| Interview der Woche

Kristin Gierisch: "Habe im Urlaub noch nie so viel Sport gemacht"

Mit ihrer Silbermedaille von den Europameisterschaften in Berlin hatte sich Dreispringerin Kristin Gierisch (LAC Erdgas Chemniz) ihren Platz im Sporthilfe Club der Besten in Spanien gesichert. Gemeinsam mit mehr als 80 deutschen Medaillengewinnern verbrachte die Leichtathletin an der Costa del Sol vergangene Woche den sportlichsten Urlaub ihres Lebens. Im Interview verrät die 28-Jährige, warum die Wettkampfzeit aber doch die schönste Zeit ist.
Pamela Lechner

Kristin Gierisch, Sie sind gerade aus dem Club der Besten der Deutschen Sporthilfe aus Spanien zurück gekommen und durften das Event aufgrund ihrer ersten internationalen Freiluft-Medaille bei der EM in Berlin zum ersten Mal miterleben. Wie war es, so viele verschiedene Sportler zu treffen?

Kristin Gierisch:

Es war richtig cool, Urlaub einmal anders. Es war eine tolle Erfahrung, die Wintersportler, die man sonst nur im Fernsehen sieht, live, echt und in Farbe zu treffen. Vorallem habe ich mich sehr gefreut die Bobfahrer Candy Bauer und Martin Grothkopp wieder zu sehen, die früher Leichtathleten waren und dann Olympiasieger geworden sind. Ich verfolge Biathlon und Skispringen sehr gerne, Eric Frenzel war ja auch im Club.

Bei der Abschlussgala am Samstag wurde Kristina Vogel (live zugeschaltet) aus dem Kreis der Athleten als "Beste 2018" gewählt und gekürt. Die Bahnrad-Olympiasiegerin ist seit einem Trainingsunfall querschnittsgelähmt. Wie haben Sie die Verleihung emotional erlebt?

Kristin Gierisch:

Ich glaube, niemand hat diesen Preis mehr verdient als Kristina. Allein aus dem Grund, dass wir alle unheimlich viel von ihr lernen können. Wie sie mit der ganzen Situation umgeht und trotz der Folgen ihres Unfalls noch so voller Lebensfreude und Energie ist und die Reha mit Enthusiasmus angeht, das ist sehr beeindruckend. Wenn ich mal in einem Loch bin, kann ich mir vorstellen, dass sie dann ein großes Vorbild sein kann, das einem zeigt, dass es weiter geht. 

Für die Athleten wurde vor Ort ein breites, sportliches Rahmenprogramm organisert. An was haben Sie teilgenommen?

Kristin Gierisch:

An den Spielen habe ich ehrlicherweise nicht teilgenommen. Ich habe mir das lieber von außen angeschaut und genossen. Die Spiele waren wirklich richtig witzig jeden Tag. Ich habe die Workshops im Beach-Volleyball und Kajakfahren mitgemacht. Bei den großen Wellen bin ich mit der Lenkung zwar nicht ganz klar gekommen, aber es hat trotzdem Spaß gemacht. Ich glaube, ich habe im Urlaub noch nie so viel Sport gemacht. Man hat sich aber auch erholt.

Geht Ihre Off-Season noch weiter?

Kristin Gierisch:

Am Mittwoch fange ich mein vierwöchiges Praktikum bei der Bundespolizei an und danach habe ich noch Zeit für mich. Ich mache nochmal einen Reha-Aufbau, um ein paar kleine Schwächen zu beseitigen, bevor es dann wieder ins Training geht. Wir haben in den letzten zwei Jahren gemerkt, dass es zum Ende der Saison immer ein paar Schwachstellen gibt, die der Körper angreift und an diesen wollen wir frühzeitig arbeiten, damit es im Aufbau gar nicht erst zu Problemen kommt. Da will ich dann auch kontinuierlich dranbleiben und das ins Training einschieben. Mein Rücken ist wieder auskuriert.

Planen Sie 2019 eine Hallensaison mit der Hallen-EM in Glasgow?

Kristin Gierisch:

Definitiv. Man hat ja gesehen, dass ich in der Halle meistens besser bin als draußen. Und ich bin bei den Hallen-Europameisterschaften Titelverteidigerin. Ich will natürlich mein Bestes geben und den Titel nicht kampflos hergeben.

Diesen Sommer hat es auch mit der ersten internationalen Freiluft-Medaille geklappt und Ihre Weiten waren konstant sehr stark. Wie fällt Ihr Saisonfazit aus?

Kristin Gierisch:

Ich bin auf jeden Fall sehr zufrieden, wenn man Revue passieren lässt, was die letzten fünf, sechs, sieben Monate passiert ist. Es ist Wahnsinn, was wir auf die Beine stellen konnten, weil es nicht immer so einfach war, wie wir uns das vorgestellt hatten. In Berlin wäre natürlich noch mehr möglich gewesen. Ich hatte wieder nicht das Gefühl, dass es der Sprung war, den ich komplett treffe. Aber das war auch den Wehwehchen am Ende der Saison geschuldet. Ich habe Silber gewonnen, deswegen ist das jetzt Jammern auf sehr hohem Niveau. 

Die weiteren Sprünge heben Sie sich dann für das nächste Jahr mit der WM in Doha auf?

Kristin Gierisch:

Man fängt natürlich nicht mit der Form an, mit der man aufgehört hat. Man beginnt wieder bei null und es muss erst wieder alles funktionieren. Nichtsdestotrotz wollen wir noch an ein paar kleinen Stellschrauben drehen. Mein Trainer hat sich schon viele Gedanken gemacht, was wir noch verändern können. Das wollen wir ausprobieren. Wenn man bei den Weltmeisterschaften etwas erreichen möchte, eine ähnliche Platzierung wie im letzten Jahr, dann muss man schon weiter springen als 14,35 Meter, das wird nicht mal mehr für die Top Acht reichen. Deshalb nehmen wir uns schon vor konstant 14,40 Meter, 14,50 Meter zu springen. Dass es dann einen Ausrutscher nach oben gibt, ist nicht ausgeschlossen.

Nochmal zurück zum Urlaub. Ist die Off-Season für Sie als Sportlerin die schönste Zeit im Jahr?

Kristin Gierisch:

Auf gar keinen Fall (lacht). Die Wettkampf-Zeit ist schon die Schönste. Die schlimmste Zeit kommt jetzt, das Aufbautraining, das kann ich so gar nicht leiden, aber da muss man durch. Wenn es an die Tempoläufe geht, tut das richtig weh und ich bin noch nie so die Tempolauf-Königin gewesen. Dieser Schmerz wird auch jedes Jahr heftiger. Die Wettkampfsaison ist die schönste Zeit, mit den vielen Reisen. Ich reise unheimlich gerne und entdecke gerne neue Städte und Plätze. Man kann das gut mit den Wettkämpfen verbinden, da am Tag nach dem Wettkampf Training sowieso nicht möglich ist. Das ist eine gute Kombination.

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