| Interview

Jennifer Gartmann: "Meine Leistungsgrenze ist noch nicht erreicht"

© Kai Peters
Jennifer Gartmann (W45) ist „Masters-Leichtathletin des Jahres“ 2023. Für die Hallen-Weltmeisterin im Fünfkampf, dreifache Europameisterin und sechsfache Deutsche Meisterin von der LG Westerwald kommt die Wahl überraschend. Über eine schrittweise Wettkampfplanung, ihr Training und wichtige Morgenroutinen.
David Deister

Jennifer Gartmann, was bedeutet die Wahl zur „Leichtathletin des Jahres“ im Bereich Masters für Sie? 

Jennifer Gartmann:
Ich freue mich unendlich, absolut gigantisch. Ich habe damit so nicht gerechnet, weil auch in 2023 die Konkurrenz so stark war. Überhaupt nominiert zu werden und dann in die Top Drei zu kommen, war für mich super. Und die Wahl zu gewinnen ist, einfach großartig. Ich danke der Jury! 

Was machte das vergangene Jahr zu einem ganz besonderen Jahr für Sie? 

Jennifer Gartmann:
Anfang des Jahres hatte ich ja meinen Job als DLV-Athletensprecherin aufgenommen. Für mich ist das ein erfüllendes, teilweise sogar beflügelndes Ehrenamt, weil ich auch das eine oder andere schon vermitteln und anderen Athleten helfen konnte. Das Leichtathletikjahr 2023 war für mich wirklich besonders. Ich hätte nicht gedacht, dass 2022 – mein bis dahin bestes Jahr – noch einmal zu toppen möglich wäre. Klar: Gold im Mehrkampf bei der WM war, in Anführungszeichen, „vorprogrammiert“, aber eben mein erstes Hallen-Gold bei einer Weltmeisterschaft. Auch die EM und die Deutschen Meisterschaften liefen sensationell gut, waren Highlights und krönten meine Saison. 

War das denn so alles planbar? 

Jennifer Gartmann:
Die Vorzeichen waren gar nicht so gut. Hier und da gab es Rückschläge und wir mussten das Training wohl dosieren. Ich hatte immer mal wieder mit Problemen an der Achillessehne und in der Wadenmuskulatur zu kämpfen. Mit jeder Verletzung oder jeder körperlichen Einschränkung, die man so hat, lerne ich was dazu. Mit allen Übungen, die zur Prophylaxe in den Trainingsalltag integriert werden, um potenzielle Verletzungen zu verhindern, ist das inzwischen ein großes Programm. Stabilität in der Rumpfmuskulatur durch Übungen mit dem eigenen Körpergewicht und mithilfe des Therabandes – das mache ich im Grunde jeden Tag. Das würde ich allerdings nicht als Training bezeichnen, sondern als tägliche 10- bis 15-minütige Morgenroutine, wie das Zähneputzen. 

Wie schaut derzeit so eine Trainingswoche aus? 

Jennifer Gartmann:
Ich trainiere dreimal pro Woche und wenn Wettkämpfe am Wochenende sind zweimal. Aufgrund meiner Vorgeschichte mit Bandscheibenproblematik und meines fortgeschrittenen Alters stehen in meinem Training Schnelligkeit und Frequenz im Fokus, die Langhantel zum Beispiel fasse ich nur selten an. Die Regeneration richtig einzuplanen ist der Schlüssel.

Ob in der Halle oder im Freien: Haben Sie als Mehrkämpferin eine Lieblingsdisziplin? 

Jennifer Gartmann:
Den Hürdensprint natürlich, der mir noch dazu echt viele Punkte bringt im Mehrkampf. Grundsätzlich versuche ich gerne schnell zu laufen und ich mag auch den Weitsprung sehr gern. Ich bin so eine „Sprint-Sprung-Tante“, gewöhne mich aber langsam auch an die Wurfdisziplinen. Wobei Speerwerfen mein Endgegner ist, da wird auch nichts mehr kommen. Im Kugelstoßen konnte ich mich ein bisschen verbessern, wir legen aber keinen besonderen Fokus darauf im Training. 

Welche Rolle spielt Ihr Umfeld? 

Jennifer Gartmann:
Mein Mann Thorsten, meine Familie und der Freundeskreis sind mir wichtig. Josef Franz ist mein Trainer und Vertrauensperson in einem. Und zu meinem Physiotherapeuten Stefan Gerharz kann ich jederzeit kommen, wenn etwas ist. Der hilft auch durch dunkle Zeiten und zeigt mir den Silberstreif am Horizont, wenn ich das brauche. 

Zu den Zielen: Warum könnte auch das Jahr 2024 für Sie ein außergewöhnliches werden? 

Jennifer Gartmann:
Schon der Start in die Hallen-Saison 2024 war für mich wirklich rasant. Mit einem Sprint über 60 Meter in 8,10 Sekunden im ersten Rennen bin ich noch nie eingestiegen. Ich denke nicht, dass ich meine Leistungsgrenze schon erreicht habe. Mal gucken, ob ich gesund durch das Jahr komme, ob ich meine Lockerheit behalte und ob es gelingt, zunächst einmal die Hallensaison bei der Hallen-EM in Toruń gut abzuschließen. Und erst danach wird geschaut, was wir im Sommer machen. Die WM in Göteborg ist bereits im Hinterkopf und anschließend geht's vielleicht noch einmal über die 100 Meter Hürden an den Start. 

Schritt für Schritt also … 

Jennifer Gartmann:
Ich liebe es, gemeinsam mit meinem Trainer Pläne zu schmieden, um bestimmte Ziele zu erreichen. Wenn man diese erreicht oder sogar toppt, ist das natürlich gigantisch. Wer mag das nicht, wenn der eigene Plan aufgeht? 

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