Bereits vergangene Woche beim Crosslauf in Pforzheim hat sich Elena Burkard (LG farbtex Nordschwarzwald) mit einer starken Leistung aus der Verletzungspause zurückgemeldet. Am Sonntag empfahl sich die Hindernis-Spezialistin in Darmstadt mit dem Sieg für die Teilnahme an den Cross-Europameisterschaften in Lissabon. Im Interview spricht die 27-Jährige über das Rennen, die Verletzung, die sie im Sommer plagte, und ihre Ziele für die kommende Saison.
Elena Burkard, herzlichen Glückwunsch: Sie konnten sich beim Darmstadt Cross klar durchsetzen und sind jetzt erste Anwärterin auf eine Teilnahme bei den Cross-Europameisterschaften in Lissabon. Wie fühlen Sie sich nach dem Rennen?
Elena Burkard:
Ich bin sehr glücklich! Nach meinem Lauf in Pforzheim hatte ich schon vorgehabt, mich für die Cross-EM zu qualifizieren, aber im Crosslauf kann immer etwas passieren. Ich wusste auch nicht wirklich, wo ich stehe, weil in Pforzheim die Konkurrenz nicht so stark war. Daher war es schwierig, einzuschätzen, was meine Leistung wert ist. Miri [Anm. d. Red.: Miriam Dattke] ist auch super stark, und die Schöneborns [die Zwillinge Rabea und Deborah]. Außerdem wusste ich nicht, was Chiara Scherrer aus der Schweiz draufhat. Deshalb bin ich wirklich super happy mit meiner Leistung und meinem Sieg in Darmstadt. Meine Zeit weiß ich noch gar nicht, die ist auch beim Cross nicht so wichtig. Das Ergebnis zählt!
Mit welcher Taktik sind Sie in das Rennen gegangen?
Elena Burkard:
Ich habe versucht, mich am Anfang noch zurückzuhalten und nicht zu früh Tempo zu machen. Auf den letzten beiden Runden konnte ich noch mal Druck machen und mich absetzen. Die Strecke war relativ einfach zu laufen, ich mag es ja eigentlich, wenn es noch ein bisschen hügeliger und matschiger ist als heute. Es ist natürlich super, dass die Zuschauer überall an der Strecke stehen können. Es macht besonders Spaß, wenn man die ganze Zeit angefeuert wird. Mein Plan A, auf den beiden letzten Runden das Tempo anzuziehen, ist auf jeden Fall aufgegangen.
Ihre beiden Auftritte im Cross waren auch ein Comeback, nachdem Sie die Freiluftsaison verletzungsbedingt abbrechen mussten…
Elena Burkard:
Ich habe während der Saison Probleme mit der Plantarsehne und der Ferse bekommen. Am Anfang war das noch auszuhalten, aber dann kam dazu, dass ich mich körperlich total schlapp und ausgebrannt fühlte. Als die Fußprobleme nicht besser wurden, haben wir beschlossen, die Saison vorzeitig zu beenden. Wir wollten einen klaren Cut machen und lieber mit dem Formaufbau für kommendes Jahr beginnen, anstatt weiterhin vergeblich zu versuchen, fit zu werden.
Wie sehr hat es geschmerzt, dass Sie dadurch nicht die Chance hatten, sich für die WM in Doha zu qualifizieren?
Elena Burkard:
Es fiel mir schon sehr schwer. Ich bin sehr froh, dass mein Trainer, Jörg Müller, mir diesbezüglich die Entscheidung abgenommen hat. Er hat nicht gefragt, ob ich die Saison fortsetzen möchte oder nicht. Sondern gesagt: 'Es hat keinen Wert. Stopp jetzt hier.'
Seit wann sind Sie jetzt wieder im Training?
Elena Burkard:
Ich habe Mitte September wieder angefangen mit Dauerläufen und mache seit vier, fünf Wochen wieder Tempoläufe. Auch mit dem Hindernistraining habe ich kürzlich wieder begonnen, das läuft schon wieder ganz gut.
Wie stark hat Sie die Verletzung in der Vorbereitung auf die Cross-Saison behindert?
Elena Burkard:
Ich wäre natürlich schon gerne ein bisschen weiter, als ich jetzt bin. Andererseits bin ich froh, dass ich eine volle Cross-Saison laufen kann. Wenn ich eine komplette Bahnsaison hinter mir hätte, wäre eine Teilnahme an der Cross-EM möglicherweise gar keine Option gewesen…
Durch das starke Rennen in Darmstadt haben Sie sich für die Cross-EM empfohlen. Welches Ziel setzen Sie sich für Lissabon?
Elena Burkard:
Ich war bei den letzten beiden Ausgaben der Cross-EM einmal Fünfte und einmal Sechste. Ich denke, es sollte mein Anspruch sein, diesmal ein ähnliches Resultat zu erzielen. Es ist ein Meisterschaftsrennen. Ich sage immer: 'Bei Meisterschaften tritt man an, um zu gewinnen!' Natürlich wäre es ein bisschen zu hoch gegriffen, einen Sieg bei der Cross-EM anzupeilen, aber ich möchte auf jeden Fall aggressiv anlaufen und schauen, wie weit ich komme.
Nach der Cross-Saison ist vor der Hallensaison. Haben Sie Wettkämpfe in der Halle geplant?
Elena Burkard:
Ein paar Wettkämpfe aus dem Training heraus werde ich vielleicht bestreiten, aber keine volle Hallensaison machen. Ich möchte einfach schauen, wo ich bis dahin stehe, und eventuell ein paar Punkte für die Weltrangliste sammeln. Das kann auch wichtig für die Olympia-Quali sein, weil Hallen-Wettkämpfe in der Weltrangliste relativ hoch gehandelt werden.
Die Norm für Olympia über Ihre Spezialstrecke, die 3.000 Meter Hindernis, steht bei 9:30 Minuten, einer Zeit, die Sie vor Ihrer Verletzungspause bereits unterboten haben. Ist es ein realistisches Ziel für Sie, diese Leistung zu wiederholen?
Elena Burkard:
Wenn alles nach Plan läuft, traue ich mir die Normerfüllung auf jeden Fall zu. Ich möchte das auch wirklich schaffen. Wer zu Olympia will, sollte auch 9:30 Minuten laufen können. Eine Olympia-Teilnahme ist ein riesiger Traum für mich. Ich weiß, dass meine Trainer und Betreuer einen wirklich guten Plan haben und mich bestmöglich vorbereiten werden.
Werden Sie sich in der kommenden Saison auf die 3.000 Meter Hindernis konzentrieren oder auch Wettkämpfe über andere Strecken bestreiten? In der Vergangenheit waren Sie ja auch über die Mittel- und Langstrecken erfolgreich.
Elena Burkard:
In der Vorbereitung sind Starts über 1.500 und 5.000 Meter nicht ausgeschlossen, aber meine Strecke bleiben die 3.000 Meter Hindernis. Um erfolgreich über die Hindernisse zu sein, muss man aber eine Grundlage schaffen und auch über andere Strecken schnell bleiben. Grundsätzlich ist der Hindernislauf die Disziplin, in der ich mich für internationale Meisterschaften qualifizieren möchte.
Mit der EM in Paris steht im kommenden Jahr noch eine weitere internationale Meisterschaft bevor. In Berlin im vergangenen Jahr waren Sie bereits Sechste…
Elena Burkard:
Natürlich möchte ich auch bei der EM an den Start gehen. Für mich ist es vor allem schön, dass sicher viele meiner Freunde und Vereinskollegen mich dort anfeuern werden, aus dem Schwarzwald kann man ganz einfach mit dem TGV nach Paris fahren. Aber momentan ist das alles noch zu weit weg. Ich denke immer in kleinen Schritten und konzentriere mich nur auf das, was direkt vor mir liegt. Jetzt fahre ich erst mal zur Cross-EM nach Lissabon und dann sehen wir weiter.
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