Bei der Hallen-EM am Wochenende in Istanbul feiert Tim Eikermann sein Debüt in der A-Nationalmannschaft. Dank einer deutlichen Steigerung auf 7,63 Sekunden buchte der Hürdensprinter vom TSV Bayer 04 Leverkusen das EM-Ticket. Den oft schwierigen Umstieg von den Jugend- auf die Männerhürden hat der 23-Jährige endgültig geschafft. Sein Ziel für Istanbul: am Sonntag noch dabei sein.
Diese unbändige Freude musste einfach raus: Nachdem Tim Eikermann bei den Deutschen Hallenmeisterschaften am 18. Februar in Dortmund im Finale über 60 Meter Hürden als Erster die Ziellinie überquert hatte, hallte ein gewaltiger Schrei durch die Helmut-Körnig-Halle. Der 23 Jahre alte Leverkusener hatte auch allen Grund dazu. Denn seinen ersten Meistertitel bei den Männern veredelte er mit der neuen Bestzeit von 7,63 Sekunden und der Fahrkarte für die Hallen-EM an diesem Wochenende in Istanbul. Es wird sein erster Start in der A-Nationalmannschaft.
„Ich hatte mit dieser Zeit überhaupt nicht gerechnet. Generell bin ich ein eher extrovertierter Typ. Man merkt beim Training schon, wenn ich in der Halle bin“, erzählt Tim Eikermann rückblickend und lacht dabei. Beim DM-Vorlauf in 7,72 Sekunden (ebenfalls Bestzeit) und im Finale hätte er endlich die Rennen „komplett zusammenbekommen“. Sprich: nach einem guten Start den nötigen Speed aufgenommen, die fünf Hürden mit sauberer Technik überlaufen und das ohne viel Tempo zu verlieren.
Tim Eikermann führt junge Hürdensprint-Generation an
Mit 23 Jahren war er in Dortmund übrigens der älteste Medaillengewinner über 60 Meter Hürden. Manuel Mordi (Hamburger SV, Zweiter in 7,70 sec) mit 19 Jahren und Gregory Minoue (TV Angermund, Dritter in 7,80 sec) mit 21 Jahren sind noch ein Stück jünger. Das Trio steht für einen Generationenwechsel im deutschen Hürdensprint. „Ich bin froh, dass wir diesen Schritt gemacht haben“, sagt der Leverkusener. „Die jungen Hürdensprinter haben Spaß gemacht“, bilanzierte Chef-Bundestrainerin Annet Stein in Dortmund.
Tim Eikermann hat in diesem Winter eine eindrucksvolle Entwicklung hingelegt. Mit 7,89 Sekunden – gelaufen bereits 2020 – war er in die Hallensaison gestartet. Über 7,80 Sekunden steigerte er seine Bestleistung in Dortmund dann gleich um 17 Hundertstel. Eine kleine Welt im Hürdensprint, wo es manchmal auf Tausendstel ankommt. In der Meldeliste für Istanbul liegt der Student mit seinen 7,63 Sekunden auf Platz zwölf. Dementsprechend definiert Tim Eikermann auch seine Ziele für die Hallen-EM in der Ataköy Athletics Arena: „Ich würde am Sonntag gern noch dabei sein.“
Ziel für die Hallen-EM: Halbfinale
Denn am finalen Tag der Hallen-EM stehen Halbfinale und als letzte Entscheidung der Meisterschaft das Finale (19:05 Uhr, MEZ) auf dem Programm. „Im Vorlauf traue ich mir schon eine Zeit im Bereich von 7,70 Sekunden zu. Gut ist für mich, dass ich gegen viele Top-Athleten schon bei den Hallenmeetings gelaufen bin. Diese Erfahrung war wichtig“, so der Leverkusener. Die erste Runde über 60 Meter Hürden steht am Samstagvormittag (9:20 Uhr, MEZ) an. Istanbul ist von der Ortszeit zwei Stunden der mitteleuropäischen Zeitzone voraus. „Deshalb haben wir zuletzt auch früher trainiert, um uns anzupassen“, so Tim Eikermann.
Der 23-Jährige ist ein gutes Beispiel dafür, dass bei der Entwicklung im Hürdensprint Zeit gefragt ist. Schließlich ändern sich innerhalb von drei Jahren von der U18-Klasse bis zu den Männern die Abstände zwischen den Hürden und die Hürdenhöhe zweimal. Und damit das komplette Technikbild. „In der Jugend – und speziell in der U18 – kann man viel über die reine Schnelligkeit regeln. Das geht bei der Männerhürde nicht mehr. Von Laufstil her liegen mir die hohen Hürden sogar besser als die Jugendhürden“, so Tim Eikermann. Mittlerweile ist er über die Männerhürden deutlich schneller als seine Vergleichszeiten über die Jugendhürden. Ein Beleg dafür, dass er den oft nicht einfachen Umstieg geschafft hat.
In schneller Trainingsgruppe von Frank Bartschat
Der Deutsche Hallenmeister trainiert seit 2018 in Leverkusen. Zunächst bei Markus Irrgang und seit dem Herbst in der Gruppe von Frank Bartschat. Zu seinen Trainingspartnern zählen unter anderem die Deutsche Meisterin Marlene Meier und Franziska Schuster, Deutsche U23-Meisterin von 2021, und Sprinter Lennart Hartenberg. „In Leverkusen bin ich zum Hürdenläufer geworden. Hier hat man mir die Grundlagen beigebracht und wir arbeiten zum Teil immer noch dran“, so Tim Eikermann.
Zur Leichtathletik kam der gebürtige Duisburger in Kindertagen bei Eintracht Duisburg. Dort trainierte er bei Frederike Koleiski vielseitig. Neben dem Hürdensprint standen auch Weitsprung- und Kugelstoß-Wettkämpfe auf dem Programm. „Irgendwann hat sich aber gezeigt, dass der Hürdensprint meine stärkste Disziplin ist, darauf haben wir uns dann spezialisiert“, blickt Tim Eikermann zurück, der in Duisburg sogar den U18-Vereinsrekord vom immer noch amtierenden deutschen Zehnkampf-Rekordler Jürgen Hingsen verbesserte.
Top-Form auch über 110 Meter Hürden zeigen
Die Entscheidung für den Hürdensprint – so zeigte sich Mitte Februar in Dortmund – war Gold wert. Seine starke Form in diesem Winter möchte der Leverkusener natürlich zunächst in Istanbul zeigen und im Sommer bestätigen. Seine Bestzeit über 110 Meter Hürden steht (noch) bei 13,66 Sekunden. In der Freiluftsaison soll eine Zeit von 13,50 Sekunden oder darunter herausspringen. Gelingt das, möchte Tim Eikermann einen WM-Start in Budapest über die Weltrangliste anpeilen. „Die direkte Norm von 13,28 Sekunden ist noch zu weit weg“, weiß der Leverkusener.
Eins ist aber sicher: Setzt sich seine Entwicklung weiter fort wie in den vergangenen Wochen, wird man in Zukunft noch so manchen Jubelschrei von Tim Eikermann nach dem Zieleinlauf hören. Vielleicht ja schon am Wochenende in der Ataköy Athletics Arena von Istanbul?
Im Video:
Bestleistung und Hallen-EM-Norm für Tim Eikermann
Tim Eikermann: „Die Zeit ist die Kirsche auf der Sahnetorte“