Die Favoriten kommen einmal mehr aus Kenia, doch die deutschen Läufer können beim Berliner Halbmarathon am Sonntag durchaus eine gute Rolle spielen. Ganz vorn geht es wieder um Zeitbereiche von unter einer Stunde bei den Männern sowie unter 70 Minuten bei den Frauen. Dahinter wird die deutsche Spitze auch in der Breite gut besetzt sein, sodass das Rennen um die Position der schnellsten Deutschen beim Berliner Halbmarathon Spannung verspricht. Für das mit Abstand schnellste und größte nationale Rennen über die 21,0975-Kilometer-Distanz wurden genau 34.004 Meldungen angenommen.
Fünfmal in Folge lief der Sieger des Berliner Halbmarathons zuletzt jeweils unter 60 Minuten. Am Sonntag sind drei Athleten im Rennen, die Bestzeiten von unter einer Stunden aufweisen können. Die drei Kenianer Gilbert Masai, David Kogei und Daniel Chebii gehen als klare Favoriten an den Start. David Kogei hätte den Berliner Halbmarathon vor zwei Jahren um ein Haar gewonnen. Im engsten Finish der Veranstaltungsgeschichte musste sich der Kenianer ganz knapp dem Äthiopier Birhanu Legese geschlagen geben. Kogei erzielte damals in Berlin seine nach wie vor aktuelle Bestzeit von 59:46 Minuten.
Eine noch etwas schnellere Bestzeit weist Gilbert Masai auf. Der schon 35-Jährige steigerte sich im vergangenen Jahr als Vierter des Kopenhagen-Halbmarathons auf 59:31 Minuten. Schon zwei gute Rennen ist Daniel Chebii beim Berliner Halbmarathon gelaufen: 2011 war der Kenianer Dritter in 60:56 Minuten, drei Jahre später Fünfter mit 60:40 Minuten. 2012 hatte er den Halbmarathon im tschechischen Budweis mit 59:49 Minuten gewonnen. Immer wieder dominierten die Kenianer zuletzt den Berliner Halbmarathon. Nur zweimal ist es in den vergangenen 15 Jahren einem Äthiopier gelungen, die Siegesserie der Kenianer zu unterbrechen.
Was haben Philipp Pflieger und Homiyu Tesfaye drauf?
Der Aufwärtstrend der deutschen Männer war schon im vergangenen Jahr von der Ergebnisliste des Berliner Halbmarathon abzulesen. Erstmals seit 1999 – damals wurde in einem allerdings schwächeren Feld der Berliner Jens Karraß Sechster – kamen deutsche Athleten wieder unter die Top Ten. Und zwar gleich drei: Arne Gabius wurde Vierter, Manuel Stöckert Achter und Hendrik Pfeiffer belegte Rang zehn. Aus unterschiedlichen Gründen ist dieses Trio am Sonntag nicht am Start. Doch es sind andere, die dieses Mal überzeugen könnten.
Allen voran gilt dies für Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg). Wenn er seine Bestzeit von 63:51 Minuten unterbieten kann, scheint eine Platzierung zwischen Platz sechs und acht möglich. Völlig offen ist, zu welcher Leistung Homiyu Tesfaye (Eintracht Frankfurt) fähig ist. Einmal lief er bisher einen Halbmarathon: Vor fünf Jahren wurde er bei den Deutschen Meisterschaften in Griesheim Sechster in 67:17 Minuten. Der aus Äthiopien stammende Läufer galt bis 2015 als die große deutsche Hoffnung für den Mittel- und Langstreckenbereich. Doch seit Knieproblemen im Sommer 2015 zeigte seine Leistungskurve eher nach unten. Schafft er am Sonntag in Berlin die Wende?
Neu-Niederländerin will Vorjahressieg wiederholen
Im Rennen der Frauen treffen die Siegerinnen der vergangenen beiden Jahre aufeinander. Als Titelverteidigerin geht die aus Kenia stammende und seit Anfang 2016 für die Niederlande startende Elizeba Cherono an den Start. Cherono gewann vor einem Jahr in 70:43 Minuten, ihre Bestzeit steht bei 70:10 Minuten. Sie trifft auf ihre frühere Landsfrau Cynthia Kosgei, die das Rennen 2015 mit ihrem nach wie vor gültigen persönlichen Rekord von 70:52 Minuten gewonnen hatte. Vor zwei Jahren waren ebenfalls schon beide Läuferinnen beim Berliner Halbmarathon am Start. Damals musste sich Cherono als Zweite um nur vier Sekunden geschlagen geben.
Es könnte also erneut zu einem spannenden Kampf um den Sieg kommen. Allerdings dürfte sich hier noch eine andere Läuferin einmischen: Edith Chelimo ist wohl sogar als favorisiert einzustufen. Denn sie zeigte im vergangenen Jahr eine Reihe von guten Leistungen und gewann drei ihrer vier Halbmarathon-Rennen. Im November steigerte sie sich dabei als Siegerin des Rennens in Njabini (Kenia) auf 69:45 Minuten. Vielleicht kann auch Sara Hall ganz vorne eine Rolle spielen. Die US-Läuferin würde gerne ihre Bestzeit von 70:07 Minuten um mindestens acht Sekunden unterbieten, allerdings lief sie erst vor gut einem Monat den Tokio-Marathon (Sechste in 2:28:26 h).
"Mocki" und Katharina Heinig dabei, Anja Scherl muss passen
Die schnellste Läuferin auf der Startliste ist eine Deutsche: Sabrina Mockenhaupt (LT Haspa Marathon Hamburg) ist auch die letzte deutsche Athletin, die den Berliner Halbmarathon gewinnen konnte. 2009 siegte sie mit ihrer nach wie vor aktuellen Bestzeit von 68:45 Minuten. Nach mehreren Verletzungspausen in den vergangenen Jahren dient ihr das Rennen am Sonntag in erster Linie als Standortbestimmung. Die 36-Jährige wird sich voraussichtlich eher an der starken deutschen Konkurrenz orientieren als an den Favoritinnen des Laufes.
Am Start am Sonntag ist auch Maraton-Aufsteigerin Katharina Heinig. Der Frankfurterin gelang beim BMW Berlin-Marathon 2016 der Durchbruch. Sie verbesserte sich um gut fünf Minuten auf 2:28:34 Stunden und wurde Fünfte. Ihre Halbmarathon-Bestzeit steht bei 72:55 Minuten.
Passen muss hingegen Anja Scherl. Die Regensburgerin hatte sich 2016 mit einer Marathon-Zeit von 2:27:50 Stunden für die Olympischen Spiele in Rio qualifiziert, wo sie als beste deutsche Läuferin Rang 44 erreichte. Die IT-Spezialistin laboriert an den Nachwirkungen eines Infekts. "Nach einer hartnäckig Erkältung habe ich noch mit Trainingsrückstand zu kämpfen. Wir haben uns daher leider sehr schweren Herzens gegen einen Start beim Berliner Halbmarathon und für einen weiteren Trainingsblock entschieden", schrieb sie vergangene Woche auf Facebook. Eine persönliche Bestzeit peilt Mona Stockhecke (LT Haspa Marathon Hamburg) an. Sie belegte vor einem Jahr beim Berliner Halbmarathon mit ihrem Hausrekord von 74:20 Minuten Rang neun.