Stephan Plätzer war ein guter deutscher Mittelstreckler (Bestzeiten 800/1.500 m: 1:46,53/ 3:40,26 min). Er war mehrfacher Deutscher Meister mit den Staffeln des TV Wattenscheid 01 und machte vor allem als Tempomacher bei deutschen Rekorden, Europarekorden und Weltrekorden von sich reden. Später trainierte er die norwegische Geherin Kjersti Plätzer (geb. Tysse), die 2000 in Sydney und 2008 in Peking olympisches Silber über 20 Kilometer gewann. Nach vielen Jahren kam Geher-Experte Peter Grau durch Zufall wieder in Kontakt mit dem Ehepaar.
Oft habe ich Kjersti und Stephan Plätzer früher gesehen. Beispielsweise bei den vielen Geher-Wettkämpfen in Eisenhüttenstadt. 2000 etwa belegte Kjersti Plätzer dort beim Europacup Platz drei. Gesprochen habe ich damals mit ihr nicht. Da hatte ich zu viel mit den deutschen Athleten zu tun. Vor allem mit Andreas Erm, der 13 Sekunden hinter dem viermaligen Olympiasieger Robert Korzeniowski Zweiter wurde und mit 1:18:42 Stunden den immer noch bestehenden deutschen Rekord ging.
15 Jahre später – die Traditionsveranstaltung in Eisenhüttenstadt gibt es längst nicht mehr – kommt es plötzlich wieder zum Kontakt mit den Plätzers. Und wie sollte es in diesen Zeiten anders sein: über Facebook. Stephan Plätzer hatte meinen Namen dort zufällig gesehen und erinnerte sich daran, dass ich früher viel über die Geherinnen und Geher geschrieben habe. „ Ja, Facebook bringt die Menschen zusammen“, schrieb er mir später. „Auf diesem Weg habe ich viel Kontakt zu vielen Leuten, die Kjersti und mir zu unserer aktiven Zeit begegnet sind.“
Seit mehr als 20 Jahren verheiratet
Ein wenig Zufall also, und noch etwas mehr Zufall kam hinzu: Gerade an diesem Tag hatte ich mir erstmals einen silbernen Ring aufgesteckt, den mein Onkel einst in Norwegen erstanden hatte. Zudem war ich vor wenigen Monaten erstmals in Norwegen gewesen. „Es gibt immer wieder Zufälle“, bestätigt auch Stephan Plätzer. „Auch wir erleben immer wieder Überraschungen. 1989 hatte ich bei der Universiade in Duisburg den Norweger Ove Talsnes in meinem 1.500-Meter-Vorlauf. Er ist jetzt Arzt der norwegischen Leichtathleten, und wir reisen nun gemeinsam zu den internationalen Meisterschaften. Ove in seiner Funktion als Nationalmannschaftsarzt und ich als Trainer der beiden Geher Erik Tysse und Håvard Haukenes.“
Kennengelernt haben sich die Plätzers natürlich über den Sport. 1995 wurde geheiratet, 1998 siedelte Stephan Plätzer nach Norwegen um. Seitdem lebt er mit seiner Frau und den beiden Kindern, Tochter Kiara Lea und Sohn Sebastian, in Syfteland, einem kleinen Ort südlich von Bergen, der zweitgrößten, wunderschönen Stadt Norwegens.
Ausdauer-Experte und Lehrer
Stephan arbeitete bis Ende 2012 für das Norwegische Olympische Komitee als Ausdauerspezialist. „Meine Aufgabe war es, die deutschsprachige Literatur für das Ausdauertraining und das Höhentraining zu verfolgen und an Höhentrainingsseminaren im In-und Ausland teilzunehmen“, erzählt er. „Und ich habe auch im Kreise der norwegischen Skilangläufer Vorträge gehalten und bin mit Kjersti im Trainingslager der norwegischen Biathleten gewesen.“ So entstanden Freundschaften mit Spitzen-Biathleten wie dem Ehepaar Liv Grete Poiree (Norwegen) und Raphael Poiree (Frankreich).
Inzwischen arbeitet Stephan Plätzer in der Nähe seines Wohnortes als Lehrer, unterrichtet die Schüler der 8. bis 10. Klassen in den Fächern Deutsch, Englisch, Sport und im „Wahlfach“ Aktivität und Gesundheit. Dort hat er einen sportfreudigen Arbeitgeber, der die Betreuung der norwegischen Geher und der Portugiesin Susana Feitor voll unterstützt und ihn zu wichtigen Anlässen wie Meisterschaften und Trainingslagern freistellt.
Co-Kommentator bei der EM 2014
So war es ihm 2014 auch möglich, bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Zürich für das Schweizer Fernsehen die Wettbewerbe der Geher als Co-Kommentator zu begleiten. Das Fernsehen war für ihn kein Neuland. Schließlich hatte er nach dem Sportpublizistik-Studium in Köln auch für den TV-Sender SAT.1 gearbeitet.
Kjersti Plätzer beendete ihre Karriere Ende September 2009 mit einem 5.000-Meter-Rennen im heimischen Bergen. Wenige Wochen zuvor war sie bei der WM in Berlin als Medaillenkandidatin disqualifiziert worden. Im Vorfeld hatte die zweimalige Olympia-Zweite vier IAAF-Challenges über 10 und 20 Kilometer gewonnen und hatte einmal Platz zwei belegt.
Noch viele Kontakte nach Deutschland
Nach der Leistungssportkarriere startete sie ein Teilzeitstudium für Religion und Sport, das in der nahen Gemeinde Os angeboten wird. Ein Studium in Mathematik und Norwegisch hat sie bereits abgeschlossen. Im nächsten Jahr wird sie das Studium abschließen und dann Schüler der 1. bis 7. Klasse unterrichten. Langeweile kommt im Hause Plätzer damit garantiert nicht auf.
Obwohl Stephan Plätzer schon 18 Jahre in Norwegen lebt, ist der Kontakt nach Deutschland für ihn nach wie vor sehr wichtig. „Ich bin häufig mit meinen Athleten in Wattenscheid, wo sie hervorragende Trainingsbedingungen vorfinden und Freundschaften pflegen können“, erzählt er. Und darüber hinaus hält er den Kontakt zu Freunden über das Internet. So ist das ferne Norwegen dann doch nicht so fern.