Stabhochsprung-Weltrekordlerin Yelena Isinbayeva hat am Freitag ihren Rücktritt vom Leistungssport erklärt und ihren Ärger über das Start-Verbot der russischen Athleten bei Olympia nochmals zum Ausdruck gebracht – zum Unverständnis der Stabhochsprung-Finalistinnen.
Nach der Geburt ihrer Tochter vor zwei Jahren hatte Yelena Isinbayeva ohnehin angekündigt, in Rio abzutreten – allerdings mit der nächsten Goldmedaille um den Hals. Und nicht als Verbannte wegen des massiven Dopingskandals in ihrer Heimat. Weil es jedoch genauso kam, nutzte die Russin die Verkündung ihres erwartbaren Rücktritts für eine Warnung an Sebastian Coe.
"Wenn der Präsident und die IAAF-Mitglieder glauben, dass es eine faire Entscheidung war, dann werde ich ihnen verzeihen. Aber Gott wird ihr Richter sein! Gott wird es richtigstellen!", sagte die 34-Jährige bei einer Pressekonferenz am Freitag in Rio de Janeiro.
Am Tag zuvor war die zweimalige Olympiasiegerin in die Athletenkommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gewählt worden, auch deshalb könne sie das unspektakuläre Ende ihrer Laufbahn einigermaßen verkraften, sagte Isinbayeva: "Ich dachte, ich wäre traurig, aber die Wahl hat mich inspiriert. Ich sage nicht dem Sport auf Wiedersehen, nur meinem Sport."
Verärgerung bei Stabhochsprung-Finalistinnen
Der Frust, beim Stabhochsprung-Finale nur Zuschauerin zu sein, ist bei der dreimaligen Weltmeisterin aber immer noch riesig. "Natürlich werde ich der Gewinnerin gratulieren", meinte Isinbayeva: "Aber sie wird selbst wissen, dass es keine ganze Goldmedaille ist, weil sie dafür Yelena Isinbayeva hätte schlagen müssen." Sie hätte den Medaillenkampf locker gewonnen, an eine Höhe von 5,10 Meter in Absprache mit ihrem Coach gedacht. In London hatte die Olympiasiegerin von 2004 und 2008 allerdings selbst nur Olympia-Bronze erkämpft.
Diese Äußerung konnten die Rio-Finalistinnen nicht nachvollziehen. Europameisterin Ekaterini Stefanidi ließ sich dadurch aber nicht beeindrucken. Die Griechin siegte mit 4,85 Metern vor der höhengleichen Sandi Morris aus den USA und meldete sich dann zu Wort. "Ich fühle nicht, dass das Gold nicht komplett ist", betonte sie. "Es ist ein wenig bestürzend, was sie gesagt hat, weil wir nichts mit der Entscheidung zu tun haben", erklärte die neue Olympiasiegerin.
"Ich finde, als Sportlerin mit solchen Weltrekorden und vielen Titeln so etwas zu sagen, das sollte sie nicht tun", kritisierte Lisa Ryzih am Freitag (Ortszeit) in Rio. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Usain Bolt so etwas über seine Rivalen sagen würde." Die im russischen Omsk geborene DLV-Athletin kann nicht verstehen, warum Russland es leugnet und nicht wahrhaben will, dass in dem Land systematisch gedopt wurde. "Dass die Russen nicht zu Olympia zugelassen wurden, beruht auf Fakten. Und ich weiß nicht, warum die Leute das nicht einsehen und ihre Augen öffnen."
"Habe meine Siege alle sauber erreicht"
Aus Sicht von Yelena Isinbayeva enthalte der McLaren-Report, der systematisches Doping in Russland aufgedeckt hatte, "keine Fakten, keine Beweise" und sei "weit davon entfernt, komplett zu sein". Sie betonte: "Ich habe alle meine Siege sauber erreicht, es gibt keinen einzigen positiven Test von mir."
Die erfolgreichste Stabhochspringerin der Geschichte, die 30 Weltrekorde aufgestellt hat, geht durch ihre IOC-Mitgliedschaft gestärkt in den Kampf gegen die "Ungerechtigkeit", die der russische Sport ihrer Meinung nach derzeit erfährt. Kein IAAF-Mitglied habe ihr zur Wahl gratuliert, berichtete die Russin. Dafür aber wohl Staatspräsident Wladimir Putin. Oder doch nicht? "Das soll ein Geheimnis bleiben", sagte Isinbayeva und kicherte dabei.
Yelena Isinbayeva, die künftig auch Präsidentin des russischen Leichtathletik-Verbandes werden könnte, weiß, wem sie beim Klettern der Karriere-Leiter schmeicheln muss. "Ich möchte Thomas Bach danken, dass er in dieser Sache objektiv war", sagte sie über den deutschen IOC-Präsidenten: "Er hat bewiesen, dass er ein starker Mann ist, indem er das russische Team starten ließ."
Quelle: Sport-Informationsdienst (SID) und Deutsche Presse-Agentur (dpa)
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