Bei Temperaturen weit über 30 Grad wurden am Samstag bei der Internationalen DLV-U18-Gala in Walldorf die Tickets für die U18-EM in Israel vergeben – und das mit teils hochklassigen Leistungen. Stabhochspringerin Lilly Samanski scheiterte beispielsweise erst an der deutschen U18-Bestleistung, Diskuswerferin Milina Wepiwe setzte ein ordentliches Ausrufezeichen und Benedikt Wallstein feierte einen Doppelsieg.
Knallige Sonne, 35 Grad und Wind. Die Bedingungen am Samstag bei der Internationalen DLV-U18-Gala in Walldorf waren alles andere als optimal, dennoch durften die Zuschauer im Waldstadion einige starke Leistungen bestaunen. Doch im Vordergrund stand vor allem die Ticket-Vergabe für die U18-EM in drei Wochen in Jerusalem (Israel; 4. bis 7. Juli). Die Erst- und Zweitplatzierten aus Walldorf werden bei Erfüllung der geforderten Norm vorrangig für das Jahreshighlight in dieser Altersklasse nominiert.
Diese Bedingungen – und das mit hochklassiger Leistung – erfüllte im Stabhochsprung Lilly Samanski (TSV Gräfelfing). Die 17-Jährige steigerte ihre Bestleistung deutlich um elf Zentimeter auf 4,21 Meter und hatte dabei sogar noch Luft zwischen sich und der Latte. Mit dieser Höhe rangiert die 17-Jährige nun auf Platz drei der Weltjahresbestenliste, in Europa sprang sie gar bis an die Spitze.
Im Anschluss an diese Höhe versuchte sie sich an 4,33 Metern – damit hätte sie die aus dem Jahr 2011 bestehende deutsche U18-Bestleistung von Desiree Singh um einen Zentimeter verbessert. „Das hebe ich mir für Jerusalem auf“, sagte Lilly Samanski mit einem Schmunzeln, nachdem die Latte dreimal riss. Tamineh Steinmeyer (WGL Schwäbisch Hall) mit 3,80 Metern und Lotte Torbohm (TSV Bayer 04 Leverkusen; 3,75 m) belegten dahinter die Plätze.
Chelsea Kadiri mit Sieg und zweitem Platz
Die schnellste Zeit über 100 Meter lief Chelsea Kadiri (SC Magdeburg). In 11,52 Sekunden ließ sie ihren Konkurrentinnen keine Chance. „Mein Ziel war es, 11,55 Sekunden zu laufen. Dementsprechend kann ich zufrieden nach Hause fahren“, sagte sie. Die EM-Norm von 11,90 Sekunden unterbot sie damit deutlich. „In Israel zählt für mich jetzt nur die Goldmedaille“, kündigte sie vielversprechend an. Annika Just (LAC Passau) und Hanna Räpple (Gothaer Leichtathletik-Centrum) liefen in 11,70 Sekunden und 11,87 Sekunden auf die Plätze zwei und drei.
Die Führende der europäischen Jahresbestenliste über 200 Meter Holly Okuku (GSV Eintracht Baunatal) zeigte auch in Walldorf ihr großes Potential. In 23,75 Sekunden holte sie sich Gold vor 100-Meter-Siegerin Chelsea Kadiri (24,26 sec) und der 100-Meter-Zweiten Annika Just (24,33 sec).
Durch die schwierigen Wetterbedingungen blieb Jana Becker (LG Wettenberg) über 800 Meter in 2:12,59 Minuten deutlich über ihrer Bestzeit von 2:04,95 Minuten, die sie vergangene Woche in Dortmund aufgestellt hatte. Für den Sieg sollte das dennoch reichen – vor Hanna Odenthal (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen; 2:13,55 min) und der Bambergerin Emma Lindner (2:13,87 min). „Ich liebe die Hitze, von daher war das heute für mich heute nicht sonderlich schlimm“, zeigte sich Jana Becker nicht unzufrieden mit den Rahmenbedingungen.
Johanna Martin erstmals unter 55 Sekunden
Erstmals in ihrer Laufbahn konnte Johanna Martin (LAV Rostock) die 55-Sekunden-Marke über 400 Meter knacken. In 54,88 Sekunden lief die 16-Jährige nicht nur zum Sieg in Walldorf, sondern auch bis auf Platz acht in der europäischen Jahresbestenliste nach vorne. „Ich habe mich gefühlt wie gegrillt“, sagte sie nach dem Zieleinlauf erschöpft. „Ich bin aber unheimlich glücklich über die Bestzeit. Die Teilnahme an der EM ist für mich eine große Ehre.“ Hinter der Rostockerin liefen Anna Lena Schüller (TSV Bayer 04 Leverkusen; 56,41 sec) und Jolanda Kallabis (FT 1844 Freiburg; 56,52 sec) ins Ziel.
Eine Überraschung gab es im Rennen über 2.000 Meter Hindernis. Adia Budde (TSV Altenholz) spurtete in 6:45,13 Minuten zum Sieg und verwies damit die Deutsche U18-Meisterin Jolanda Kallabis (FT 1844 Freiburg; 6:57,43 min) auf den zweiten Platz. Emma Herwig (SV 1899 Mühlhausen; 6:59,43 min) wurde Dritte. Aufgrund eines fehlenden Hindernisses ist der Lauf jedoch nicht bestenlistenfähig. Da sowohl Adia Budde als auch Jolanda Kallabis bereits zuvor die EM-Norm gelaufen waren, haben sie die Voraussetzungen für Jerusalem jedoch erfüllt.
Franziska Drexler (LG Telis Finanz Regensburg) holte sich den Sieg über 3.000 Meter. In 9:44,71 Minuten blieb sie als einzige Athletin unter der Norm. Da die Zweite Malin Rahm (LG farbtex Nordschwarzwald; 9:48,71 min) auch in den Wettkämpfen zuvor die geforderte Marke nicht unterbieten konnte, darf sich Vanessa Mikitenko (SSC Hanau-Rodenbach; 9:49,68 min) als Dritte berechtigte Chancen auf das EM-Ticket nach Israel ausrechnen.
Johanna Göring erfüllt Favoritenrolle
Im Hochsprung gab es den erwarteten Favoriten-Sieg. Johanna Göring (SV Salamander Kornwestheim), die im vergangenen Jahr bereits bei der U20-EM startete und dort Vierte wurde, wurde ihrer Favoritenrolle gerecht und setzte sich mit 1,79 Meter durch. „Ich bin sehr dankbar, dass ich das Jerusalem-Ticket habe, auch wenn ich gerne etwas höher gesprungen wäre. Aktuell überwiegt noch etwas der Ärger darüber, aber das wird sich im Laufe des Nachmittags bestimmt noch ändern“, sagte die 17-Jährige im Anschluss. In Israel möchte sie sich diesmal vor allem „auf sich selbst konzentrieren“. In Estland habe sie sich 2021 zu sehr von der Atmosphäre ablenken lassen.
Jolina Lange (LV 90 Erzgebirge; 16,95 m) gewann im Kugelstoßen vor Chantal Rimke (LC Jena; 16,04 m) und Emily Scherf (LG Neumünster; 14,77 m).
Milina Wepiwe mit Ausrufezeichen
Ein dickes Ausrufezeichen setzte Diskuswerferin Milina Wepiwe von der TSG Wehrheim. Mit einer Bestweite von 48,29 Metern angereist, katapultierte sich die Hessin mit 53,18 Metern auf Platz eins der europäischen Jahresbestenliste. „Damit bin ich natürlich sehr zufrieden. Ich wusste, dass es in mir steckt, auch wenn ich trotzdem etwas überrascht bin. Für die U18-EM peile ich den Titel an“, sagte die 16-Jährige selbstbewusst. Auch dahinter gab es hochklassige Leistungen zu sehen: Die Dritte der U16-DM im Kugelstoßen Curly Brown (Eintracht Frankfurt) wurde mit 49,67 Metern Zweite, dahinter reihte sich Frieda Echterhoff (TV Wattenscheid 01; 45,78 m) in die Ergebnisliste ein. Alle drei Athletinnen blieben damit über der EM-Norm.
Im Hammerwurf zeigte Johanna Marrwitz mit 65,72 Metern eine starke Leistung. In ihrem letzten Versuch gelang ihr die Siegweite, mit der sie nun in den Top Ten der europäischen Jahresbestenliste steht. Clara Hegemann (LG Stadtwerke München; 61,07 m) und Patricia Beck (SV 1870 Großolbersdorf; 60,02 m) rangierten sich dahinter ein.
Doppelsieg für Benedikt Wallstein
In der männlichen Jugend ragte vor allem Nachwuchs-Talent Benedikt Wallstein (Gothaer Leichtathletik-Centrum) mit einem Doppelsieg über 100 und 200 Meter heraus. Zunächst blieb der 17-Jährige am Mittag über 100 Meter lediglich drei Hundertstel über seiner Bestzeit und bewies damit einmal mehr seine eigene Klasse. In 10,49 Sekunden setzte er sich gegen Maximilian Achhammer (TSV 1880 Schwandorf; 10,65 sec) und Luban Haque (ART Düsseldorf; 10,78 sec) durch.
Knapp vier Stunden und einer Erholungspause im nahegelegenen Hotel später ließ er den 200-Meter-Triumph folgen. Mit seiner zweitschnellsten Zeit über diese Distanz (21,25 sec) holte er sich den Sieg erneut vor Luban Haque (21,54 sec) und Maximilian Achhammer (21,95 sec). „Dafür, dass ich heute mehr oder weniger aus dem Training herausgelaufen bin, bin ich absolut zufrieden“, gab der Doppelsieger zu Protokoll.
Über zwei Stadionrunden lief Tim Anstett von der LG Region Karlsruhe in 1:54,20 Minuten auf Platz eins. Dahinter belegten Tim Stöber (TV Wetzlar; 1:54,86 min) und der Deutsche U16-Meister Joel Etienne Schmitz (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen; 1:55,21 min) die Plätze.
Schrecksekunde über 110 Meter Hürden
Eine kurze Schrecksekunde gab es im Lauf über 110 Meter Hürden. Noah Müller (Cologne Athletics) stürzte etwa 30 Meter vor dem Ziel und prallte mit der Schulter gegen die darauffolgende Hürde. Nach kurzer Zeit kam jedoch die Entwarnung – abgesehen von einigen Schürfwunden ist der 17-Jährige wohlauf.
Sein Teamkollege Timon Dethloff kam dagegen ohne größere Probleme über die Hürden. In 13,92 Sekunden feierte er letztlich einen überlegenen Sieg. Noah Meier (Cologne Athletics; 14,36 sec) und Mehrkämpfer Friedrich Schulze (TV Gelnhausen; 14,80 sec), der in insgesamt drei Disziplinen in Walldorf an den Start ging und im Mehrkampf bereits die Norm für die U18-EM innehat, belegten die Plätze.
Gleich zu Beginn des Tages hatte sich Tristan Kaufhold (SSC Hanau-Rodenbach) über 3.000 Meter durchgesetzt. In 8:30,46 Minuten blieb er genauso unter der EM-Norm wie der Zweitplatzierte Elias Matthäus (SC Kirchweyhe und Westerweyhe; 8:31,43 min). Dritter wurde Viktor Plümacher (LG Olympia Dortmund; 8:46,79 min).
William Wolzenburg explodiert im letzten Versuch
William Wolzenburg (SV Georgsheil) zeigte im Rahmen seines Diskus-Wettkampfs lange Zeit mit Würfen um die 53-Meter-Marke gute Leistungen. Bis ihm beim letzten Versuch ein mehr als ordentlicher Ausreißer gelingen sollte: Mit 58,03 Metern legte er mehr als sechs Meter zwischen sich und den Zweitplatzierten Jerome Schwager (TV Rheinzabern; 51,59 sec). Luis André (MT Melsungen) wurde mit 51,20 Metern Dritter.
Georg Harpf (LG Stadtwerke München) hatte mit guten 19,17 Metern im Kugelstoßen die Nase vorn. Weitspringer Simon Plitzko (Hamburger SV) blieb mit seinen 7,43 Metern lediglich einen Zentimeter unter seiner Bestleistung. Jan Spieker (DJK Arminia Ibbenbüren) gewann im Speerwurf mit 72,50 Metern.
„Es war ein schöner Wettkampftag, mit dem wir uns gut auf die Atmosphäre in Israel einstellen konnten. Ich freue mich insgesamt sehr über die starken Leistungen und bin gespannt auf Jerusalem“, fasste DLV-Nachwuchsbundestrainerin Elke Bartschat die diesjährige Internationale DLV-U18-Gala zusammen.