David Storl war am vergangenen Wochenende bei der Hallen-DM in seiner Heimatstadt Leipzig nur Zuschauer. Der zweimalige Kugelstoß-Weltmeister kuriert eine Knieverletzung aus und bereitet sich langfristig auf den Sommer vor. Wieder zur Kugel will der 25-Jährige bei den Halleschen Werfertagen am 21. Mai greifen. Es soll einer von nur wenigen vorolympischen Starts werden. Denn bis zur 22-Meter-Form ist es für ihn noch ein weiter Weg.
Jeans, Sneaker, Kapuzenshirt statt Trikot und Spezialschuhe fürs Kugelstoßen: David Storl war bei den Deutschen Hallenmeisterschaften vergangenes Wochenende in seiner Heimatstadt Leipzig in ungewohnter Rolle unterwegs: als Zuschauer auf der Tribüne anstatt als Protagonist im Innenraum.
Der zweimalige Kugelstoß-Weltmeister vom SC DHfK Leipzig war jedoch gut vorbereitet auf die neue Situation. Schließlich war schon lange klar, dass der 120-Kilo-Mann in diesem Winter keine Hallensaison absolviert und seinem schmerzenden linken Knie eine längere Pause gönnt. „Es war eine andere Atmosphäre als sonst. Ich war viel gelassener und konnte mir auch andere Disziplinen anschauen“, sagt der 25-Jährige.
Feinschliff im April in Südtirol
David Storl weiß, dass sein Körper noch einige Zeit braucht, um wieder Weltklasse-Leistungen im Kugelstoß-Ring abrufen zu können. Momentan lässt Trainer Sven Lang seinen Schützling Standstöße – auch mit schwereren Geräten – absolvieren. „Mit dem Angleiten wollen wir im Trainingslager in Südafrika beginnen“, gibt der Leipziger den Fahrplan vor. Ende März geht es für zweieinhalb Wochen ins Trainings-Mekka, Ende April folgt das Feintuning im Trainingslager in Südtirol.
Bewährtes Terrain für David Storl. Hingegen wird sich die Wettkampfplanung des Leipzigers in diesem Jahr deutlich von Vorjahren unterscheiden. So absolvierte er zuletzt vor dem Saisonhöhepunkt 15 Starts oder mehr. „Dieses Jahr sollen es vor den Olympischen Spielen nur sieben oder acht werden“, sagt der Olympia-Zweite von London. Der erste ist für den 21. Mai bei den Halleschen Werfertagen geplant. „Dort heißt es: Olympia-Norm abhaken, damit ich mich dann in aller Ruhe weiter auf Rio vorbereiten kann. Die Olympischen Spiele sind mein Ziel. Denen wird alles untergeordnet.“
Im linken Bein fehlen 40 Prozent Kraft
David Storl muss mit seinen Kräften und seinem Körper haushalten. Schließlich zwang ihn die chronische Reizung der linken Patellasehne im vergangenen Jahr dazu, sechs Monate unter zum Teil starken Schmerzen zu trainieren und zu starten. Dass will er 2016 nicht noch einmal erleben. Eine zweite Operation nach der erfolglosen 2014 möchte er auch nicht riskieren. Momentan arbeitet der Europameister von 2012 und 2014 viel an speziellen Kraftgeräten, um das linke Bein wieder aufzubauen. „Momentan fehlen mir links 40 Prozent an Kraft im Vergleich zum rechten“, nennt er den Ist-Stand. Diesen Rückstand gilt es in den kommenden Monaten aufzuholen.
Denn David Storl will dieses Jahr wieder mit der Umsprung-Technik stoßen, nicht aus dem Stütz. Das war 2015 durch die Schmerzen nicht möglich. „Diese Technik liegt mir einfach besser, weil ich übers Tempo komme, nicht so sehr über die Kraft“, erklärt der jüngste Kugelstoß-Weltmeister aller Zeiten. Ist er im Sommer topfit und springt im Ring um, muss sich die Konkurrenz aus Übersee auf einiges gefasst machen. Schließlich stieß David Storl am 9. Juli 2015 in Lausanne seine Bestleistung von 22,20 Metern mit der Stütztechnik.
„Sehr gute Tage, aber auch beschissene Tage“
Doch ob Stütz oder Umsprung: Momentan ist David Storl noch ein gutes Stück von der absoluten Top-Form entfernt. Auch ganz schmerzfrei ist er noch nicht. „Es ist ein Auf und Ab. Es gibt sehr gute Tage, aber es gibt auch beschissene Tage. Schließlich ist durch die chronische Entzündung Gewebe im Knie abgestorben“, gibt er offen zu. Damit die Anzahl guter Tage in den kommenden Wochen und Monaten weiter wächst, fährt der 25-Jährige regelmäßig zur Behandlung nach München bei Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt.
Der Arzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und ehemalige Zehnkämpfer betreut Dutzende Weltstars des Sports, darunter auch Sprint-Weltrekordler Usain Bolt. Im Herbst war David Storl eine Woche bei Dr. Müller-Wohlfahrt in Behandlung. Osteopath und Chiropraktor berieten den Leipziger, das Knie wurde mit Röntgenstrahlung behandelt und einer Spritzenkur unterzogen.
Am 18. August wird abgerechnet
In den kommenden Wochen wird David Storl das Training intensivieren, um sich im August den Traum vom Olympiasieg zu erfüllen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ihm das linke Knie dann wieder Probleme bereiten wird. Angst davor hat er aber nicht: „Ich habe Respekt. Wir werden im Training viel reagieren.“
Das haben David Storl und Sven Lang schon oft getan – und das mit großem Erfolg. Trotz mancher Probleme in den vergangenen Jahren war David Storl bei den Saisonhöhepunkten immer in Top-Form. Das soll auch am 18. August um 16:30 deutscher Zeit so sein. Dann kämpfen die Kugel-Kolosse in Rio um olympisches Edelmetall – und David Storl wird Sneaker und Jeans gegen Trikot und Spezialschuhe getauscht haben.