es hat in die Situation perfekt reingepasst“, blickt der Kämpfer zurück.
Etwas Positives kann er der Verletzung sogar abgewinnen. Das Gespür und Verständnis für den eigenen Körper ist größer geworden. Und: Raphael Holzdeppe kennt es aus der Vergangenheit, dass er vor wichtigen Sommersaisons Rückschläge erlitten hat. Dennoch hat er enorme Erfolge vorzuweisen: 2012 Olympia-Bronze, 2013 WM-Gold und 2015 WM-Silber. „Vielleicht ist es ein gutes Omen, dass ich mich verletzt habe.“